Am Samstag gastierte die Wrestling-Liga WXW in der Batschkapp und präsentierte eine beeindruckende Show mit farbenfrohen Figuren und einer dramatischen Saalschlacht.
jps /
Kinder der Neunziger mögen sich noch an wilde Schulhof-Debatten darüber erinnern, ob Wrestling jetzt echt sei oder nur Show. Zwanzig Jahre später ist man da weiter und selbst die Profis erklären heute in Interviews freimütig, inwiefern die Auftritte inszeniert werden, um den Zuschauern gute Unterhaltung bieten zu können. Wie gut diese Unterhaltung sein kann, bewies die Wrestling-Liga WXW aus dem Ruhrgebiet bei ihrem Auftritt in der Batschkapp.
Erstes Highlight war der Zusammenstoß zwischen dem 130-Kilo-Mann Avalanche aus Österreich und seinem zierlichen Gegner Da Mack aus Hamburg, der gerade mal die Hälfte auf die Waage bringt. Im echten Kampfsport wäre das eine ziemlich irrsinnige Paarung, in der Batschkapp präsentierten die beiden aber eine Neuauflage von David gegen Goliath. Dabei beeindruckten nicht nur die hohen Sprünge von Da Mack, sondern auch die schauspielerischen Ambitionen der Athleten. Der Österreicher gab die geifernde Bestie mit wilden Augen, Da Mack den coolen Tänzer, der schon mal mit einem Moonwalk ausweichen kann.
Von den Fans mit Spannung erwartet wurde das Zusammentreffen von Walter und Bobby Gunns. Letzterer hat im Charakter des aufmüpfigen Teenagers grade einen guten Lauf und durfte zuletzt Walters Tag-Team-Partner Timothy Thatcher schlagen. Das schreit natürlich nach Rache. Walter gehört zu den ganz wenigen Wrestlern, die in Deutschland tatsächlich von ihrem Sport leben können. Er ist festangestellt bei der WXW als Trainer und hat nicht nur deshalb den Ruf eines perfekten Technikers und sehr fairen Sportlers. „Vielleicht haben wir eben das beste Match von Bobby Gunns‘ bisheriger Karriere gesehen“, urteilte der Frankfurter Fachjournalist Marvin Mendel hinterher. Nominell gewonnen hat am Ende zwar Fan-Favorit Walter, aber im Wrestling kann eben auch eine gut gemachte Niederlage ein großer Triumph sein.
Ein denkwürdiger Kampf der etwas anderen Art war das einzige Frauenmatch des Abends. Die WXW hat sich das Thema Frauenförderung groß auf die Fahnen geschrieben und veranstaltet auf dieser Tour erstmals ein eigenes Women’s Championship Tournament. Das Frauenwrestling soll weg vom sexistischen Schmuddelimage, welches besonders der amerikanische Verband WWE früher gepflegt hatte. Ob der Auftritt einer Session Moth Martina, die auf dem Weg in den Ring Zuschauer aus der ersten Reihe zum Lapdance lädt dazu tauglich ist, darüber lässt sich sicher streiten. Generell war der Zusammenstoß zwischen der Irin Martina und der Coburgerin Melanie Gray eher als Sketch angelegt und der war immerhin auch lustig. Sportlich fiel das Ganze aber etwas aus der Reihe.
Der Main-Event begann als Massenschlägerei. Mit der Gruppe „Rise“ hat sich innerhalb der WXW erstmals eine Fraktion gebildet, die in den Storylines versucht, die Liga zu dominieren. Das Ganze erinnert nicht zufällig an die Geschichte der NWO um Hulk Hogan, die in den Neunzigern die Fans begeisterte. Wie damals bildete sich nun auch in der WXW eine widerwillige Allianz einstiger Gegner, die sich zur Rettung „ihrer“ Liga und Titel gegen die neue Fraktion zusammengeschlossen haben. Es ging los mit zehn Mann im Ring, die so lange aufeinander einprügelten, bis sich am Ende nur noch die Anführer Bad Bones John Klinger und Ilja Dragunov gegenüberstanden. Zwischendurch wurde das Kampfgeschehen sogar in den Zuschauerraum verlagert. Er sei unbesiegbar, hatte Dragunov vor dem Match erklärt. „Was bist du jetzt?“ fragte Klinger seinen Kontrahenten auf dem Höhepunkt des Matches, als er Dragunovs Schädel in den Pranken hält. Das völlig aufgeheizte Publikum brüllte dem Hünen mit ihrem Helden Dragunov gemeinsam entgegen „Un-Be-Sieg-Bar!“ Sie sollten Recht behalten. Am Ende siegte die widerwillige Allianz alter Helden über die neuen Herausforderer. Der größte Gewinner des Abends dürfte jedoch der Zuschauer gewesen sein. Die liebevolle Präsentation der Veranstalter, die alle offensichtlich selbst in erster Linie Riesen-Fans des Schaukampfes sind, riss zum Schlussapplaus das gesamte Publikum von den Stühlen.