Das Institut für Stadtgeschichte ist das Gedächtnis der Stadt und es wurde soeben um 150 Regalmeter Archivmaterial der Senckenberg Gesellschaft, darunter Briefe und Dokumente von Goethe und Darwin, erweitert.
Nicole Brevoord /
Auf den ersten Blick handelt es sich um ganz viel vergilbtes Papier, um lose Blätter und um gebundene Schriftstücke. Allen Exponaten sieht man an, dass sie deutlich älter als ein Jahrhundert sind. Für Evelyn Brockhoff, die Leitende Direktorin des Instituts für Stadtgeschichte, handelt es sich bei den historischen Dokumenten um Preziosen, letztlich befinden sich darunter ein Dankesschreiben von Goethe an Senckenberg, und auch ein Brief des wohl bekanntesten Biologen Charles Darwin aus dem Jahr 1873 ist darunter. Originell sind auch die Fotos des Frankfurter Naturforschers Eduard Rüppell, der sich in arabischer Tracht ablichten ließ. All diese Schätze lagerten bis vor Kurzem noch im Archiv der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung. 150 Regalmeter Papier, wenn man so will, wurden peu a peu in das Magazin des Instituts für Stadtgeschichte überführt. Während sich das Institut im Karmeliterkloster in der Münzgasse befindet, lagern die umfangreichen historischen Dokumente, platzsparend gestapelt in säurefreien Kartons in Rollregalwänden. All das in einem Gebäude in der Borsigallee, das baulich auf ein gleichbleibendes Klima ausgerichtet ist, damit das fragile Papier keinen Schaden - etwa durch Schimmel –nimmt.
Handschriften, Plakate, Zeichnungen, Fotos und Dokumentationen von Ausstellungen befänden sich in dem – von der 1817 gegründeten – Senckenberg Gesellschaft übergebenen Archivinhalten, sagt Brockhoff. „Im Institut lagern bereit Archive der Senckenbergischen Stiftung, des Physikalischen Vereins und ähnlicher Einrichtungen. Die Unterlagen stellen eine wertvolle Ergänzung dar.“ Die Dokumente sollen nun konservatorisch gepflegt, also restauriert, und dann der Öffentlichkeit und der Forschung zugänglich gemacht werden. Wer sein Interesse daran bekundet, kann die historischen Dokumente nach vorheriger Anmeldung in den Lesesaal des Instituts für Stadtgeschichte bringen lassen.
„Im kommenden Jahr feiert die Senckenberg Gesellschaft ihr 200-Jähriges“, sagt Volker Mosbrugger, Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft, da fange man selbst an, zu forschen, woher man komme. Das Archiv belege, wie sich die bürgerliche Einrichtung, die zunächst ganz auf Frankfurt bezogen war, allmählich erweiterte. Heute sei Frankfurt nur das Hauptquartier neben sieben weiteren Instituten, etwa in Tübingen, Messel oder Görlitz. Das Institut mit seinen rund 800 Wissenschaftlern und Mitarbeitern sei die fünftgrößte Naturforschungseinrichtung weltweit und habe mit Partnern aus 130 Ländern Publikationen herausgegeben. Das umfassende Archiv wisse man nun in professionellen Händen.
Wenn der Zoologe Joachim Scholz, Wissenschaftler bei der Senckenberg Gesellschaft, über einige der 400 Jahre umfassenden Archivstücke berichtet, springt der Funke seiner Begeisterung auf die Zuhörer über. Da berichtet er, wie sich die Historiker uneins darüber sind, ob es Goethe war, der die Idee für die Gesellschaft für Naturforschung hatte. „Goethe war bei der Bürgerschaft beliebt wie Fußpilz!“, sagt Scholz plakativ. Der Grund sei gewesen, dass er sich von der Frankfurter Bürgerschaft freigekauft hatte, um sonst anfallende Steuern für den Zweitwohnsitz zu sparen. Letztlich wurde die Gesellschaft nach dem Frankfurter Patrioten Johann Christian Senckenberg benannt, bei dem sich Goethe schriftlich dafür bedankte, Ehrenmitglied sein zu dürfen. Und der Dichterfürst war nicht der einzige Prominente, der zu den korrespondierenden Mitgliedern gehörte, auch der Biologe Charles Darwin sowie seine beiden Söhne sind in einer Kladde, in dem über die Mitglieder der Gesellschaft Buch geführt wurden, vermerkt.