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Reiter- und Lernbauernhof

Ponyzwerge Sindlingen suchen eine neue Bleibe

Der Reiter- und Lernbauernhof Ponyzwerge Sindlingen e.V. sucht ein neues Gelände. Kerstin Fuchs erklärt, warum die Arbeit mit Ponys für Kinder so wichtig ist.
Frau Fuchs, sie arbeiten auf dem Reiter- und Lernbauernhof Ponyzwerge Sindlingen e.V. Was genau bieten Sie an?
Der Reiter- und Lernbauernhof Ponyzwerge Sindlingen e.V. ist ein kleiner, ehrenamtlich geführter Verein für Kinder. Die Kinder lernen bei uns, dass Reiten viel mehr bedeutet als nur „draufsetzen und losreiten“: Einfach nur „Ponyreiten“ gibt es bei uns nicht, dafür aber glückliche, respektvolle Begegnungen zwischen Kind und Pony. Die Kinder lernen von Anfang an, dass es Reiten nicht ohne die Pflege, die Versorgung und die Kommunikation mit dem Pony gibt – auch nicht bei „Bibi und Tina“, bei Mika und Ostwind oder auf dem „Immenhof“.

Wie kommt das bei den Kindern an?

Sehr gut, denn sie lernen gleichzeitig, ihre Zeit mit den Ponys und natürlich die Ponys selbst ganz anders wertzuschätzen. Es ist ihnen schnell klar, dass die Ponys keine Sportgeräte sind und wie wichtig es ist, dass die Tiere neben ihrer Arbeit als Kuschelpartner, Freund und Lehrmeister gleichzeitig genügend Pausen und freie Zeit mit ihren Ponyfreunden bekommen. Das leuchtet den Kinder sofort ein: Sie wollen das ja auch. So vermitteln wir nebenbei Tierschutz und Achtsamkeit ohne erhobenen Zeigefinger.

Ponyhof in Sindlingen - pädagogisches Experimentierfeld für Kinder


Sie sind Bildungsträger. Wie sieht Ihre pädagogische Arbeit aus?
Unser Anliegen ist, den Kindern eine Auszeit vom ständigen, auch unbewussten Druck und der permanenten Überreizung ihres Alltags zu ermöglichen. Das Vereinsgelände soll für die Kinder eine Insel sein, auf der sie frei sein können, auf der sie nicht bewertet, nicht gehetzt, nicht getrietzt werden. Eine Insel, auf der sie wachsen können, auch über sich selbst hinaus. Die Kinder bekommen bei uns genau die Zeit, die sie brauchen: um anzukommen, um sich den Tieren zu nähern, um andere Kinder und die Übungsleiter:innen kennenzulernen, und um dann irgendwann loszulassen und sich einzulassen.




Ponyzwerge



Eine Art Experimentierfeld?

Richtig, unser Hof wird für die Kinder zum Experimentierfeld für Empathie und die Übernahme von Verantwortung, für vorausschauendes Planen und Handeln, das Erproben der eigenen Durchsetzungsfähigkeit und das Erlenen und Leben eines respektvollen Umgangs mit Menschen und Tieren. Tierschutz, Kinderrechte und das Kennen- und Schätzen-lernen der Natur fließt immer in unsere Arbeit mit den Kindern ein. Maria Montessori und Jesper Juul sind dabei unsere pädagogischen Pfeiler und ständigen Lehrmeister.

Ob Hund, Katze oder Pony: Die Kinder erleben Tiere als Freunde


Warum ist die Arbeit mit Tieren für Kinder wichtig?
Jeder, der in seinem Leben mal ein Haustier hatte, weiß: Ein Tier reagiert wie ein Spiegel, unmittelbar – auf jede Stimmung, auf jede Bewegung, auf deine Stimme. Es ist immer für dich da, und es wertet nicht. Es ist ihm egal, welche Note du in Mathe hast, von welchem Label dein Pulli ist und ob du dein Bett gemacht hast. Ein Tier schenkt dir Vertrauen, Sicherheit und Lebensfreude, Wärme und Geborgenheit. Es ist einfühlsam und sensibel und verhält sich einfach immer ehrlich. Ob Hund, Katze oder Pony: Die Kinder erleben Tiere als Freunde, als Beschützer, als Spielgefährten und als Trostspender, manche sogar als „Krafttier“.




@Ponyzwerge

So werden unsere Ponys zum „Miterzieher“ und unterstützen durch die Verknüpfung von Emotionen und Kognition schon bei den ganz Kleinen Bildungs- und Entwicklungsprozesse. Die Kinder erfahren und erlernen Empathie, soziale Kompetenz, nonverbale Kommunikation und Selbstwirksamkeit, wenn sie mit den Ponys zusammen sind. Das müssen keine Tiere aus dem Bilderbuch sein. Gerade die, die vielleicht sogar ein Handicap haben und nicht „perfekt“ sind, sind für die Kinder die besten Lehrer in Respekt, Toleranz und Inklusion und damit ein weiterer wichtiger Baustein in ihrer Persönlichkeitsentwicklung.

Was ist ein „Aktivstall“?

Pferde sind Herdentiere. Ursprünglich leben sie ja nicht im Stall, sondern in der Steppe. Dort legen sie jeden Tag weite Strecken zurück, ständig an der frischen Luft und bei jedem Wetter, und sind die meiste Zeit des Tages mit Nahrungsaufnahme beschäftigt. Wie wir Menschen auch brauchen Pferde Sozialkontakte, daran hat sich auch durch die Domestizierung nichts geändert. Wir wollen unseren sieben Ponys – Hilde, Peony, Emmy, Pumba, Bari, Georgie und Tinna – ein möglichst artgerechtes Leben bieten: Statt einzeln in Boxen zu stehen, leben sie auf unserem Hof unter freiem Himmel zusammen in der Gruppe, so ist die Herde im ständigen Sozialkontakt. Damit sie in Bewegung bleiben, sind die Fressplatz und Tränke, Ruheraum und Wälz-/Spielbereich auf einem U-förmigen „Wanderweg“ mit verschiedenen Bodenbelägen voneinander getrennt. Durch diese Haltungsform sind unsere Ponys ausgeglichen und motiviert.

Kinder aus sozial schwachen Familien kommen zum Ponyhof

Kommen auch Kinder aus ärmeren Familien zu Ihrem Angebot?
Ja, es kommen auch Kinder aus sozial schwachen Familien zu uns, und natürlich passen wir die Beiträge individuell an. Das Jobcenter unterstützt hier finanziell mit dem Programm „Bildung und Teilhabe“.

Nun wurde Ihrem Verein das Gelände gekündigt. Weshalb?

Der Pachtvertrag des Vereins wurde fristgerecht zum 31. Januar 2024 gekündigt. Die Verpächterin möchte sich dort mit ihrem eigenen Gewerbe ansiedeln. Wir suchen also mit Hochdruck nach einem neuen Gelände, vorzugsweise im Frankfurter Südwesten, damit für unsere Mitglieder keine langen Anfahrtswege entstehen – sie kommen zum Teil ja mit dem Fahrrad. Es ist aber gar nicht so einfach, ein mindestens 1 Hektar großes Gelände zu finden. Wir sind hier für jeden Tipp und jeden Kontakt dankbar!

Laufen Sie als Kinder- und Jugendförderung nicht unter gemeinnützig bzw. müsste die Stadt hier nicht helfen?
Das wäre wunderbar! Wir sind mit den Frankfurter Grünen in Kontakt, die sich für uns ins Zeug legen: der Georgshof in Nied kommt immer wieder ins Gespräch, das wäre für uns natürlich ein idealer Ort. Wir sind mit dem Reit- und Therapiezentrum Golla in engem Kontakt und wollen uns gern unter einem Dach zusammentun, dann könnten wir uns noch breiter aufstellen. Auf einem Gelände wie dem Georgshof könnte auch unser Kinder- und Lernbauernhof wieder aufblühen, wir könnten mit ehrenamtlicher Unterstützung der Eltern die offene, integrative Kinder- und Jugendfarm wieder eröffnen und auch wieder Tiere wie Schafe, Ziegen und Hühner anschaffen. Ein Traumszenario!

Momentan fehlt uns für diesen Zweig, vor allem für die tiergestützte Pädagogik, das Geld, um qualifiziertes pädagogisches Personal zu finanzieren. Dabei geht es uns nicht darum, Gewinn zu maximieren – den dürfen wir als gemeinnütziger Verein ohnehin nicht machen, deswegen ist unser Gürtel auch immer sehr eng geschnallt. Was wir uns wünschen, ist, im Sinne der Kinder noch nachhaltiger arbeiten zu können.
 
Fotogalerie:
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18. Mai 2023, 15.44 Uhr
Katja Thorwarth
 
Katja Thorwarth
Die gebürtige Frankfurterin studierte an der Goethe-Uni Soziologie, Politik und Sozialpsychologie. Ihre journalistischen Schwerpunkte sind Politik, politisches Feuilleton und Meinung. Seit März 2023 Leitung online beim JOURNAL FRANKFURT. – Mehr von Katja Thorwarth >>
 
 
 
 
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