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Spannendes aus Frankfurt

Jan Seghers über die Faszination Krimi

Jan Seghers ist der auch außerhalb des Rhein-Main-Gebietes bekannteste Autor von Frankfurt-Krimis. Doch Matthias Altenburg – so sein richtiger Name – wehrt sich gegen den Begriff Lokalkrimi. Warum, verrät er im Interview.
Was ist der Auslöser für ein Buch? Welchen Impuls braucht es für Sie, um zu merken, dass das ein Romanstoff ist? Zuletzt war es ja ein realer Mordfall, der die Folie bildete.

Manchmal reicht eine Zeitungsnotiz und man weiß, das ist das Samenkorn für eine große Geschichte. Manchmal ist es ein unheimlicher Traum, den man lange mit sich herumträgt und endlich loswerden will. Bei der „Braut im Schnee“ war der Auslöser der alte Oberräder Bahnhof zwischen Offenbach und Frankfurt. Ich sah dieses allein stehende Haus dicht an den Gleisen und dachte: Da muss einfach ein Mord geschehen. Ja, so ganz luftgeboren sind meine Geschichten nur selten. Ich mag es, wenn die Phantasie festen Boden unter den Füßen hat.


Es ist in der letzten Zeit ein richtiger Hype um Lokalkrimis ausgebrochen. Würden Sie sich diesem Genre überhaupt zurechnen lassen? Was macht Ihrer Meinung nach den Reiz des Lokalkrimis aus?

Ich weiß nicht, was das sein soll – ein Regiokrimi, ein Lokalkrimi. Das klingt mir doch sehr beschränkt, das klingt nach der Fortsetzung der Fremdenverkehrswerbung mit anderen Mitteln. Nein, das ist meine Sache nicht. Jede Geschichte braucht einen Ort. Jede Geschichte, die etwas taugt, nimmt diesen Ort in sich auf und weist über ihn hinaus. Ein Lokalkrimi erkundet noch nicht einmal seinen Ort, er degradiert ihn zum Klischee.


Hat Frankfurt als Stadt denn so viel kriminelle Energie? Warum funktioniert die Stadt so gut als Handlungsort von Krimis?

Ja, Frankfurt ist ein idealer Ort für Krimis. Es hat alles, alle Gegensätze, alle Milieus, die zu einer Metropole gehören. So groß sind die Widersprüche, dass hier absolut jedes Verbrechen geschehen kann. Die Verbrechen, die in meinen Büchern geschehen, müssen nicht wahr, aber wahrscheinlich sein.

Könnten Ihre Romane auch an einem anderen Ort spielen? Oder ist genau Frankfurt wichtig?

Meine Romane spielen hier und in der Umgebung, weil ich keine Stadt, keine Gegend besser kenne. Der Sound, die Atmosphäre dieser Stadt ist mir vertraut, und je besser ich die Stadt kenne, desto mehr bin ich bestrebt, einen schrägen Indianerblick auf all das Blindvertraute zu werfen. Auch dafür eignet sich der Krimi gut – er ist im Zentrum so gut zu Hause wie an den Rändern. Freilich, würde ich in Rheda-Wiedenbrück leben, dürfte Frankfurt wohl kaum mein Schauplatz sein. Insofern habe ich Glück gehabt.


Dass Sie Ihren Kommissar Marthaler mögen, steht außer Frage. Hat er auch Ähnlichkeit mit Ihnen?

Nun, es ist mit Marthaler wie mit allen Figuren, die man schreibt: Man muss sie verstehen, um sie glaubwürdig zu machen, um sie auf die Beine zu stellen, und dann auch noch zum Laufen zu bringen. Manchmal ist er mir nah, manchmal erstaunt er mich. Ich pflege eine gewisse Halbdistanz zu Marthaler – aber ein paar Vorlieben und Abneigungen teilen wir.


Was ist für Sie der Ort in Frankfurt, der Sie am meisten inspiriert? Haben Sie einen Lieblingsort?

Um mich zu inspirieren, muss ein Ort fremd sein, neu, überraschend, darf also keinesfalls ein Lieblingsort sein. Deshalb bin ich ja auch unentwegt auf der Suche nach Seiten von Frankfurt, die ich bislang nicht kannte. Die Rückseite der Stadt interessiert mich mehr als die Fassade. Für Hinweise bin ich jederzeit dankbar. Aber einer meiner Lieblingsorte ist ohne Zweifel das Städel. Und ... mal gucken, was aus dem „Margarete“ in der Braubachstraße wird. Wenn mich nicht alles täuscht, hat es das Zeug, zum ersten innerstädtischen Künstlertreffpunkt zu werden. Mich würde das freuen.

Liest man als Krimiautor auch zwingend selbst gerne Krimis?

Ich habe tausende Krimis gelesen, und es werden wohl noch tausende hinzukommen. Aber das sind Wellen des Irrsinns. Manchmal verschlinge ich Kriminalromane wie ein Süchtiger, dann wieder bin ich ihrer überdrüssig und sie öden mich nur noch an. Es ist wie mit allem anderen: 90 Prozent ist Schrott.


Wie hat Ihnen die Verfilmung von „Die Braut im Schnee“ gefallen?

Ich war hochzufrieden. Freilich: Koeberlin ist jünger und schlanker, als man sich Marthaler vorstellt. Aber er trifft den Ton, er hält die Balance, ein toller Schauspieler. Und nach drei Minuten hatte ich vergessen, dass er anders aussieht. Und der Regisseur Lancelot von Naso hat den Geist und die Atmosphäre des Romans so gut getroffen, dass ich ihm ewig dankbar sein werde. Dunkel, trashig, dirty – das wollte ich. Nicht diese glatte Einheitsware.


Die neuen Frankfurter „Tatort“-Ermittler Krol und Kunzendorf werden allseits gelobt. Haben Sie eine Episode gesehen?

Nein.

Dieser Artikel ist Teil unseres Online-Spezials TatortFFM

Beachten Sie auch die aktuelle Titelgeschichte im Journal Frankfurt zu diesem Thema.
 
28. März 2012, 11.39 Uhr
Die Fragen stellte Christoph Schröder
 
 
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