Die englischen Wochen gehen weiter. Gleich nach dem Sieg gegen Herford musste der 1. FFC die Koffer packen, um zum Champions League-Hinspiel nach Kasachstan zu reisen.
Detlef Kinsler /
Gleich zu Beginn zwei Mal ins Abseits gelaufen – der 1. FFC Frankfurt nahm beim Spiel gegen den Herforder SV so schnell Fahrt auf, dass er sich selbst zu überlisten drohte. Ähnlich wie vor elf Tagen gegen den anderen Aufsteiger SV Sand kamen die Gastgeber auf einen gefühlten Ballbesitz von 80 Prozent. Kuznik scheiterte mit einem Kopfball. Nach einer der vielen Ecken landete Laudehrs Schuss an der Latte. Islacker legte Garefrekes auf, wieder kein Tor. Auch Islackers selber scheiterte an Torfrau Laura Giuliani. Was keiner der 1.460 Zuschauer im Stadion am Brentanobad für möglich hielt: In Führung gingen aber die Ostwestfalen durch ein Tor von Lydia Birch Hasting in der 22. Minute. Da standen die Frankfurterinnen wieder einmal nicht gut und prompt gerieten sie in Rückstand. „Ein Weckruf zur rechten Zeit“, kommentierte FFC-Trainer Colin Bell hinterher in der Pressekonferenz und machte keinen Hehl daraus, dass er sich über jeden Gegentreffer (selbst beim 15:1 zuletzt im Pokal) ärgere. „Aber die Mannschaft hat die richtige Reaktion gezeigt.“ Wie die aussah? Quasi im Gegenzug traf Celia Sasic (Foto), der noch gegen Sand ein wenig die Spritzigkeit gefehlt hatte, zum 1:1. Der Ball lief weiterhin gut durch die Reihen des 1. FFC, mit vielen Seitenwechseln wurde konsequent die ganze Breite des Platzes genutzt, viele Dribblings und Drehungen unterstrichen die technischen Fähig- und Fertigkeiten aller Gastgeberinnen, das eine oder andere Kabinettstückchen beglückte die Fans. Auch wenn dabei mal ein Ball wie von Fishlock vertändelt aber gleich wieder zurück erobert wurde. Nur wäre das alles für die Galerie gewesen wenn nichts Zählbares dabei heraus gesprungen wäre. Aber die diesmal wieder giftige Celia Sasic legte in der 35 Minuten nach und erhöhte neun Minuten später – nachdem Islackers Treffer wegen Abseits nicht anerkannt wurde – kurz vorm Pausenpfiff zum 3:1; ein klassischer Hattrick, der den Torhunger der letztjährigen Torschützenkönigin nicht stillen konnte. Denn nach jeder vergebenen Torchance in der 2. Halbzeit zeigte ihre Mimik die Unzufriedenzeit mit der eigenen Ausbeute.
Die weiteren Tore zum Entstand von 6:1 musste die Nummer 9 ihren Kolleginnen Fishlock (57. Min.), die sich wie die anderen Neuen, Kathrin Hendrich diesmal auf der Crnogorcevic-Position (die für die letzten 15 Minuten von der wieder genesenen Bianca Schmidt eingenommen wurde) und Vero Boquete (Mandy Islacker gelang dies schon früher), immer besser in den Reihen des FFC zurecht findet, Marozsán (84. Minute) und Garefrekes (87. Minute) überlassen. Dabei war Marozsáns Tor neben einem sehenswerten Seitfallzieher von Sasic und einem Hackentrick von Laudehr als direkt verwandelte Ecke ein absolutes Highlight des Spiels. Zum Zunge schnalzen. Gästetrainer Jürgen Prüfer, ein äußerst engagierter Übungsleiter, dem die Coachingzone wie ein Gefängnis vorkommen muss und der seine Herforderinnen immer mit lauten Zurufen anspornte und forderte, resümierte nach den 90 Minuten, seine Mannschaft habe das in der 1. Halbzeit „ganz gut gemacht“ und es sogar geschafft, „die Frankfurterinnen hier und da sogar mal zu nerven.“ Aber mit zunehmender Spielzeit häuften sich die Fehler. Der 1. FFC, das sei eben doch eine andere Liga. Ein 4:1 wäre für ihn in Ordnung gegangen, das 6:1 dann doch zu viel gewesen für seine engagierte Mannschaft gewesen, die sich schließlich nicht wehrlos ergeben habe. Colin Bell widersprach seinem Kollegen gleich zwei Mal: zum einen glaube er an die Qualitäten des Herforder SV, zum anderen hätten seine Mädels (und dabei wolle er nicht arrogant klingen) trotzdem noch mehr Tore schießen können, ja müssen. Der letzte Zug zum Tor fehle eben noch, aber Moral und Einstellung stimmten. Aber es sei doch schön zu wissen, dass da noch viel Luft nach oben ist. „Wir müssen dran bleiben, vieles noch verfeinern, dann bleibt die Liga extrem spannend“, so Bell. Durch Wolfsburgs 2:1 gegen Potsdam am Samstag, hat der Meister die Turbinen wieder überholt, im Nachmittagsspiel gewann Bayern München gegen den Tabellenletzten MSV Duisburg 6:0. Der 1. FFC steht auf dem vierten Tabellenplatz, hat aber nur drei Punkte Rückstand auf Platz 1.
Weil sein Hobby schon früh zum Beruf wurde, ist Fotografieren eine weitere Leidenschaft des Journal-Frankfurt-Musikredakteurs, der außerdem regelmäßig über Frauenfußball schreibt.