Für die einen ist sie nur eine Ausfallstraße in den Osten Frankfurts. Für andere gilt sie als "Meile der Kreativen". 7053 Meter misst die Hanauer Landstraße nach Angaben des Stadtvermessungsamtes von der Innenstadt bis zur östlichen Stadtgrenze. Und eines ist sie ganz gewiss: ein Mekka des Automobils und die derzeit größte Automeile der Bundesrepublik.
Seit seinen frühesten Anfängen ist Frankfurt am Main eine Stadt des Verkehrs. Denn die Furt am Main, nach der die Stadt benannt wurde, lag an einem der ältesten und wichtigsten Handelswege in der Mitte Europas - und so ist es heute noch, wenn sich auch die Techniken verändert haben. So hat auch das Automobil in der Mainmetropole eine lange Tradition, was die alle zwei Jahre hier abgehaltene Internationale Automobilmesse (IAA) bestätigt. Rund eine Million Menschen aus aller Welt kommen dann nach Frankfurt am Main, um sich über die neusten Entwicklungen auf dem Automobilmarkt zu informieren. Erste Automobilausstellung im Frankfurter Ostend
Fast vergessen ist heute allerdings, dass es in Frankfurt am Main mit den Adlerwerken zwischen 1902 und dem Zweiten Weltkrieg einen wichtigen Automobilproduzenten gab, der zeitweise bis zu 20 Prozent der in Deutschland zugelassenen Autos herstellte. Die erste Internationale Automobilausstellung wurde übrigens in Frankfurt bereits am 14. Juli 1900 eröffnet, damals noch auf dem Grundstück des "Landwirtschaftlichen Vereins" im Frankfurter Ostend, einem Gelände, das heute in Sichtweite des künftigen Standorts der Europäischen Zentralbank liegt und ganz nah an der Hanauer Landstraße - der derzeit bedeutendsten und größten Automeile der Bundesrepublik.
Nicht weniger als 35 Automarken präsentieren sich auf den rund sieben Kilometern entlang der Hanauer Landstraße - von BMW über Jaguar und Lexus bis Mercedes, Porsche und Smart. Wie wichtig die Hanauer Landstraße für die Automobilindustrie geworden ist, zeigen auch die Investitionen und Neuzuzüge der vergangenen Monate. So hat erst im Dezember Fiat seine Deutschland-Zentrale mit den Konzerntöchtern Alfa Romeo und Lancia hier in einem Neubau eröffnet. Für die Fiat AG war der Umzug von Heilbronn an die Hanauer Landstraße auch eine strategisch-logistische Entscheidung, denn Frankfurt sei von Italien aus "sehr viel leichter zu erreichen als Heilbronn", erläutert Unternehmenssprecher Claus Witzeck. Auch die Firma Kia hat im September vergangenen Jahres in Frankfurt ihre Europa- und Deutschlandzentrale eingeweiht, in der nun das neue europäische Designzentrum des Autoproduzenten seinen Sitz hat. Schließlich wird BMW in Kürze auf einem 10.300 Quadratmeter großen Grundstück seinen Neubau mit rund 25.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche eröffnen.
Eine freudige Überraschung für Liebhaber exklusiver Sportwagen war die im September letzten Jahres gefällte Entscheidung der Manufaktur Wiesmann, in Frankfurt die erste Filiale zu eröffnen. Wiesmann baut Roadster auf das Fahrgestell von BMW, wobei diese ganz nach den Vorstellungen und Wünschen der Kunden zusammengestellt werden. "Mit unserem Nischenprodukt sind wir im gut erreichbaren Frankfurt und in der Hanauer Landstraße mit ihren vielen renommierten Automarken und der hohen Frequenz ihrer Besucher am richtigen Standort", erläutert Friedhelm Wiesmann die Gründe, warum er sein Pilotprojekt hier angesiedelt hat.
Zusätzlich ist die Hanauer Landstraße für die Unternehmen der Automobilbranche wegen ihres hohen Verkehrsaufkommens ein besonders interessanter Standort. Rund 8.000 Fahrzeuge pro Tag werden auf den beiden großen Abschnitten gezählt, darunter viel Güterverkehr, aber auch viele Pendler, also viele potenzielle Autokäufer. "Damit haben wir eine Kundenfrequenz, die sich sowohl für unsere Neu- wie auch für unsere Gebrauchtwagen kaum an anderer Stelle findet", erläutert Mario Blechschmidt, der Leiter des Verkaufsbüros für Pkws der Frankfurter Niederlassung von Mercedes-Benz die Standortwahl.
Die "Hanauer", das ist allerdings nicht nur eine Auto-, sondern auch eine Kultur- und Kultmeile. Zwischen Autoverkäufern und Tankstellen haben sich hier in den letzten Jahren in Lofts und Hinterhäusern, in Flachbauten und Backsteinhallen Werber, Szene-Kneipen, Computer- und Kommunikationsfirmen, Designläden und Diskos niedergelassen. "Für das positive Image der neuen Hanauer", sagt Ralph Haerth, der Vorsitzende der Interessengemeinschaft Hanauer Landstraße, "sind allerdings die Autohäuser mindestens so wichtig wie die Clubszene und die Telekommunikationsunternehmen."
Text und Foto: Hermann Wygoda/ PIA Stadt Frankfurt