Mehr Aussteller im Vorjahr, mehr Veranstaltungen, neue Schwerpunkte. Die Frankfurter Buchmesse, die vom 14. bis 18. Oktober stattfindet, ist auf Rekordkurs. Und sie soll noch politischer werden.
Christoph Schröder /
„Dies wird die politischste Messe seit langem.“ Mit diesem Satz eröffnete Jürgen Boos das Pressegespräch, in dem der Buchmessendirektor die Schwerpunkte des diesjährigen Messeprogramms erläuterte. Ein starker Satz. Man denke nur an die Konflikte rund um das Gastland China im Jahr 2009 oder an die durchaus gewagte und nicht unumstrittene Entscheidung, die Region Katalonien im Jahr 2007 zum Ehrengast zu machen.
Doch die Politik drängt in diesen Monaten quasi automatisch in sämtliche Veranstaltungen hinein. Für seine Idee, in Zusammenarbeit mit Organisationen wie Pro Asyl Flüchtlinge auf die Buchmesse einzuladen, hat Boos nicht nur Zustimmung, sondern auch Spott geerntet. Die Literatur des diesjährigen Ehrengastlandes Indonesien pries der Buchmessenchef in höchsten Tönen: Die politische Vergangenheit, die Rolle der Frau, ökologische Probleme und religiöse Konflikte würden darin aufgearbeitet, und all das nicht selten in einem einzigen Roman. Da stellt sich die Frage: Will man einen solchen Roman lesen. Den so falschen wie unangebrachten Seitenhieb auf die deutsche Gegenwartsliteratur („monothematisch, nach innen gerichtet“) hätte Boos sich gerne sparen dürfen. Wir leben schließlich nicht mehr im Jahr 1985.
Die Zahlen, die Boos zu verkünden hatte, stimmen allerdings optimistisch: Mit etwa 7200 Ausstellern ist ein leichtes Plus im Vergleich zum Vorjahr zu erwarten, und auch mit mehr als 4000 Veranstaltungen liegt die Messe 2015 auf Rekordkurs. Inhaltlich sollen neue Schwerpunkte gesetzt werden. So löse sich die strenge Aufteilung nach Ländern tendenziell auf und weiche einer thematischen Gruppierung. Die Auseinandersetzung mit Herausforderungen und Chancen des digitalen Zeitalters nimmt in der Planung breiten Raum ein: Das Programm „Orbanism Space“ soll, so Pressesprecherin Katja Böhne, der digitalen Boheme eine „mediale Spielwiese“ bieten. Als erdige Alternative rückt die Gruppe der „Crafter“ in den Fokus, ein Begriff, den Boos ungern mit „Handwerker“ oder „Bastler“ übersetzt sehen will.
Besonderen Wert legt der Buchmessendirektor auf das Programm „Weltempfang“, das unter dem Motto „Grenzverläufe“ in Halle 3.1. ein dichtes Programm an aktuellen politischen Gesprächen und Podiumsdiskussionen anbietet. Als Kontrast dazu ein geplanter Spaßrekord: Mit 4000 Büchern soll während der Frankfurter Buchmesse das größte Bücherdomino aller Zeiten über die Bühne gehen. Die politischste Messe seit langem eben.