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Foto: Matthias Zimmer
Foto: Matthias Zimmer

MdB Matthias Zimmer über Armut in Deutschland

Das ist die Rede, mit der ein CDU-Politiker die AfD gegen sich aufbrachte

Am Ende der Rede von Matthias Zimmer ruft AfD-Mann Alexander Gauland in den Bundestag: "Ein elender Hetzer." Danach sieht sich der Frankfurter CDU-Mann vielfältigen Anfeindungen von rechtsaußen gegenüber. Wir dokumentieren hier seine Rede.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kollegin Dagmar Schmidt hat Churchill zitiert. Ich darf mit einem Zitat von Abraham Lincoln anfangen, das besagt: „Jedes Haus, das in sich uneins ist, wird nicht bestehen.“ Es ist richtig, dass dies auch für die Frage von Einkommens- und Vermögensverteilungen gilt, wenngleich ich hier für Alarmismus wenig Anlass sehe; einige Vorredner sind darauf bereits eingegangen.

Lincoln macht aber auf den großen Wert gesellschaftlichen Zusammenhalts aufmerksam. Ja, dieser ist auch eine Quelle des Reichtums einer Gesellschaft. Aber hier sind wir in der Tat verarmt. Wir haben eine Partei in unserer Mitte, genauer gesagt am rechten Rand, die nicht das Gemeinsame, den Reichtum beschwört, sondern das Trennende. Sie pflegen ein Denken in Freund-Feind-Kategorien. Ihr Populismus lebt davon, sich selbst in einer Geste gegen den Pluralismus als das Allgemeine zu verkaufen.

Sie grenzen aus: Ausländer, Deutsche falschen Glaubens, den Feminismus, die Gutmenschen, Gewerkschafter, LGBTI, ja alles irgendwie Undeutsche. Richtig an dieser Ausgrenzung, meine Damen und Herren, ist nur eines: dass jeder anständige Demokrat in Deutschland diesen Kündern des inneren Bürgerkriegs den Kampf ansagen muss.

Arm ist Ihr Verständnis von Kultur. Spricht man über Bachmann, denken Sie nicht an die Dichterin der leisen Worte, sondern an den Lautsprecher aus der Unterwelt des Ostens, dessen Rücksichtslosigkeit und Brutalität Sie bewundern. Sie wollen sein wie er. So stellen Sie sich die konservative Revolution vor: kalt, radikal, ohne Mitleid.

Derjenige, der es besser wissen müsste, der eigentlich Maß und Mitte als konservative Grundwahrheiten verteidigen müsste, der auch weiß, wie Stil und Haltung als kultureller Reichtum eines Landes den wahren Konservativen immer geprägt und vom Barbaren abgegrenzt haben, lässt sie gewähren. Er stilisiert sich dabei als den leisen Melancholiker, als gealterten Jüngling der nationalen Erneuerung.

Und doch denkt man hier weniger an Karl Gutzkow und Heinrich Heine, sondern eher an Wolf Biermanns Ballade von den verdorbenen Greisen.

Die moralische Armut, der Sie uns aussetzen, wird deutlich, wenn Sie Ihren Fantasien freien Lauf lassen, wenn Sie sogenannte „linksextreme Lumpen“ von der Universität in die Produktion stecken wollen, wenn Sie eine Staatsministerin für Integration in Anatolien entsorgen wollen, wenn Sie von „Schmarotzern“ und „Parasiten“ faseln, die das deutsche Volk verseuchen, wenn Sie für die „grünen Bolschewisten“ eine „Grube ausheben“ und darauf Löschkalk kippen wollen. Nein, diesen Hass kann man nicht erfinden. Man kann ihn nicht ignorieren. Sie fluten uns tagtäglich mithilfe Ihrer digitalen Schwadronen damit.

Mit einem Mal, meine Damen und Herren, wird klar, was Karl Kraus meinte: „Das Wort entschlief, als jene Welt erwachte.“ Jedes Tabu wird gebrochen, bis man glaubt, Sie könnten es nicht ernst meinen. Und doch ist es Ihnen todernst mit dem, was Sie wollen. Todernst ist keine Phrase. Man ahnt, was wird, wenn es zu einem Wettlauf von Wort und Tat kommt. Hinter Ihrer Rede steckt der Wille zur Tat; der Wille, das Denken in Lagern zur blutigen Wirklichkeit werden zu lassen.

Ja, lassen Sie uns im Deutschen Bundestag über Arm und Reich diskutieren - über die, die lediglich reich an Hass und Häme sind, arm aber an bürgerlichen Tugenden. Lassen Sie uns über die reden, die den Deutschen gegen den Ausländer, den Christen gegen den Moslem, den Armen gegen den Reichen, die Jungen gegen die Alten und alle gegen unseren Staat und unsere Grundwerte aufzuhetzen versuchen. Lassen Sie uns darüber reden, was eine offene Gesellschaft auszeichnet, welche Formen der affektiven Selbstkontrolle, Haltung und Werteorientierung mit dem Begriff des Konservativen einhergehen. Lassen Sie uns die gute Ordnung, für die zumindest ich kämpfe, mit der Zumutung vergleichen, die von der rechten Seite des Hauses ausgeht.

Lassen wir nicht zu, dass das Deutsche auf Missgunst, Ausgrenzung und Menschenfeindlichkeit reduziert wird. Lassen Sie uns stattdessen über ein Deutschland reden, wie ich es sehe: weltoffen, europäisch, ein Ort der Chancen, ein Ort der Kultur und des Miteinanders, ein Land, dessen Reichtum genau darin liegt und dessen Armut in einer Geisteshaltung gründet, wie sie von der rechten Seite mit geradezu völkischer Inbrunst vertreten wird.

Schon einmal hat uns diese Denkweise ins Verderben gestürzt. Schon einmal ist aus Hass Ausgrenzung und Hetze, aus der Armut des Geistes bittere materielle Armut für das deutsche Volk geworden. Nie wieder! Nie wieder!
 
24. April 2018, 09.57 Uhr
Matthias Zimmer
 
 
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