TV-Bericht deckt gravierende Missstände auf

Skandal in Höchster Psychiatrie

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In der Psychiatrie Höchst wurden offenbar über Jahre hinweg Patienten auf der Akutstation misshandelt. Dies deckte ein Bericht der RTL-Sendung „Team Wallraff“ auf. Nicht nur das Klinikum, auch die Politik steht in der Kritik.

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Es sind verstörende Bilder, die vor wenigen Tagen in der RTL-Sendung „Team Wallraff – Reporter decken auf“ zu sehen waren. Im Mittelpunkt der Sendung: die Psychiatrie Höchst. Dort kommt es offenbar schon seit Jahren zur Misshandlung von Patienten auf der Akutstation D42. Mit versteckter Kamera hat eine RTL-Reporterin unter anderem festgehalten, wie Menschen ans Bett gefesselt wurden und Patienten von massiver Vernachlässigung berichten. Nachdem die Hessenschau die Reportage für eine eigene Berichterstattung aufgriff, meldeten sich nach Angaben des HR hunderte Menschen bei dem Sender und berichteten über ähnliche Erfahrungen.

„Überall ist es schmutzig. Die Putzfrau wischte mit einem Lappen die Toilettenbrille ab und danach die Tische. Es gab für über 30 Personen eine Dusche, in der immer vom Vorgänger das Wasser stand. Die Ärzte haben kaum mit den Patienten gesprochen“, zitiert die Hessenschau einen Kurzzeitpatienten. Ein Krankentransportfahrer berichtet, dass auf der besagten Station „eine beklemmende Atmosphäre“ herrsche. Die Zustände in der Klinik sind angeblich bereits länger bekannt, gehandelt wurde bisher jedoch nicht. Das Klinikum lehnte auf Nachfrage ein Statement ab.

Nach den Berichten über die gravierenden Missstände ist auch die Landespolitik alarmiert. Daniela Sommer, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, sagt, die Berichte über die Klinik seien erschütternd. Es müsse geklärt werden, „wie es um das Patientenwohl und um die Arbeitsbedingungen in der Akutpsychiatrie der städtischen Klinik steht. Falls sich auch nur ein Teil der Vorwürfe erhärten sollte, stellt sich natürlich auch die Frage nach dem Versagen der Aufsicht durch das Land und das Gesundheitsamt der Stadt Frankfurt.“ Sommer fordert eine umfassende und lückenlose Aufklärung über die Zustände in der Höchster Psychiatrie durch das hessische Sozialministerium. Der zuständige Minister Kai Klose (Bündnis 90/Die Grünen) räumt ein, dass es „Diskussionsbedarf“ hinsichtlich der Zustände auf Station D42 gebe.

Kritik an der Politik äußert Gesundheitsökonom Thomas Busse, Direktor des Zentrums für Gesundheitswirtschaft und -recht (ZGWR) der Frankfurt University of Applied Sciences. Die Qualitätsanforderungen der Politik seien oft realitätsfern und mit einem enormen bürokratischen Aufwand verbunden und trügen laut Busse dazu bei, dass sich „die wenigen noch verbliebenen engagierten Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte eher weiter von den Betten der Patientinnen und Patienten entfernen“. Er fürchtet, dass man sich in Zukunft auf weitere „böse Überraschungen“ einstellen muss. Die Zustände in der Psychiatrie Höchst seien schockierend, aber keineswegs überraschend: „Nach wie vor erscheint es unglaublich, wie wir in einem hochzivilisierten Land mit unseren Patientinnen und Patienten umgehen, gerade wenn diese keine Lobby haben.“


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