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Foto: Lukas Gedziorowski
Foto: Lukas Gedziorowski

Ein Bewohner zeigt seinen Stadtteil

"Der Riedberg ist nicht das Ende der Welt"

JOURNAL-Leser Jens Knappe war über unseren jüngsten Riedberg-Bericht nicht erfreut. Den negativen Eindruck von dem Stadtteil teilt er nicht. Also hat er uns eingeladen und herumgeführt. Ein Hausbesuch.
Die Aussicht ist schon mal prächtig. Die Adresse Skylineblick hält, was sie verspricht. Vom Balkon aus sieht man zunächst das Grün des Bonifatiusparks, dahinter blaue Häuser des französischen Viertels und am Horizont ragen die Hochhäuser der Stadt auf, über allem der Ginnheimer Spargel. Selbst an einem trüben Septembertag ist der Anblick beeindruckend.

Jens Knappe wohnt seit drei Jahren im jungen Stadtteil Riedberg. Und er fühlt sich dort, wie er sagt, „sauwohl“ – und das nicht bloß wegen der Aussicht. Deshalb hielt sich seine Freude in Grenzen, als der langjährige Abonnent des JOURNAL FRANKFURT vor einigen Wochen in der Online-Ausgabe las, der Riedberg sei langweilig und grau und fühle sich an wie der Rand der Welt. Also hat er uns in seinem Leserbrief dazu eingeladen, uns vom Gegenteil zu überzeugen. Wir nahmen die Einladung gerne an. Schon allein, weil man so eine Gelegenheit selten bekommt.

Der 47-jährige Bankkaufmann lebt allein in einer Zweizimmerwohnung. Für 60 Quadratmeter Fläche zahlt er rund 1000 Euro warm. „Das ist zwar viel, aber das ist es mir wert“, sagt er. Viele Wohnungen habe er sich in der Stadt angeguckt, aber viele seien „Schrott“ gewesen. Als er hergezogen sei, sei seine Nachbarschaft noch eine Baustelle gewesen. Das habe ihm aber nichts ausgemacht. Jetzt ist das Meiste bereits fertig. Das Neue, Unberührte der Häuser finde er schön und schwärmt von den Rosenstöcken in seiner Nachbarschaft, die im Frühjahr prächtig blühen. Er lobt die gute Nahversorgung, die Sauberkeit und die günstige Verkehrsanbindung.

Knappe gibt zu, dass es auf dem Riedberg viele weiße „quadratische“ Häuser gebe, aber dafür gebe es auch viel Natur. In nur zwei Minuten Fußweg sei er im freien Feld, in 15 Minuten am Alten Flugplatz Bonames. Er führt uns durch den Bonifatiuspark, eine sehr strenge Promenade mit geraden Baumreihen und viel Rasen. Obwohl es Samstagnachmittag ist und das letzte Ferienwochenende, ist kaum ein Mensch zu sehen – weder im Grünen noch auf den Straßen. Lediglich drei Störche fliegen über der Landschaft. Auch auf den Spielplätzen, von denen es auf dem Riedberg reichlich gibt, findet sich kein Kind – obwohl der Stadtteil von Familien bevölkert wird und es ein Dutzend Kitas gibt. Die vielen Sitzbänke im Park würden kaum genutzt, sagt Knappe, aber wer am Skylineblick einen Balkon habe, der brauche sich hier verständlicherweise nicht hinzusetzen. Er räumt ein: „Mehr Leben wäre toll.“

Trotzdem schätzt der Riedberger die Ruhe: „Ich bin den ganzen Tag in der Stadt, da habe ich genug Trubel.“ Dennoch würde er nicht Urlaub zu Hause machen, dafür sei er ohnehin nicht der Typ. Seine nächste Reise soll in die USA gehen. Ein Auto hat Knappe nicht. Er nutzt die gute Anbindung mit der Stadtbahn und wenn die nachts nicht mehr fährt, steigt er in ein Car2Go-Auto. „Wenn ich morgens in die U-Bahn steige, finde ich immer einen Sitzplatz“, sagt er und lacht.

Wir gehen weiter: durch das französische Viertel mit seinen bunten Häuschen, Satteldächern und Fensterläden, vorbei an einem kleinen Straßenfest, das sich im Aufbau befindet, vorbei an Ackerflächen, die die Grenze zum benachbarten Kalbach bilden. Lampen könne man hier aufstellen, sagt Knappe, dann fiele der Fußweg zwischen nach Kalbach leichter. Wir kommen nach Norden, wo sich uns ein prächtiger Ausblick auf den Taunus bietet. „Wegen des Luftaustauschs ist das Klima hier angenehm und nicht so drückend wie in der Innenstadt“, sagt er.

Am Riedbergzentrum lobt Knappe den Kuchen im Café Wacker und zeigt uns den Wochenmarkt, bei dem es alles gibt, was zu einem Markt dazugehört: Obst und Gemüse, Fleisch und Milchprodukte, eine Bäckerei und ein Imbiss-Stand. Viel los ist hier auch nicht, lediglich am Alkoholausschank in der Mitte des Platzes stehen ein paar Leute und nippen an ihren Gläsern. Als wir am Campus und den zwei Wohnheimen vorbei kommen, treffen wir kaum einen Studenten an. Auch sonst bekomme man von ihnen nicht viel mit, sagt Knappe.

Auch wenn es ihm auf dem Riedberg gefalle, hier alt werden wolle er nicht, sagt er. Dafür werde es ihn wohl wieder in die Innenstadt ziehen. Trotzdem stellt er klar: "Der Riedberg ist nicht das Ende der Welt."
 
8. September 2015, 10.49 Uhr
Lukas Gedziorowski
 
 
Fotogalerie: Riedberg Der zweite Rundgang
 
 
 
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