Wer die Zukunft erkennen will, muss in die Vergangenheit schauen. Im dritten Teil blicken wir in die ruhmreiche Geschichte der Eschborner Politik. Es geht um Bordelle, Sexskandale und natürlich: um Roland Koch.
Nils Bremer /
Was bisher geschah: Der Eschborner Bürgermeister Mathias Geiger hat heimlich ziemlich viele Akten aus dem Rathaus fotografiert. Sie landeten erst bei einem Anwalt, dann bei einem Journalisten und schließlich bei der Staatsanwaltschaft. Rücktrittsforderungen werden laut, ein Disziplinarverfahren läuft. Da kann man viele Fragen stellen. Tun wir es doch einmal ...
Mathias Geiger ist bei der FDP. Sein Vorgänger ist bei der CDU. Kurz vor der Wahl wurde kolportiert, Herr Geiger habe sich der sexuellen Belästigung schuldig gemacht. Die CDU wies es weit von sich, die Bild-Zeitung und FAZ mit Details versorgt zu haben. Natürlich. Herr Geiger gewann die Wahl dennoch, erstattete später Anzeige, damit die Staatsanwaltschaft die Vorwürfe aus der Welt räume (was sie auch tat). Zugleich soll Herr Geiger Unterlagen im Rathaus an die Öffentlichkeit getragen haben, um dem CDU-Mann zu schaden. Die Staatsanwaltschaft stellte auch dieses Verfahren ein - nun aber, mit den neuen Ereignissen, könnte es wieder aktuell werden.
Jedenfalls ist es ein Christdemokrat, der Landrat des Main-Taunus-Kreises, der nun ein Disziplinarverfahren eingeleitet hat und zudem prüfen lässt, ob der Eschborner Bürgermeister erst einmal zu beurlauben ist. Und es ist auch die Eschborner CDU, die schreibt: "Als Reaktion auf sein Geständnis, über den Zeitraum von 2010 bis 2013 Akten abfotografiert und auf CDs archiviert zu haben, fordert die CDU Eschborn Mathias Geiger zum Rücktritt als Bürgermeister auf." Unter den christdemokratischen Gegnern des Bürgermeisters ist auch ein anderer alter Eschborner-Politiker: Martin Herkströter. Ausgerechnet, könnte man meinen.
Herr Herkströter war zwölf Jahre lang Bürgermeister in Eschborn, bevor er sich endlich zu höheren Weihen berufen sah: Er wollte Direktor des Planungsverbands werden. Warum auch nicht? Die FAZ schrieb damals, er sei so sicher, den Posten zu bekommen, dass er "sogar auf die Festlegung der Besoldung Einfluss genommen haben (soll). Schließlich stand damals schon an der Spitze des Landes 'mein Freund Roland', wie Herkströter den aus Eschborn stammenden Ministerpräsidenten nennt."
Leider kam ihm die Demokratie in die Quere, Rot-Grün organisierte sich eine Mehrheit und von der Besoldung profitierten andere. Der Christdemokrat arbeitete als Anwalt, bis er Chef der Hessen Agentur wurde, die sich um die Vermarktung unseres schönen Bundeslandes kümmert. SPD-Mann Torsten Schäfer-Gümbel sagte mal etwas miesepetrig, diese Agentur sei nur gegründet worden, um dem früheren Eschborner Bürgermeister einen gutdotierten Job zu verschaffen. Und nicht nur das: Die Reise- und Telefonkosten wurden irgendwann so hoch, dass sich der Minister Dieter Posch schließlich entschloss, Herkströters Vertrag nicht mehr zu verlängern. Herr Posch ist übrigens in der FDP. Ach, und noch ein Satz aus dem oben erwähnten Artikel der FAZ: "Eine Affäre rückte den Politiker in die Nähe des Rotlichtmilieus: Er hatte sein Haus in Offenbach - Herkströter stammt aus dieser Stadt - so vermietet, dass es als Bordell genutzt werden konnte."
Und dieser Mann fordert nun die Eschborner SPD- und CDU-Abgeordneten auf, ein Abwahlverfahren gegen Mathias Geiger einzuleiten. Kannste Dir nicht ausdenken, sowas.
Im nächsten Teil widmen wir uns wieder der Gegenwart. Konkret: Was hat der Eschborner Skandal eigentlich mit Frankfurt zu tun? Schalten Sie wieder rein, es bleibt spannend.