Kolumne: Christoph Schröder

Von Dackeln, Instagram und Hasskommunikation

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Auf Instagram dreht sich vieles um Selbstdarstellung und Oberflächlichkeit. Ein Highlight sind da süße Dackelvideos. Doch wenn es um Hunde geht, verstehen viele keinen Spaß. Unsere Kolumne von Christoph Schröder.

Christoph Schröder /

Ich gestehe: Ich bin jetzt auch bei Instagram. Allein das ist natürlich schon ein lächerlicher Satz, denn damit zeige ich natürlich, dass ich vollständig von gestern bin, weil alle anderen ja schon da sind. Aber ich verrate Ihnen nicht, was ich da mache, also was ich aktiv dort mache. Hauptsächlich nämlich lese ich. Ich lese, was andere schreiben und worüber sie schreiben und vor allem, wie sie schreiben. Das „Wie“ ist in der Sprache ja meistens entscheidender als das „Was“. Bei Instagram, so heißt es, herrschten die pure Oberflächlichkeit, die Selbstdarstellung, die Außendarstellung. Das stimmt natürlich. Unter anderem.

Andererseits muss man nur wissen, wonach man sucht, und man findet auch dort ausgesprochen anregende, kluge und lustige Dinge. Zum Beispiel habe ich seit langem nicht mehr eine solche Ansammlung süßer Dackel gesehen, die irgendetwas Kurioses machen. Wobei: Das ist schon ein Punkt, an dem Instagram in Richtung Facebook kippt: Wenn es um Hunde geht, ist die aggressive Belehrungswut und Besserwisserei nie weit. Ich nehme an, das ist ähnlich beim Thema Kinder, aber da Kinder mich nicht interessieren, kann ich mir kein Urteil bilden.

Instagram: Ein Dackel auf einem Surfboard? Shitstorm!

Aber: Ein Dackel auf einem Surfboard? Shitstorm! „Wo ist die Schwimmweste?“ Und: „Na, setzt Du für ein paar Follower das Leben Deines Hundes aufs Spiel?“ Oder: „Jeder weiß, dass man einen Hund so nicht hochhebt. Das ist Gift für den Rücken.“ Da kann ich wirklich nur traurig seufzen. Menschen halt. Meine Lieblingshasskommunikationsangewohnheit (gutes Wort, oder?) habe ich auf Instagram allerdings noch nicht gefunden. Die ist stets mit dem Wort „Punkt“ verbunden und zeigt, dass jemand kommuniziert, um nicht kommunizieren zu wollen: „Wer da einen Elfmeter pfeift, hat nie Fußball gespielt. Punkt.“ „Wer bei der nächsten Wahl noch immer eine der Altparteien wählt, will dabei zusehen, wie dieses Land untergeht. Punkt.“ Undsoweiter. Meistens haben diese Menschen Hundebilder als Profilfotos. Das gibt mir zu denken.

Christoph Schröder
Christoph Schröder
Christoph Schröder studierte in Mainz Germanistik, Komparatistik und Philosophie. Seine Interessensschwerpunkte liegen auf der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur und dem Literaturbetrieb. Er ist Dozent für Literaturkritik an der Goethe-Universität Frankfurt.
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