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Foto: Harald Schröder
Foto: Harald Schröder

Kolumne von Ana Marija Milkovic

"I love the heat of hardening concrete in the morning"

Unsere Architektur-Kolumnistin hat ihren Traummann gefunden – und das beflügelt sie zu sehnsuchtsvollen Bekundungen gegenüber der Architektur. Die soll sich bittschön angenehm im Herz einnisten.
Letzten Sonntag fand ich meinen Traummann. Er ist 26 und hat Sehnsucht nach Streit. Keine Frage, dieser Mann sucht mich! In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung fand ich ihn. Er annoncierte übers Feuilleton, Seite 39 mit der Zeile "Ich sehne mich nach Streit."

Mein Traummann sucht nach wildem Denken, auch nach Gedanken, die unordentlich sind. Er möchte als Autor töten, Ideologien entzaubern und neue "turns" einschlagen, er will zur Sinnlichkeit anstiften.

Das will ich als Architektin auch. Nur will ich nicht, wie er es sich vorstellen kann, dabei unter einer Energiesparlampe sitzen. Das zerstört das Bild, die Brillianz, nicht nur im Raum, auch auf meiner Haut. Denn, wer will schon im Beisein seines Traumpartners fad aussehen?

Er will nicht besser wissen und richten, er will beweglich sein, Mut zur Lücke voller Sinnlichkeit und Lust. Meine Generation saß dagegen bei Wetten Dass vor der dem Fernseher, dazwischen die Lücke für Chips. Seit vergangenem Samstag ist nun auch damit Schluss.

I love the heat of hardening concrete in the morning, sagte Coppola. Ich habe Sehnsucht nach einer Architektur die riecht, sich in meinen Erinnerungen angenehm einbrennt, die schmeckt. Ich habe Sehsucht nach Oberflächen, die sich sinnlich erfahren lassen. Ich sehne mich nach anderen, neuen Wegen durch Räume, Häuser, Plätze, die überraschen, dort wo der lange Tisch steht, den mein Traummann sich herbei sehnt. An diesem Tisch sieht er Menschen sitzen, die endlich fragen, für was es sich zu kämpfen lohnt. Sie sind alle unter Dreißig. Da geht sicherlich noch was.

Er will Gedanken befreien. Ich will Projekte von immer den Gleichen befreien, die uns hauptsächlich darin überraschen wie viel Geld sich mit Profanem verdienen lässt.

Mein Traummann sucht nach Gesinnungsfronten in Fragen der Moral, nach zornigen Gegensätzen in politischer Anschauung. Er will nicht immer das Gleiche wissen. Ich will nicht immer das Gleiche bauen.

Mein Traummann sehnt sich nach Leidenschaft, nach Sex, bei dem nicht das letzte Schamhaar wegrasiert ist. Das will ich in der Architektur auch. Ich will kein Silikon in groben Ritze, besser ein gutes, schlüssiges Detail.

Ich sehne mich nach Fassaden, die nicht bei Regen Pestizide ins Grundwasser schwemmen, weil sie gegen Algenbildung so angereichert sind. Ich möchte nicht unseren umbauten Raum in Styropor versinken sehen. Ich sehne mich nach einer Architektur, die für sich steht. Eine Wand soll eine Wand sein und kein Wärmedämmverbundsystem.

Ich wünsche mir Architektur wie Bücher, die mich so fesseln, dass ich den ersten Eindruck selbst zwanzig Jahre nach dem Lesen noch in meinen Erinnerungen sinnlich zu spüren vermag.

Ich wünsche mir lange Tische, die wir in Häuser tragen in denen Entscheidungen gefällt werden, um andere Gesprächspartner daran Platz nehmen zu lassen, als die immer gleichen üblichen Verdächtigen.

Ich wünsche mir Persönlichkeiten, die sich unseren Gedanken, Neuerungen öffnen und keine Besitzstandsverwahrer, die hauptsächlich unsere Zeit und unsere Möglichkeiten verprassen.

Wir alle leben die Generation Merkel, die beschwichtigt, moderiert, sich Alternativen ausweglos verwehrt. Mein Traummann sehnt sich nach mehr. Er will kein Vollkaskoversicherungspakt. Nur aus überwundener Zwietracht kann Eintracht entstehen, schreibt er: Die Generation Y sehnt sich nach mehr.

Das ist doch mal eine gute Nachricht.
 
18. Dezember 2014, 10.40 Uhr
Ana Marija Milkovic
 
 
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