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Alt-68er am Herd

Koch Klaus Trebes ist tot

Der Gastronom Klaus Trebes ist mit 64 Jahren gestorben. Er wurde durch sein Restaurant Gargantua berühmt - und dadurch, dass er zuvor in der Frankfurter Studenten- und Häuserkampfbewegung aktiv war.
Manchmal saß er, als die ersten Gäste eintrudelten, an einem Tisch in seinem Restaurant Gargantua, vertieft in ein Buch, ein bisschen brummelig, ein bisschen versunken. Ausgerechnet im Westend hatte er sich mit seinem Restaurant niedergelassen, das er 1984 in Bockenheim eröffnet hatte. Schon vorher waren seine Kochkünste legendär. Nur die Zielgruppe wandelte sich eben. Im Westend bekochte er die Besserbetuchten, die Arrivierten, aber auch die ehemaligen Häuserkämpfer, die es geschafft oder die noch durch die Institutionen marschierten. Der 68er wird mit Joschka Fischer, Daniel Cohn-Bendit und vielen anderen der Häuserkampfszene zugerechnet - und damit als Teil jener Menschen, die es damals schafften, das noble Villenviertel zumindest zum Teil vor seinem Abriss zu bewahren. Das war für Trebes dann auch immer ein gutes Erbe, politisch hatte er sich - wie die meisten - vom revolutionären Anspruch der Bewegung schon längst distanziert.

Trotz dieser politischen Ausflüge begriff sich Trebes Zeit seines Lebens als Genussmensch. Aufgewachsen im Frankenwald, später in Würzburg mit Abstechern nach Frankreich und Italien geprägt, Studium in Frankfurt mit Aufenthalten in Paris. In einer kurzen biographischen Notiz schreibt Trebes, wie ihn doch auch diese Zeit kulinarisch prägte: "Gemeinsam lernten wir den Wein, die Käse kennen, die Bistros zu unterscheiden. Mitstreiterinnen aus der italienischen Studentenbewegung kochten mit mir in Wohngemeinschaften Pasta, Gnocchi, Minestrone. Beim Häuserkampf und bei der Betriebsarbeit lernte ich in italienischen, griechischen, spanischen und türkischen Familien, wie man Paella, Stifado, Couscous und Caponata kocht. Ohne ideologische Debatten feierten wir Feste und wurden Freunde." Schließlich examiniert er als Jurist, schlägt aber eine weitere wissenschaftliche Laufbahn in Frankreich aus, reist, kocht, entdeckt dagegen lieber, auch die Kleinkunstbühne, bis dann 1984 das Gargantua eröffnet, benannt nach einer dichterischen Figur von Rabelais, ein Riese als durch Frankreich streifender Gourmand.

1993 zieht das Gargantua schließlich um in die Liebigstraße 47, hier vollzieht sich auch die Wandlung von Trebes zum bundesweit bekannten Gastronomen und Koch, er wird Kolumnist beim legendären FAZ-Magazin, schreibt bald auch für andere Publikationen, erhält einen Lehrauftrag an der Städelschule, womit der Kochkünstler dann doch noch in der Wissenschaft ankommt.

Im vergangenen Jahr erst hatte Trebes zusammen mit seiner Frau einen Neuanfang mit dem Gargantua im Bürohaus "Die Welle" hinter der Alten Oper gemacht. Am 2. Mai nun ist der "letzte Alt-68er am Herd" von uns gegangen. Sein Restaurant soll es weiter geben. Es wäre auch schade, würde der Name des gefräßigen Gargantua aus dem Frankfurter Stadtbild getilgt.
 
4. Mai 2011, 19.17 Uhr
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