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Foto: Tamara Marszalkowski
Foto: Tamara Marszalkowski

Mit der Messe Frankfurt in Indien

Alles ist erleuchtet

Die Messe Frankfurt gibt es nicht nur in Frankfurt. Sondern in aller Welt. Das Unternehmen ist in mehr als 160 Ländern vertreten und hat insgesamt 30 Tochterunternehmen im Ausland. In Neu-Delhi zum Beispiel. Ein Besuch.
Wer jetzt in Frankfurt Wärme sucht, findet sie meist im Inneren. In ­Indien hingegen ist es andersrum. Je kälter die Innentemperatur eines Raumes ist, desto mehr Ansehen muss der­jenige, dem der Raum gehört, genießen. Hier geht man zum Aufwärmen raus. Allerdings nur die Europäer. Anhand der Raumtemperatur lässt sich Status ablesen. Gestern ist man noch im grauen, kalten Frankfurt. Am nächsten Tag, acht Flug- und zwei Busstunden später, steht man irgendwo mitten in Indien in einer Lampenfabrik, in der Lichter für Autos und Motorräder hergestellt werden. Wie gelingt einem das als Lokaljournalist? Indem die Messe Frankfurt unter Beweis stellt, dass sie auch Messe Frankfurt India ist und international kann und das mit schließlich 30 Tochterunternehmen in aller Welt. Aus diesem Grund hat sie im Oktober zwölf Journalisten auf eine Pressereise eingeladen.

Das Unternehmen Fiem Industries Ltd., das in der Stadt Sonipat sitzt, stellt Lampen für Autos und Motorräder her, hauptsächlich für den asiatischen Markt. Hier werden sie nicht nur produziert, sondern auch entworfen, auf nationale Standards zugeschnitten und auf ihre Sicherheit überprüft. In den Produktionsräumen, bei den Arbeitern, herrschen Temperaturen von über 30 Grad. In den anderen Räumen, wo die Lampen entworfen oder getestet werden, lässt sich wieder atmen. Bei den Apparaturen, die die Leuchten auf ihre Sicherheit testen, liegen die Drähte teilweise offen. Die Präsentationsräume sind jedoch einwandfrei und hell erleuchtet. Das Interieur hat etwas betont Futuristisches – wie die Filmkulissen von 70er-Jahre-Science-Fiction. Die Zukunft Indiens ist immer wieder Thema der Reise, denn sie klingt vielversprechend.

Auf dem Weg zurück zum Hotel, das übrigens auch sehr viele gut gekühlte Räume beherbergt, fotografiert man alles was Farbe trägt. Schließlich stellt man sich Indien eher bunt vor. Was man tatsächlich sieht, ist jedoch viel Armut. Menschen, die direkt auf dem Boden schlafen und Lumpen tragen. Man sieht kleine Slums, die aus einer Hand voll Papphütten bestehen. In Frankfurt wird so was gleich geräumt. Hier dürften die Menschen schon eine Weile länger wohnen. Man sieht Kühe und Schweine, die in Müllhaufen nach Essbarem wühlen. Der Verkehr fließt zäh. Man sieht eine auffällig hohe Zahl von Mopeds. Man sieht eine auffällig hohe Zahl von Menschen auf Mopeds. Ganze Familien, Tiere oder gleich Klimaanlagen werden gerne mal mit diesem Fortbewegungsmittel transportiert. Es dürfte sich damit gut durch den Verkehr schlängeln lassen. Der Fußgängerweg ist notfalls auch eine Option. Über der Fahrerkabine im Bus steht ein Schild mit der Aufschrift „This Taxi Respects Women“ – Aha, also hier darf man sich auch als Frau sicher fühlen – mal abgesehen vom Fahrstil.

Die Fahrt im Bus ist ruckelig. Für Raj Manek, Hauptgeschäftsführer von Frankfurt Messe India, ist das die größte Herausforderung bei der Organisation von Messen in Indien: die Infrastruktur. „Viele der Aussteller müssen ganz genau kalkulieren, ob sich der Aufwand einen Stand auf der Messe zu haben rechnet“, sagt Manek. Der smarte Brite wohnt eigentlich in London, ist aber beruflich viel in Indien und hat indische Vorfahren. Auch im ineffizienten Arbeiten sieht er ein Problem. „Hier braucht man um eine Aufgabe zu erledigen vier Arbeiter. Die Leute müssen verstehen, dass sie nicht immer zwei Assistenten brauchen“, sagt er. Die Pressereise verläuft allerdings wie am Schnürchen. Die indischen Mitarbeiter würden hin und wieder zu Schulungen nach Deutschland geschickt. Aber auch andersrum. Was die Deutschen in Indien lernen? „Vor allem Flexibilität. Sie lernen, dass man, um hier etwas erarbeiten zu wollen, flexibel sein muss. Denn hier brauchen Dinge auch mal etwas mehr Zeit.“ In einer so großen Demokratie ist das eben so. Da hätte es China einfacher. Doch der indische Markt ist ein wichtiger. Mögen die Absatzzahlen noch nicht annähernd so hoch sein wie in China (90 Millionen Euro), so hat sich der Umsatz hier innerhalb von fünf Jahren auf 7,5 Millionen Euro verdoppelt. Hier ist noch viel Luft nach oben. Der Markt boomt.

Am nächsten Tag geht es auf die „Light India“. Ein roter Teppich ist vor dem Eingang des Messegeländes ausgerollt. Ein sandfarbener Hund schläft darauf. Seine Zunge hängt ihm aus dem Maul. Das führt jedoch nur bei den Europäern zu Belustigung. Eine Frau im Sari telefoniert auf ihrem Handy. Für das Fotografieren des Hundes erntet man lediglich irritierte Blicke. Drinnen herrscht geschäftiges Treiben: Hübsche Frauen in Saris stehen neben Ständen, Männer in Anzügen erklären was ihre Produkte so einzigartig macht. Hier und da wird noch eine Leiste festgenagelt. Ab und zu fliegen Tauben über den Köpfen hinweg durch die Ausstellerhalle. Am Rand der Halle sitzen einige Arbeiter auf dem Boden. Sonst sieht es aus wie bei jeder anderen Messe auch: Es blinkt und leuchtet, die Oberflächen sind blank. Zum dritten Mal wird die „Light India“ von der Messe Frankfurt India ausgerichtet. Eröffnet wird sie unter anderem von Wolfgang Marzin. Als er das erste Mal vor 28 Jahren in Indien war, trug er noch einen Blaumann und entlud als Student Container, nun ist er der Vorsitzende der Geschäftsführung von Messe Frankfurt. „Wir hätten nicht die Power, die wir haben, würden wir nur in Frankfurt bleiben“, sagt er. Auch der indische Energieminister Piyush Goyal besucht die Messe. Der geht gleich mit der indischen Industrie knallhart ins Gericht und fordert sie auf ihre Produkte billiger zu machen. „Mit Messen gibt man nicht nur dem Handel eine Plattform, sondern auch politischen Debatten“, sagt Marzin. In Indien macht man das jedoch unter anderen Bedingungen. Auch wenn der Markt wächst. Da müssen die indischen Kollegen schon mal den ein oder anderen Affen, Hund oder Vogel des Geländes verweisen. Das Tochterunternehmen hat indienweit noch kein festes Messegelände. „Die Leute haben hier noch nicht verstanden, was so ein Gelände alles für die Stadt bringen kann“, sagt Raj Manek.

Auch Fiem Industries Ltd. ist unter den 275 Ausstellern mit einem Stand vertreten. Man macht was man eben auf so einer Messe macht: An die Zukunft denken. Und hier heißt die LED: Denn Indien will in vier Jahren 80  Prozent seiner öffentlichen Beleuchtung auf LED umstellen. Doch am Ende des Tages denkt man nicht mehr smart. Es wird gemeinsam im Hotel auf dem Ausstellerabend gefeiert. Es gibt Bühnenprogramm samt üppigem Büffet. Einen indischen Moderator der 100 Stimmen und einige Dialekte imitieren kann - über den allerdings nur die indischen Kollegen lachen. Die Kellner schauen wie hypnotisiert und vergessen abzuräumen. Auch während der Karaokeeinlagen schauen die ausländischen Gäste eher verhalten drein. Erst als die Tänzer die Gäste auf die Bühne holen, müssen sich auch die Westler ihrem Charme ergeben. Als wäre ein Schalter umgelegt worden, tanzt auf einmal jeder wie im Bollywood-Film. Zwischendrin trifft man auf einen verschwitzten Marzin. Der steht seinen indischen Kollegen in seinen Tanzfähigkeiten in nichts nach. „Das ist das, was ein Unternehmen und seine Mitarbeiter zusammenhält.“

Der Bus zum Nachtflug zurück nach Frankfurt steht schon bereit.

>> Dieser Artikel ist im November in Ausgabe Nr. 24 erschienen. Sie können das JOURNAL FRANKFURT auch abonnieren. Mehr Informationen unter www.journal-frankfurt.de/service_shop_abo/.
 
27. Dezember 2016, 10.17 Uhr
Tamara Marszalkowski
 
 
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