Neue Ausstellung

„Italien vor Augen“: Ewige Sehnsuchtsorte im Städel

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Das Städel Museum Frankfurt zeigt ab sofort 90 Aufnahmen früher Italienfotografie aus der eigenen Sammlung. Es ist eine Tour entlang der bekanntesten Routen mit Stationen in Mailand, Venedig, Florenz, Rom und Neapel.

Jasmin Schülke /

Der Schiefe Turm, die Seufzerbrücke – unser Bildgedächtnis kann diese Bauwerke sofort abrufen und sie gehören mit Sicherheit zu den am meisten fotografierten unserer Zeit, vermutlich haben viele sogar ein Foto auf dem eigenen Smartphone. Was wir heute täglich tun – fotografieren - und wozu es fast kaum besonderer Kenntnisse bedarf, erforderte im 19. Jahrhundert einiges an technischem Wissen und auch an Muskelkraft: Die Fotografen mussten eine Ausrüstung von acht Kilo mit sich herumschleppen, die Belichtungszeiten waren unglaublich lang und das Ergebnis eine Rarität, die bewies: Ich war da.

Fotos aus Rom, Venedig oder Florenz waren begehrte Souvenirs, und aus diesem Grund siedelten sich in den Städten Studios an, die Einzelmotive oder ganze Alben verkauften. Das Land südlich der Alpen wurde zum Sehnsuchtsland, denn der Ausbau der Eisenbahnstrecken ab Mitte des 19. Jahrhunderts machte es möglich, einfacher zu reisen. Wer dort war, wollte den Daheimgebliebenen eine Impression mitbringen oder selbst behalten. „Die fotografische Erschließung des Landes wurde nicht durch staatliche Institutionen gelenkt, sondern war in erster Line das Produkt der unternehmerisch agierenden Fotografen“, erklärt Städel-Direktor Philipp Demandt.

Im Städel: „Italien vor Augen“


Das Städel Museum zeigt in seiner Ausstellung „Italien vor Augen“ 90 frühe Fotografien, die allesamt aus dem eigenen Bestand kommen, kuratiert von Kristina Lemke, die die Sammlung Fotografie leitet. Dass das Haus über eine solche Sammlung verfügt, hängt mit Johann David Passavant (1787-1861) zusammen. Der Sammlungsinspektor des Städelschen Kunstinstituts erwarb in den 1850er-Jahren erste Aufnahmen.

Mit Kunstreproduktionen eröffnete die Fotografie auch für die sich im 19. Jahrhundert etablierende Disziplin der Kunstgeschichte neue Möglichkeiten. Und wo lässt sich eine solche Ausstellung besser eröffnen als im Städel? Hier hängt schließlich Tischbeins Gemälde, das den berühmtesten Italienreisenden überhaupt zeigt: Goethes Trip über die Alpen 1786/87 hatte ja erheblichen Einfluss auf unsere Italienrezeption. Einige Fotografien sind so fragil, dass sie nach der Hälfte der Ausstellungszeit ausgetauscht werden müssen, um sie nicht zu lange zu strapazieren.

Große Kulturorte - menschenleer


Die Ausstellung selbst ist in grün und rosa gehalten, die Fotografien in Sepiatönen zeigen die großen Kulturorte menschenleer: Kein Vaporetto-Stau auf dem Canale Grande, keine verkleideten Gladiatoren vor dem Colosseum, kein Souvenir-Kitsch auf der Riva degli Schiavoni. Die Reisenden müssen glückliche Menschen gewesen sein, an den Motiven hat sich über die Jahrhunderte nichts verändert: „Die Sehenswürdigkeiten von damals ziehen auch heute noch den fotografischen Blick auf sich.

Irgendetwas zwischen Caterina Valente und Pizzakarton

„Es sind oft genau jene Ansichten, denen wir nachreisen“, sagt Lemke.
Eine Italienreise ist ja auch immer mit Erwartungen verbunden, die von Klischees genährt werden: Besseres Wetter, besseres Essen sowieso, Lässigkeit, Eleganz, Schönheit. Wir kommen an diesen Klischees gar nicht vorbei und das Städel greift diese selbstironisch in seiner Werbung auf, die an irgendetwas zwischen Caterina Valente und Pizzakarton erinnert.

>> „Italien vor Augen. Frühe Fotografien ewiger Sehnsuchtsorte.“, 23. Februar bis 3. September, Städel, Frankfurt, www.staedelmuseum.de

Jasmin Schülke
Jasmin Schülke
Studium der Publizistik und Kunstgeschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seit Oktober 2021 Chefredakteurin beim Journal Frankfurt.
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