Der Frankfurter Kapuzinermönch Bruder Paulus im Gespräch über den neuen Papst, die Öffnung der Kirche und die Frage, ob Franziskus auch im Franziskustreff der Liebfrauen vorbeischauen wird.
Interview: Nils Bremer /
Journal Frankfurt: Bruder Paulus, überall heißt es heute: die Papstwahl war eine Überraschung. Sehen Sie das auch so? Bruder Paulus: Ja, es gab sogar drei Überraschungen. Die erste: 76 Jahre ist Franziskus – so alt. Aus Lateinamerika – so unbekannt. Ein Ordensmann - das gab es noch nicht.
Auch das Wort von einem Neuanfang machte die Runde. Wie soll das mit einem 76-Jährigen gelingen? Für viele Menschen geht es darum nicht. Im Gegenteil: Ein alter, auch kranker Mann wird große Kraft entwickeln, das ist auch ein Gottesbeweis. Es verknüpft sich mit ihm eine Hoffnung auf eine neue Geschwisterlichkeit.
Was meinen Sie damit? Nun, das Gefühl kommt nicht von ungefähr, dass das Geld die Menschen nicht mehr eint, sondern die Lücke zwischen Arm und Reich weiter auseinanderklafft. Hier präsentiert sich den Gläubigen nun ein Mann Gottes, der aus einem Umfeld in Lateinamerika kommt, in dem diese Lücke offenkundig ist.
Haben deshalb so viele Menschen, auch bekennende Atheisten, die Wahl mit Spannung verfolgt? Es gibt eine Faszination für Gott und hier wurde gewissermaßen der Zeigefinger Gottes gewählt. Das hat einen großen Einfluss.
Auch auf die Modernisierung der Kirche selbst. Abtreibung lehnt der neue Papst genauso ab wie Verhütung oder die Homo-Ehe. Wie will die Glaubensgemeinschaft da wieder in der Mitte der Gesellschaft ankommen? Es gibt, glaube ich, andere Themen, die eine größere Rolle spielen werden, etwa die Menschen nicht zu vergessen, die überall auf der Welt Hunger leiden.
Jetzt lenken Sie ab. Papst Benedikt hat in den vergangenen acht Jahren deutlich gemacht, seinen Verstand zu benutzen, sich auch in menschlichen Beziehungen nicht seinen Gefühlen, sondern der Liebe hinzugeben.
Muss das nicht endlich mal neu verhandelt werden? Aus Sicht der Christen gibt es da vielleicht etwas neu zu erklären, es neu in die Öffentlichkeit zu tragen. Darauf kommt es an.
Meint das der Papst damit, wenn er sagt, wenn man auf die Straße geht, muss man damit rechnen, in Unfälle verwickelt zu werden? Ich glaube, dass es im Wesen der Kirche liegt, auf die Menschen zuzugehen, sie ernst zu nehmen. Wer solche Beziehungen aufzubauen sucht, der darf auch die Konflikte nicht scheuen, der muss festgefügten Boden verlassen.Das ist ja übrigens auch etwas, was wir hier in Frankfurt mit der Liebfrauenkirche, mit dem Franziskustreff versuchen. Dafür steht ja auch der Name Franziskus.
Die Hochschule Sankt Georgen hat mittlerweile dementiert, dass der Papst dort studiert oder gar promoviert habe. Aber zu Besuch soll er dort mal gewesen sein. Bereiten Sie sich eigentlich schon auf den ersten Papstbesuch vor? Der Name Franziskustreff ist ja geradezu prädestiniert dafür … Wer weiß, vielleicht hat er ja deswegen seinen Namen so gewählt? Es würde mich jedenfalls nicht wundern, wenn er bei seinem Frankfurt-Besuch auch einmal in Liebfrauen gebeichtet hat. Die Beziehung zu diesem Ort muss also da sein. Deswegen: Ja, wir würden uns freuen, wenn er vorbeischaut.