Für den Debüt-Roman „Blutbuch“ hat Kim de l’Horizon am Montagabend den Deutschen Buchpreis erhalten. In der Dankesrede setzte de l’Horizon ein deutliches Zeichen gegen Unterdrückung und Hass und rasierte sich in Solidarität mit den Frauen in Iran die Haare ab.
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Es war eine außergewöhnliche Verleihung am Montagabend im Kaisersaal des Römers. Nicht nur, weil mit Kim de l’Horizons Roman „Blutbuch“ ein Debütroman als deutschsprachiger Roman des Jahres ausgezeichnet wurde. In der Dankesrede setzte de l’Horizon, wie auch im Buch, ein Zeichen gegen Unterdrückung und Hass.
Eine Rede hatte Kim de l’Horizon, sichtlich gerührt, nicht vorbereitet. So ging ein Teil des Danks auf Schweizerdeutsch und den Tränen nahe in Richtung der Mutter, kurze Zeit später begann de l’Horizon den Song „Nightcall“ des französischen Electro-DJs Kavinsky zu singen. „There’s something inside you. It’s hard to explain. They’re talking about you, boy. But you’re still the same”, heißt es dort. Ein innerer Konflikt, der auch im Roman eine Rolle spielt. Die Erzählfigur in „Blutbuch“ identifiziert sich weder als Mann noch als Frau. Den Strukturen aus dem Aufwachsen in einem Schweizer Dorf entkommen, fühlt sie sich langsam wohl in der eigenen Sexualität. Die Demenz der Großmutter bringt die Figur schließlich dazu, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen.
„Mit einer enormen kreativen Energie sucht die non-binäre Erzählfigur in Kim de l’Horizons Roman ‚Blutbuch‘ nach einer eigenen Sprache. Welche Narrative gibt es für einen Körper, der sich den herkömmlichen Vorstellungen von Geschlecht entzieht?“, heißt es in der Begründung der Jury. Mit seiner Dringlichkeit und literarischer Innovationskraft habe der Roman die Jury provoziert und begeistert.
Menschen aus ihren Filterblasen holen und zum Nach-, Um- und Weiterdenken bewegen, das wolle der Deutsche Buchpreis, so die Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Karin Schmidt-Friderichs. Das dürfte auch de l’Horizon mit dem Auftritt am Montagabend geschafft haben. Zum Abschluss der Rede, unter dem Applaus und Jubel des Publikums, rasierte sich Kim de l’Horizon auf der Bühne die Haare ab – ein Zeichen der Solidarität mit den Frauen in Iran. „Ich denke, die Jury hat diesen Text auch ausgewählt, um ein Zeichen zu setzen gegen Hass, für die Liebe, für den Kampf aller Menschen, die wegen ihres Körpers unterdrückt werden“, sagte Kim de l’Horizon danach.
Im Rahmen der Buchmesse wird Kim de l’Horizon auf mehreren Veranstaltungen zu Gast sein. Am Freitag, 21. Oktober, wird de l’Horizon im Rahmen von „Open Books“ ab 20 Uhr in der Volksbühne im Großen Hirschgraben aus „Blutbuch“ lesen. Der Eintritt ist frei. Bereits um 14 Uhr ist de l’Horizon im Gespräch mit der Börsenblatt-Redaktion auf der Leseinsel (Halle 3.1 C89) auf der Buchmesse und später ab 22 Uhr bei der ARD-Radiokulturnacht der Bücher im hr-Sendesaal zu sehen und zu hören.