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Nusoul-Schau von Marek Kochanowcz

Wo das Licht hin ist? Ins ehemalige Monza

Marek Kochanowcz erinnert in einer Schau in der Berliner Straße an den untergegangenen Club Nusoul und damit auch an ein Gesamtkunstwerk von Tobias Rehberger - in alle Winde zerstreut von der DekaBank.
Was ist ein Déjà-vu? Im Film Matrix von 1999 erklärt es die Heldin Trinity so: "A déjà vu is usually a glitch in the Matrix. It happens when they change something."

Da steht man nun also an einem Montagabend im Oktober 2013 in einem Haus in der Berliner Straße 74 und hat ein Déjà-vu und denkt über die Änderungen nach, die zu genau diesem Abend führten.

Dieser Abend: Das ist eine Vernissage in der Punkt-Galerie. Vor einem steht der Künstler Marek Kochanowcz, gerade eben hatte er noch einen Schluck aus der die Prosecco-Pulle genommen, hatte einem Besucher erklärt, was es mit dem dunklen Gemälde in der Ecke auf sich hat, in dem, umringt von dunklen Wolken, das Wort Hell in Versalien steht, und jetzt erklärt er dem Reporter, wie er sich diesem Raum angenähert hat.

Dieser Raum: Das war im April noch der Musikclub Monza. Ein schwarzes, von elektronischer Musik pochendes Herz. Im Januar hatte das Journal Frankfurt beim Monza-Macher Klaus Unkelbach angerufen und ihn mit der Frage überrascht, ob er wisse, dass ihm die DekaBank gerade Kunst des Städelprofessors Tobias Rehberger geschenkt hatte. Unkelbach erinnerte sich, ein paar Stücke aus dem einstigen Nusoul mitgebracht zu haben, schwarze Sitzblöcke mit aufgesprühten Linien. Die DekaBank hatte ein paar Freunden von ihm sinngemäß gesagt: Kommt, nehmt mit was ihr könnt, den Rest werfen wir weg. Also nahm Unkelbach mit.

Jetzt stehen eben diese Hocker immer noch herum und der Künstler Kochanowcz hat einen Beamer mitgebracht mit Fotos aus ebenjenem Nusoul. Die Deckenbeleuchtung aus 3000 Glühbirnen des einstigen Clubs Nusoul ist im einstigen Club Monza zu sehen, auch Fotos von den Toilettenräumen, die Rehberger einst gestaltete oder vom Raucherbereich, aus dem die geretteten Hocker stammen. Marek Kochanowcz hat auch eine einzelne Glühbirne mitgebracht, kein Original aus dem Club, aber pure Symbolik, sie baumelt einsam von der Decke. "Kleine Reminiszenz", sagt er und dann erzählt er, wie er immer mehr las über diese unglaubliche Geschichte einer Bank, die teure Werke von Rehberger ankauft und sie ihrer Kunstsammlung einverleibt und die zugleich einen komplett vom gleichen Künstler gestalteten Club von gut 500 Quadratmetern dem Sperrmüll übergibt.

"Das ist so ein Wahnsinn", sagt Marek Kochanowcz, der an der Offenbacher Hochschule für Gestaltung studiert, experimentelle Raumkonzepte bei Professor Heiner Blum, wenn man es genau wissen will, was ja schon wieder irgendwie passt. Er hat viele Artikel zum Nusoul gelesen, die ersten aus dem Journal Frankfurt, aber auch die später folgenden aus der FNP, dem Tagesspiegel. Die DekaBank, eine Firma der ansonsten so ehrenwerten Sparkassen-Finanzgruppe, laviert bis heute herum, einem ehemaligen Sparkassen-Mitarbeiter tischte sie die Legende auf, alles sei bei der Stadt Frankfurt eingelagert, den Journalisten wird gesagt, befreundete Kulturinstitutionen hätten Teile bekommen und die wissen dann, wie das Monza oder ein anderer halblegaler Club im Bahnhofsviertel nichts von ihrem Glück. Die FAZ schrieb über den Fall auf der ersten Seite ihres Feuilletons, die Redakteurin Julia Voss fand schöne, gleichnishafte Worte für diesen Kontroll-Verlust einer Bank: "Täglich verschwinden Dinge. Texte löschen sich im Computersystem, Ohrringe rutschen in Ritzen, Socken kommen einzeln aus der Waschmaschine", so beginnt der Text und jetzt finden sich ebenjene Worte auf der Einladung zur Vernissage wieder. Dort heißt es dann aber weiter: "Abgesehen vom materiellen, wie hoch ist denn nun der Wert der Kunst, der Kultur an sich? Hängt man sich das Gemälde ins eigene Wohnzimmer weil‘s eine gute Geldanlage ist oder verspürt man echtes Interesse? Profit oder Passion?"

Marek Kochanowcz hat der Ausstellung einen treffenden Titel gegeben: "Und wohin geht das Licht." Kein Fragezeichen. Das ist auch keine Frage. Eine Glühbirne bringt das Déjà-vu. Bis zum Ende dieser Woche sind die Werke von Kochanowcz noch zu sehen, täglich von 10 bis 19 Uhr, Berliner Straße 74, ehemaligen Monza mit Teilen des ehemaligen Nusoul, wer mag setzt sich auf einen Rehberger und schaut einen Kochanowcz an oder beobachtet einfach, wie vor dem Fenster die Banker und die Bohème vorbeihechten. Am Ende macht der Künstler das Licht aus - und uns bleibt die Fantasie, dass dann ein erhellendes Licht, hoffentlich aus einem ganzen Glühbirnenhimmel in eine Bank geworfen wird, die längst aufgegeben zu haben scheint, über den Verbleib der Kunst zu berichten. Sie ist weg und taucht mal hier und da auf, und ganz am Ende werden vielleicht Zusammenhänge und Linearkombinationen deutlich. Wie in einer Matrix.
 
14. Oktober 2013, 22.01 Uhr
Nils Bremer
 
 
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