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Von Tiefseekabeln, Bettgeschichten und den Schalthebeln der Welt

kontrollraum
Eine Pressetour mit dem Thema Informationstechnologie erscheint auf den ersten Blick etwas trocken und fremd: Wer kann schon etwas Handfestes mit Datenverarbeitung und Netzwerkadministration anfangen? Am Hauptbahnhof geht es los: Die Pressesprecherin vom Veranstalter T-Systems, Martina Weidmann, packt gerade noch so alle fünf Teilnehmer in den (zum Glück) klimatisierten Sprinterbus und erklärt uns bei der Fahrt das stramme Tagesprogramm: Die Tour steht unter dem Motto „Informationstechnologie im Urlaub“ – hier wird die Sache schon deutlich interessanter.


Zuerst geht es zum Internationalen Netz Managment Center der Deutschen Telekom (INMC), wo unter anderem das gesamte deutsche Internet und zahlreiche andere Leitungen für den Sprachverkehr überwacht, gesteuert und betreut werden. Nach dem Telefonieren heben wir ab: Wir werden das buchstäbliche „Hirn“ des Frankfurter Flughafens, das Rechenzentrum, besichtigen. Von hier aus wird der gesamte europäische Luftraum gesteuert. Vom Fliegen geht es, wie üblich, ins Hotel: Das Lindner Congress Hotel in Höchst zeigt uns seine neue „Infotainment-Ausstattung“, die Konferenzen und Unterhaltung beim Reisen in ein neues Zeitalter bringen soll. Schaut man sich alle diese „Hotspots“ an, entwickelt sich das Tourthema dann doch zu einer spannenden Sache: Heute werde ich an Orte kommen, die informationstechnisch einen Großteil der Welt steuern.

inmc-forum
Im Netz Management Center angekommen, werden wir vom technischen Direktor der deutschen Telekom, Helmut Kahl, begrüßt. Auch wenn man nichts mit Technik anfangen kann, wird man sich mit Sicherheit vom Enthusiasmus dieses Menschen anstecken lassen. Die ganze Führung hindurch reißt er Witze und gestikuliert, während er die kompliziertesten technischen Details erzählt. In der großen Vorhalle stellt Kahl gleich etwas Relevantes klar: „Wenn Ihr Internet mal wieder nicht funktioniert, kommen Sie nicht zu uns! Das ist nicht unsere Schuld.“ Viele wüssten nicht, dass es im Gebäude keine aktive Kommunikationstechnik gibt. Die INMC dient „nur“ als Fernsteuerzentrale für die Sprach-, Internet- und Datennetze seiner insgesamt 2000 Kunden aus 50 Ländern. Zu denen gehört neben der Deutschen Telekom zum Beispiel auch Vodafone. Über mehr als 80 Tiefseekabel werden Leitungen von Frankfurt aus zwischen verschiedenen Ländern geschaltet und überwacht. „Wenn hier eine Bombe einschlägt, passiert nichts“, versichert Kahl. „Viel schlimmer ist es, wenn ein Kind am Laptop eines Mitarbeiters herumspielt und alles durcheinander bringt.“

Das Ausmaß eines solchen Fehlers wird uns gleich im Netzkontrollraum, dem Herzstück der INMC, demonstriert. Auf der 70 Quadratmeter großen Bildleinwand leuchten zahlreiche Fensterchen mit Datentabellen, Grafiken und Karten auf. Mit den davor installierten Sitzreihen erinnert das Ganze an einen Kontrollraum der NASA. Herr Kahl steuert dies alles von einem kleinen Laptop aus. In seiner Begeisterung simuliert er uns mal eben mit seinem Spielzeug eine Netzstörung. Auf einem Fenster leuchtet plötzlich das Verkehrsschild für eine Gefahrenstelle auf, die Balken für die Netzleistung verschwinden und sonst erscheint viel mehr Rot auf der Leinwand. Die INMC unterscheidet bei der Fehlerbehebung zwischen Ausfall und Störung. „Bei einem Ausfall kann zum Beispiel ein Erdbeben dafür verantwortlich sein, dass ein Seekabel beschädigt wurde.“ Dies passiere etwa ein bis zweimal im Monat. Jedoch merkt der Kunde den Ausfall in den seltensten Fällen. „Die Systeme sind zu 90 Prozent selbstheilend“, betont Helmut Kahler. Störungen bekommt der Kunde jedoch des öfteren mit. „Silvester ist einer der typischen Tage, an denen die Netze überlastet sind. Die Anbieter sperren ihre Leitungen, um die Kommunikation für Notfälle zu gewährleisten.“ Auch bei wichtigen Ereignissen würden oft Störungen auftreten. „Als Michael Jackson letzte Woche gestorben ist, lief die komplette Seite von Amazon.de nicht.“ Deswegen laufen rund um die Uhr Nachrichtensender mit auf der Leinwand. Zum Abschluss zeigt uns Kahler auf seinem Laptop, wie man die Netzwerke steuert und erzählt uns dazu prompt eine kleine Anekdote. Als er eines Abends mit seiner Frau im Bett lag, sagte er ihr: „Kuck mal Schatz, ich kann mit meinem Laptop das weltweite Netzwerk steuern.“ Darauf seine Frau genervt: „Mach das Licht aus!“

server
Nach der Führung im INMC geht es nun zum „Hirn“ des Frankfurter Flughafens. Wo genau das Rechenzentrum liegt, sollen wir bitte nicht schreiben. Auch Fotos vor dem Gelände zu machen, wird uns verboten. Kein Wunder, denn es wäre verheerend, wenn jemand versuchen würde, die Systeme zu sabotieren. Deswegen haben nur sechs Leute der Firma, die unter anderem für Bodenverkehrsdienste, Frachtabwicklung und Fluginformationssysteme im Frankfurter Flughafen zuständig ist, Zugang zu den Räumen. Bei 83 Starts und Landungen pro Stunde ist das mit Sicherheit keine Kleinigkeit. Dazu gehört auch Frank Oidtmann, der Geschäftsführer von operational services. Acht Meter unter der Erde pulsieren hier 300 Server mit 50 Terabyte Speicher. Das sind weit mehr als Zehntausende normale Computer speichern können. Der Frankfurter Flughafen nimmt nur 25 Prozent der Kapazität ein. Bevor wir die Serverräume betreten geht es noch durch drei Schutzzonen. Oidtmann muss seinen biometrischen Chip benutzen, um die Tür zu öffnen. Trotzdem betreten wir immer noch nicht die wirklichen Serverräume, sondern nur einen Modellraum, der unabhängig vom System läuft. Die „echten“ Server sehen wir durch eine schusssichere Glasscheibe. Wer sich über den lauten Ventilator seines heimischen Computers beschwert, ist noch nie in diesem Serverraum gewesen. Das laute Gebrumme des Kühlungssystems ist auf Dauer unerträglich. ohrstopselDer Ohrstöpsel-Automat (links neben dem Feuerlöscher) ist nicht ohne Grund vor dem Eingang montiert worden. Obwohl das System das ökonomischste seiner Art ist, verbraucht es die meiste Energie der 1,6 Megawatt. Bedenkt man, dass auf 1200 Quadratmetern eine der komplexesten Netzwerke Europas gesteuert wird, ist das nicht gerade viel. Frank Oidtmann erklärt uns aber, dass die Technologie immer kleiner wird. Beim Abschluss der Führung frage ich mich also, ob der gesamte Flughafen nicht irgendwann mit einer winzigen Kiste gesteuert werden kann.

Als wir den Serverraum verlassen, macht sich eine nahezu idyllisch wirkende Ruhe wieder bemerkbar. Doch nun geht es schon wieder zum nächsten Termin: Das Lindner Kongress Hotel in Höchst wird uns sein „Infotainment-Konzept“ zeigen, das T-Systems extra für die Hotelkette entwickelt hat. Die schöne Empfangshalle bildet einen starken Kontrast zu den lagerraumartigen Serverräumen des Flughafens. Katja Stumpe, die Veranstaltungsleiterin, begrüßt uns vor dem Auditorium Technikum, dem größten der insgesamt 15 Tagungsräume im Hotel. 870 Personen können sich hier auf verschiedenste Weise zusammen finden. Neben einer Beschallungsanlage gehören die 21 Quadratmeter Großbildleinwand, die Video- und Dia-Großprojektoren, und die Sprecherkabine für Simultanübersetzung zu den technischen Raffinessen dieses Raumes. „Dieser Raum besitzt eine so gute Akustik, dass Sie mich bei normaler Lautstärke ohne Probleme hören können, egal wie weit weg ich stehe“, demonstriert uns die Veranstaltungsleiterin. Wer diesen Raum mit allen Extras bucht, zahlt 70 Euro pro Person. Jetzt geht es in ein Hotelzimmer der gehobenen Klasse.
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Auf einem überaus gemütlichen Sofa erklärt uns der Techniker Markus Schulz, was man alles mit dem schönen Flachbildfernseher machen kann. Dank der Digitalisierung können die Gäste die neusten Kinofilme mit Pay-TV sehen oder auch die aktuellen Rechnungsdaten des bisherigen Aufenthalts abrufen. Das gesamte Infotainment-Paket mit Kinofilmen und Internet kostet insgesamt 17,50 Euro pro Tag. Geschäftsreisende können sich übrigens auch ohne schlechtes Gewissen Erotikfilme ansehen. Denn die Firma wird auf der Rechung nur „Infotainment-Dienste“ lesen können. Als ein Journalist fragt, ob Sie Erotikfilme unterstützen wollten, meint Schulz ein wenig verlegen: „Dazu möchten wir uns nicht äußern.“ Auch sonst ist die digitale Umstellung durch das neue System ein großer Vorteil für die Gäste. „Früher hatten wir insgesamt 38 Videorekorder mit Hunderten Kassetten im Keller stehen. Wenn jemand einen Film sehen wollte, mussten wir den Rekorder jedes Mal anschließen. Dieser lief dann nur zu einer bestimmten Zeit. Oft hat der Gast den Film dann auch verpasst.“ Vor allem war das analoge System mit einem enorm logistischen Aufwand verbunden, weil ständig neue Kassetten bestellt worden mussten.

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Beim Essen reden wir weiter über das Heranbrechen des digitalen Zeitalters. Noch vor etwa 30 Jahren stapelten sich in Bibliotheken meterhohe Regale mit Karteikarten. Schnell merken wir, dass wir uns eine Welt ohne Informationstechnologie nicht mehr vorstellen können. Martina Weidmann will in Zukunft mit T-Systems auch in anderen Bereichen „IT-Touren“ organisieren. „In der Medizin spielt Informationstechnologie mittlerweile auch eine sehr große Rolle.“ Nach dieser Tour, wird mir erst klar, dass Informationstechnologie in fast jedem Bereich unseres Alltags mitwirkt und steuert. Egal, ob wir telefonieren, Bahn fahren oder den nächsten Urlaub buchen.
 
1. Juli 2009, 17.49 Uhr
Bettina Taylor
 
 
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