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Der Demo-Zwischenbericht

Blockupy Bürgerrechte

Grundgesetz hochhalten verboten - und andere absurde Anekdoten aus einer besetzten Stadt, auf die stolz zu sein im Moment nicht gerade einfach ist.
Der Chef des Mantis hatte zum fünfjährigen Jubiläum seines Clubs nicht ganz ohne Ironie eingeladen: „Mit Live-Viewing Blockupy-Bürgerkrieg auf der Hauptwache – aus sicherer Höhe, mit genügend Security.“ Und was passierte? Alle paar Minuten kam ein Trupp Polizisten um die Ecke gebogen, einige schäkerten mit den kurzberockten Bedienungen über ihnen, von der Hauptwache schallten Durchsagen herüber. Sonst nichts.

Und auch bei näherer Betrachtung wollte einem nicht ganz einleuchten, wo nun das Gefahrenpotential lag, dass die Ordnungsbehörden vorher so ausführlich ins Feld geführt hatten, um jedwede Demonstrationsregung der Bürger zu ersticken. Einige hundert kamen trotz Verbotsverfügung zum „Rave against the system“, ein buntgemischtes Völkchen, vom Kleinkind über unvermeidliche Hipster bis zum Alt-68er. Wäre jetzt noch Weißweinschorle gereicht worden, die Verwechslungsgefahr mit dem Friedberger Markt hätte größer nicht sein können. Kein Wunder also, dass sich selbst einige Polizisten das Schmunzeln nicht verkneifen können, als über Lautsprecher die Durchsage kommt, man gefährde hier die öffentliche Ordnung.

Dazwischen wuselten viele Fotografen, Reporter, Kamerateams, manch ein Kollege hatte sich gleich noch einen Helm zur eigenen Sicherheit mitgebracht als käme er gerade aus Syrien, der Hessische Rundfunk einen Ü-Wagen postiert, damit man auch live berichten kann, nur nicht über teils diffus erscheinende Inhalte oder gar einen Fiskalpakt, der eine Bundesregierung quasi zu Verfassungsfeinden macht, und alle alle warten drauf, dass endlich losgeschlagen wird, doch die Polizei sagt nur, bitte gehen Sie, bitte, bitte, bitte und irgendwann gehen dann alle.

Später wird es in Bockenheim noch zu einigen Festnahmen kommen, Platzverweise werden erteilt, hie und da einige hundert Demonstranten eingekesselt, auf dass sie nicht durch die Stadt laufen können, Kleinkram irgendwie - insbesondere wenn man an die über 2000 gewaltbereiten Personen denkt, wegen derer nun die halbe Innenstadt abgeriegelt ist, wegen derer Luxusgeschäfte und Banken ihre Schaufenster verbarrikadiert haben, wegen derer die Stadt so unglaublich ruhig ist, wegen derer die Banken zum casual wednesday gerufen haben, wegen derer sogar der Campus der Frankfurter Schule geschlossen wurde, wegen derer man auf einem Spaziergang durch die Nacht zweimal seinen Personalausweis zeigen muss und Polizisten aus Nordrhein-Westfalen geduldig erklären muss, dass das Orange Peel ein Club ist, in den man nun vorhabe zu gehen und später dann, das man doch gerne schon seinen Zug erwischen wolle. Das ist dann auch spätestens der Zeitpunkt, an dem man sich fragt, wer hier eigentlich gerade wen blockiert.

Am nächsten Morgen werden einige Reisebusse am Bad Homburger Kreuz rausgewunken, mutmaßlichen Demonstranten werden Platzverweise erteilt, damit sie vor dem Samstag erst gar nicht auf die Idee kommen, ihre Meinung öffentlich kundzutun, jedenfalls nicht in der freien Reichsstadt Frankfurt am Main. Mancher Bus wird vorsorglich für verkehrsuntauglich erklärt, manchem Reisenden erklärt, ja nicht die S-Bahn in die Stadt zu nehmen, sonst Festnahme.

Wie schon am Abend zuvor, hält das einige Bürger nicht auf. Auf dem Paulsplatz wird noch einmal das ganze Dilemma klar, in das Politiker, Ordnungsbehörden und Gerichte die Republik gelotst haben. Bürger halten vor der Paulskirche das Grundgesetz hoch – und die Polizei sagt Ihnen, dass das verboten sei. Später werden die Beamten unter den Augen der Justitia den Römer von einigen Sitzenbleibern befreien – sie ist eben auch nur die Exekutive, die Entscheidungen durchzusetzen hat, nach denen eben nicht demonstriert werden darf bis zum Samstag.

Wie es jetzt weitergeht, ist klar. Wenn doch noch der eine oder andere Demonstrant randaliert, wird es heißen: seht ihr, haben wir Euch doch gesagt! Wenn nicht, dann war die Strategie eben genau richtig, alle Demos zu verbieten. Wer weiß, was sonst über die Stadt hereingebrochen wäre. Was bleibt: Das schale Gefühl bei einigen Bürgern, die dem Irrtum unterlagen, in einem Land zu leben, in dem die Versammlungsfreiheit ein recht hohes Gut ist.
 
17. Mai 2012, 22.21 Uhr
Nils Bremer
 
 
Fotogalerie:
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