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Dominik Bloh über sein Leben auf der Straße
Aus Stahl
Elf Jahre lang lebte Dominik Bloh auf der Straße. Bei LiteraTurm spricht er am Dienstagabend über das Buch, das er über die Zeit seiner Obdachlosigkeit geschrieben hat. Hart und ehrlich.
Es dürfte jedem, der sich durch das Zentrum von Großstädten bewegt, so gehen: Man sieht Menschen, die auf der Straße leben und fragt sich, welches Leben dahintersteckt, welches Schicksal? Wie konnte es dazu kommen? Und hat dieser Mensch eine Chance? Dominik Bloh hat unter dem Titel „Unter Palmen aus Stahl“ ein ehrliches und beeindruckendes Buch vorgelegt, in dem keine allgemeinen Fragen beantwortet werden, in dem er aber sein eigenes Leben auf der Straße und die Ursachen dafür schildert. „Mein Name ist Dominik Bloh“, so hebt das Buch an, „ich bin 29 Jahre alt und lebe seit elf Jahren immer wieder auf den Straßen von Hamburg. Ich habe in den vergangenen Jahren oft kein Dach über dem Kopf gehabt, keine Heizung neben dem Bett und keinen mit Lebensmitteln gefüllten Kühlschrank.“
Bloh erzählt in einem nüchternen, zu keinem Zeitpunkt selbstmitleidigen Tonfall davon, was ihm geschehen ist, wie er in eine Abwärtsspirale geraten ist: Die Mutter, so sagt er es, war eine manisch-depressive Borderlinerin; der Stiefvater hatte Affären und einen Hang zur Gewalt. Und als die Familie aus dem Schwäbischen nach Norddeutschland zieht, verliert Bloh mit der geliebten Großmutter seine wichtigste Bezugsperson. In Hamburg gerät er in die falschen Kreise, will mitmachen, imponieren. Eines Abends setzt die Mutter ihren sechzehnjährigen Sohn vor die Tür. Einen Vorwurf macht er ihr rückblickend nicht. Erstaunlicherweise schafft er trotzdem sein Abitur. Dass die Lehrer einen Jungen unterrichten, der im Park schläft, bemerken sie nicht.
Bloh hat seitdem eine Menge durchgemacht. „In meinem Lebenslauf sind einige Lücken“, schreibt er, „mein krimineller Lebenslauf dagegen lässt sich in einer dicken Strafakte nachvollziehen.“ Andererseits aber kam Dominik Bloh zu den Büchern. Zur Musik ohnehin: „Hip-Hop war meine Schule.“ Mittlerweile lebt Dominik Bloh in seiner eigenen Ein-Zimmer-Wohnung und arbeitet an einer Schule mit schwer erziehbaren Jugendlichen. Wenn einer so etwas wie Street Credibility hat, dann er. Das wird anerkannt. Er hat ein Bankkonto und eine Krankenversicherung. Er ist zurückgekommen in das, was die Gesellschaft ein normales Leben nennt. Und doch schreibt Dominik Bloh auch: „Die Straße bleibt in meinem Kopf.“
Er liest im Rahmen von LiteraTurm aus seinem Buch. Vor der Veranstaltung, die von JOURNAL-Chefredakteur Nils Bremer moderiert wird, lädt die Stadtführung „Straßenblick“ ein, Frankfurter Orte aus der Perspektive eines ehemals Obdachlosen kennenzulernen. Die Einnahmen werden der Diakonie Frankfurt gespendet.
Dominik Bloh: Unter Palmen aus Stahl
Ankerherz Verlag, 192 S., 20,– Lesung: Frankfurt, Weser5, Weserstraße 5, 5.6., 20 Uhr Eintritt: 7,–; mit Stadtführung 22,–, diese Karten unter www.frankfurter-stadtevents.de/literaturm
Bloh erzählt in einem nüchternen, zu keinem Zeitpunkt selbstmitleidigen Tonfall davon, was ihm geschehen ist, wie er in eine Abwärtsspirale geraten ist: Die Mutter, so sagt er es, war eine manisch-depressive Borderlinerin; der Stiefvater hatte Affären und einen Hang zur Gewalt. Und als die Familie aus dem Schwäbischen nach Norddeutschland zieht, verliert Bloh mit der geliebten Großmutter seine wichtigste Bezugsperson. In Hamburg gerät er in die falschen Kreise, will mitmachen, imponieren. Eines Abends setzt die Mutter ihren sechzehnjährigen Sohn vor die Tür. Einen Vorwurf macht er ihr rückblickend nicht. Erstaunlicherweise schafft er trotzdem sein Abitur. Dass die Lehrer einen Jungen unterrichten, der im Park schläft, bemerken sie nicht.
Bloh hat seitdem eine Menge durchgemacht. „In meinem Lebenslauf sind einige Lücken“, schreibt er, „mein krimineller Lebenslauf dagegen lässt sich in einer dicken Strafakte nachvollziehen.“ Andererseits aber kam Dominik Bloh zu den Büchern. Zur Musik ohnehin: „Hip-Hop war meine Schule.“ Mittlerweile lebt Dominik Bloh in seiner eigenen Ein-Zimmer-Wohnung und arbeitet an einer Schule mit schwer erziehbaren Jugendlichen. Wenn einer so etwas wie Street Credibility hat, dann er. Das wird anerkannt. Er hat ein Bankkonto und eine Krankenversicherung. Er ist zurückgekommen in das, was die Gesellschaft ein normales Leben nennt. Und doch schreibt Dominik Bloh auch: „Die Straße bleibt in meinem Kopf.“
Er liest im Rahmen von LiteraTurm aus seinem Buch. Vor der Veranstaltung, die von JOURNAL-Chefredakteur Nils Bremer moderiert wird, lädt die Stadtführung „Straßenblick“ ein, Frankfurter Orte aus der Perspektive eines ehemals Obdachlosen kennenzulernen. Die Einnahmen werden der Diakonie Frankfurt gespendet.
Dominik Bloh: Unter Palmen aus Stahl
Ankerherz Verlag, 192 S., 20,– Lesung: Frankfurt, Weser5, Weserstraße 5, 5.6., 20 Uhr Eintritt: 7,–; mit Stadtführung 22,–, diese Karten unter www.frankfurter-stadtevents.de/literaturm
5. Juni 2018, 09.44 Uhr
Christoph Schröder
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