Winterstricker Mario Dieringer

Echt guter Stoff

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Mein Frankfurter Alltag: Mario Dieringer hat die Aktion „Winter-
Stricker – Stricken und Häkeln für Obdachlose“ ins Leben gerufen. Hier schreibt er über sein soziales Engagement.

Aufgezeichnet von Andreas Dosch /

Stricken und Häkeln liegen absolut im Trend. Ich bin als selbstständiger Mediendozent mit Hauptsitz in Frankfurt viel in Deutschland unterwegs, unterrichte an renommierten Universitäten und muss feststellen: Da ist eine regelrechte Strick- und Häkelwelle zu beobachten. Es sind auch immer mehr Männer, die diesem Hobby nachgehen. Ich selbst bin zum Häkeln gekommen, als ich letztes Jahr einige Monate lang im Krankenhaus lag. Da gab es sonst nicht viel zu tun, also habe ich mal angefangen und das dann nachher auch beibehalten. Was ich niemals gedacht hätte: Es handelt sich dabei um eine unglaublich meditative Tätigkeit. Man kriegt den Kopf frei. Wenn ich am Häkeln bin, werde ich wesentlich ruhiger – das ist sehr angenehm für die psychische Erholung, hat außerdem einen nicht zu unterschätzenden Vorteil: In dieser „toten Freizeit“ entsteht etwas, man stellt etwas her. Aber irgendwann musste ich mir die Frage stellen: Was kann man noch mit den ganzen Häkelerzeugnissen machen, nachdem bereits Familie, Freunde und Verwandtschaft ausreichend beglückt wurden? Also brachte ich alles zur Obdachlosenhilfe in den Ostpark. Und auf dem Rückweg kam mir die Idee zu „Winter-Stricker“: Die Menschen spenden ihre Wollreste oder ihre Strick- und Häkelsachen für die Obdachlosen: Mützen, Schals, Handschuhe, alles wird genommen. Ich machte die Aktion dann im Internet auf verschiedenen sozialen Netzwerken publik, kontaktierte alle möglichen Foren, die mit Wolle, Stricken und Häkeln zu tun haben, und kriegte bereits nach vier oder fünf Tagen das erste Paket mit einer Wollspende, kurze Zeit später ein Riesenpaket mit 48 Mützen. Das Echo war von Anfang an riesengroß. Seitdem bekomme ich fast jeden Tag Pakete, die Nachbarn sind involviert – und mein Postbote hasst mich trotzdem noch nicht. Zuletzt wurde mit den gespendeten Sachen der Frankfurter Kältebus bestückt, aber da ist jetzt schon alles weg, ich bemühe mich um Nachschub. Das Ganze soll auch keine Eintagsfliege sein: Ich lasse die Aktion so bis Mai weiterlaufen, dann ist erst mal Pause, bis es dann im kommenden September erneut losgeht, wenn die Leute genügend Wollreste gesammelt haben und wieder motiviert sind. Man kann sie ja nicht das ganze Jahr beschäftigen. Was mich besonders freut: Die Idee von „Winter-Stricker“ hat sich bereits herumgesprochen und wird nun in anderen Städten nach meinem Beispiel übernommen und fortgesetzt. Man hat mich deswegen sogar um Erlaubnis gefragt.


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