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Zum Tode Stefanie Zweigs

Biografie als Lebensthema

Die Frankfurter Schriftstellerin Stefanie Zweig ist im Alter von 81 Jahren gestorben. Ein Nachruf auf eine Frau, die aus ihrem Leben die Themen ihrer Literatur schöpfte: Judentum und das Leben in der Fremde.
Wenn man über Frankfurts erfolgreichste Schriftstellerin nachdenkt, wäre man möglicherweise nicht auf Anhieb auf den Namen Stefanie Zweig gekommen. Und doch ist es so: Mehr als 7,5 Millionen Exemplare, so die Random House Verlagsgruppe, wurden von Stefanie Zweigs Romanen insgesamt verkauft. Zweigs großes Thema war ihr eigenes Leben, das in der Tat so wechselhaft und ereignisreich verlief, dass es auch ein Roman hätte sein können.

Zweig wurde 1932 in Oberschlesien als Spross einer jüdischen Familie geboren, die 1938 vor den Nationalsozialisten nach Kenia floh. Die Kindheit und Jugend in Afrika, das Aufwachsen auf einem nur zu Beginn fremden Kontinent war die prägende Lebenserfahrung von Stefanie Zweig. 1947 kehrte die Familie nach Deutschland zurück; in Frankfurt besuchte Zweig die Schillerschule, machte dort ihr Abitur und wurde 1963 Leiterin des Feuilletons der Abendpost/Nachtausgabe; eine Position, die sie bis 1988 behielt. In dieser Zeit begann sie mit dem Schreiben von Romanen; 1980 erschien „Ein Mundvoll Erde“, in dem die erste Liebe einer jungen Europäerin in Afrika zu einem einheimischen Jungen geschildert wird.

Den Stoff für ihre Romane schöpfte Stefanie Zweig stets aus ihrem unerschöpflichen autobiografischen Reservoir. Der große Durchbruch gelang ihr 1995 mit dem Erfolgsroman „Nirgendwo in Afrika“, der 2001 von Caroline Link verfilmt und 2003 mit einem Oscar für den besten ausländischen Film bedacht wurde. Darin gelingt im Jahr 1938 der jüdischen Familie Redlich die Flucht aus Oberschlesien nach Kenia. Walter Redlich, eigentlich Rechtsanwalt von Beruf, bemüht sich, als schlecht bezahlter Verwalter einer Farm den Lebensunterhalt zu verdienen – von der Landwirtschaft versteht er nichts und die Kommunikation mit der einheimischen Bevölkerung ist problematisch. Noch schlimmer ist es für Jettel, Walters Frau: sie ist das Luxusleben gewöhnt und findet sich nun in quasi archaischen Strukturen wieder, vermisst das Meißner Porzellan, die Gesellschaft, den Glanz. Überhaupt ist die Situation angespannt – geduldet sind die Redlichs hier, mehr nicht; sowohl die englischen Kolonialherren als auch die afrikanischen Ureinwohner lassen sie spüren, dass sie eigentlich hierher nicht gehören.

Es ist ein Roman von hohem Authentizitätsgrad, der vor allem jeglichen gängigen Afrika-Klischees entflieht und ein stimmiges Bild einer Identitätssuche zwischen Entwurzelung auf der einen und Assimilation auf der anderen Seite liefert. Das liegt auch an der Perspektive, die das Buch einnimmt – Regina, Tochter von Walter und Jettel, wird das einzige Familienmitglied, die die Fremdheit im fremden Land schnell abzustreifen beginnt, tatsächlich ein Gefühl von Heimat aufzubauen beginnt und eine glückliche Kindheit verlebt. Deutschland erscheint nur noch als ein dunkler Ort, ein fernes Gewitter, das immer wieder mit bedrohlichen Nachrichten in den afrikanischen Alltag hineingrollt.

Ihre Erfahrungen nach der Rückkehr nach Deutschland hat Stefanie Zweig in einem zweiten Buch, „Irgendwo in Deutschland“, niedergeschrieben. „Ich habe“, so sagte sie in einem Interview über ihre afrikanische Zeit, „von den Menschen dort gelernt, was Liebenswürdigkeit, Fröhlichkeit, Geduld und Gelassenheit bedeuten.“ Die nationalsozialistische Vergangenheit hat Zweig auch in ihren späteren Romanen nicht losgelassen: In „Das Haus in der Rothschildallee“ und „Die Kinder der Rothschildallee“ erzählt Zweig die Geschichte der jüdischen Familie Sternberg: Assimilierte Juden, die vom NS-Regime ihrer Identität und ihrer Heimat beraubt wurden. Frankfurts erfolgreichste Schriftstellerin also. Wie am Wochenende bekannt wurde, ist Stefanie Zweig in der vergangenen Woche im Alter von 81 Jahren in Frankfurt gestorben.
 
28. April 2014, 10.25 Uhr
Christoph Schröder
 
 
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