dk auf Tour – Mogwai und laute Elegien ohne Worte

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Detlef Kinsler /



Selten wurden Ohrenstöpsel so offen zur Schau getragen wie am Montagabend im Mousonturm. Schließlich eilt den Schotten der Ruf voraus, die lauteste Band der Welt zu sein. Aber wer nimmt das nicht alles für sich in Anspruch? Meistens Musiker, die sonst kein wirkliches Argument für ihre Existenz finden. Von daher haben das Mogwai (www.myspace.com/mogwai) gar nicht nötig. Denn die Fans kommen nicht nur wegen der Lautstärke zu den Konzerten. Trotzdem ist es ein Running gag und am Stand der Kollegen des ProgRock-Magazin Eclipsed kann man in einer Ausgabe mit Story über die Post-Rocker aus Glasgow (wie schön, mal wieder mein geliebtes Glaswegian zu hören, auch wenn die Jungs ja wenig reden, gar singen) folgende Warnung des Mousonturm-Managements bei einem früheren Konzert abgedruckt finden:



Demnach ist Mogwai-Musik so laut wie ein Düsenflugzeug. Also rein in den Saal der Qualen und Torturen, nachdem der Support The Twilight Sad ihrem Namen alle Ehren gemacht hatten. Drei Gitarren (doch bald wechselt der eine Kollege an Klavier und Keyboards), Bass und Schlagzeug – langsam bauten Mogwai ihre Atmosphären auf. Sehr langsam. Nach gut einem Drittel des Konzertes mutmaßte einer auf die kritische Anmerkungen eines anderen, so richtige kämen sie diesmal ja nicht in Gang: „Das ist Dramaturgie.“ Sprich – der Ausbruch folgt und dann um so lauter. Denn eigentlich wirkte das erst mal ganz beschaulich, betulich, einfach schön. Ok – der Bass klang wie ein Bass, ein echter Tieftöner. Und je näher man sich den Boxen an der Bühne näherte, desto mehr traf der direkt in die Eingeweide. Und die Gitarren ließen die eine oder andere Schärfe nicht vermissen. Aber insgesamt – gerade auch auf Basis des meist verfremdeten E-Pianos oder des Keyboards – war´s beinah romantisch, was die Fünf da auf die Bühne zauberten. Laute Elegien, die auch ohne Worte Stimmung machen und Stimmungen verbreiten.

Woher beziehen Mogwai ihre Inspirationen? Vielleicht von Kollegen wie Echo & The Bunnymen und The Cure wenn es, nein, nicht um normale Songstrukturen, sondern um Gitarren-Glissandi geht, die allerdings gekreuzt werden mit Feedback und Distortions à la My Bloody Valentine. Dazu kommt ein wenig Ambient, Sphärisches und in punkto Dynamik könnte man meinen sie wissen klassische Begriffe wie crescendo in die Tat umzusetzen. 23:20 Uhr war es so weit – der erste, knapp minütige Brachialeinsatz, dann die Ruhe vor dem Sturm und endlich tat´s dann auch so richtig weh, kurz bevor man konstatieren wollte, hey, Mogwai sind ja richtig altersmilde geworden. Die Zugabe mit Vocoder-verfremdenen Gesang endete in einem Klanginferno. Ähnliche Geräusche müssen Menschen nachts mit in den Schlaf nehmen, die in der Schwerindustrie arbeiten. Das gleißende weiße Licht dazu schmerzte auch in den Augen. Als die Musiker längst in ihrer Garderobe saßen, lauschten die Fans noch wie gebannt dem Nachklang zu, bevor der Tonmann am Mischpult endlich die Regler runter zog und den Zauber beendete.

Fotos: Detlef Kinsler


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