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And the Oscar goes to...

„Die Blechtrommel war meine persönliche Nordwand“

Im Filmgespräch anlässlich der Ausstellungsreihe „And the Oscar goes to…“ sprach Volker Schlöndorff, Oscar-Gewinner von 1980, über sein Meisterwerk „Die Blechtrommel“ und über seine Erfahrungen in Hollywood.
„Wenn einer den Oscar erhält, heißt das noch lange nicht, dass er ein Künstler ist“, sagt Volker Schlöndorff über das Phänomen des Academy Awards. Der 1939 in Wiesbaden geborene Regisseur bekam 1980 den Oscar für seine Romanverfilmung „Die Blechtrommel“ in der Kategorie „bester ausländischer Film“ verliehen. Claudia Dillmann, Direktorin des Deutschen Filminstituts, bedankte sich bei einem Filmgespräch im Rahmen der Ausstellungsreihe „And the Oscar goes to…“ bei dem Filmemacher für sein Engagement in den vergangenen Jahren: „Er ist nicht nur ein großartiger Regisseur, sondern auch ein langjähriger Freund und Förderer des Filmmuseums.“ 1993 verhinderte Schlöndorff gemeinsam mit Wim Wenders die drohende Schließung des Museums. Außerdem setzte er sich aktiv für die Restaurierung des Caligari-Kinos in Wiesbaden ein, das, wie er sagt, das „schönste Kino Deutschlands“ sei.

Bereits 1992 vermachte Schlöndorff dem Archiv des Filminstituts die gesamten noch vorhandenen Unterlagen seiner Filme und ermöglichte damit eine bedeutende Erweiterung der Sammlung. „Und er hat immer noch jedes Mal etwas im Gepäck, wenn er anreist“, sagt Hans-Peter Reichmann, Archivleiter des Instituts. „Nur die Oscar Statue fehlt noch. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.“ Volker Schlöndorff meint dazu: „Das Archiv des Filminstituts ist mein Gedächtnis und Frankfurt ist der richtige Ort für dessen Aufbewahrung.“

Im Gespräch erzählte Schlöndorff über seine Erfahrungen mit dem Academy Award und mit Hollywood im Allgemeinen. Bereits vor der Verleihung sei er sehr zuversichtlich gewesen, dass sein Film, als erste deutsche Arbeit seit 1945, den Preis erhalten würde: „Ich bin immer auf Sieg eingestellt. Ich hatte ein gutes Gefühl, da der Film vorher bereits in Cannes erfolgreich war. Das zählte damals mehr. Der Oscar hatte eher einen materialistischen Wert.“ Daher gab es auch keine Dankesrede, was er im Nachhinein nach eigener Aussage aber doch bereut: „Ich hätte diese Rede schreiben und auswendig lernen sollen. Ich wollte mich bedanken mit einer Hommage an die Helden meiner Kindheit, wie Billy Wilder, Fritz Lang oder Murnau. Ich wollte eine Brücke schlagen zwischen amerikanischen Regisseuren und den deutschen, die im Exil lebten. Stattdessen schlug ich die Tür, die Amerika Deutschland so lange verschlossen hatte, im gleichen Moment, in dem sie endlich geöffnet wurde, wieder zu.“ Ein missglückter Satz wurde zu einem handfesten Skandal. Sinngemäß sagte Schlöndorff „es sei schön, dass Deutschland endlich wieder einen verdienten Oscar erhalte“. Für die empörten Zuschauer klang es so, als unterstelle er den USA, sie hätten Deutschland den Oscar als Strafe für die NS-Zeit so lange vorenthalten. Ein Fauxpas, der Schlöndorffs Karriere dennoch nicht schadete. Er verzichtete sogar freiwillig auf ein Leben in Hollywood und schlug ein Angebot Steven Spielbergs ab. Ob der Oscar ihm etwas gebracht habe? „Na, dass ich am Gründonnerstag in Frankfurt bin“, sagt der Regisseur zunächst augenzwinkernd und fügt dann ernster hinzu: „Der Oscar für den besten nicht-englisch-sprachigen Film, ist ein merkwürdiger Preis im Vergleich zu Cannes oder Berlin. Damals stimmten nicht alle Academy-Mitglieder für ihn ab, sondern nur die, die sich für das ‚Kleingeschriebene‘ untendrunter interessierten. Dennoch war es das, was wir erreichen wollten. Weniger kam für uns nicht in Frage.“ Zum Auswahlverfahren der Gewinner sagte auch schon Billy Wilder, Regisseur von Klassikern wie „Easy Rider“ und „Das Apartment“ und selbst sechsfacher Oscar-Gewinner: „Jeder Einzelne ein Idiot, alle zusammen ein Genie.“

Die Dreharbeiten zu seinem Oscar-Werk „Die Blechtrommel“, stellten für Schlöndorff eine große Herausforderung dar: „Es war meine persönliche Nordwand, die es zu besteigen galt. Ein Dreijähriger, der sich weigert erwachsen zu werden, der aber dennoch agiert wie ein Erwachsener und auch Liebesbeziehungen unterhält. Das ist eine Kopfgeburt. Man fragt sich: ‚Soll das ein Kind oder eine Zirkusfigur sein?‘“. Auch die Arbeit mit Günter Grass, dem Autor der Buchvorlage, war keine einfache Sache. „Grass ist kein Typ, bei dem man denkt: ‚Oh, mit dem wird das Spaß machen.‘ Aber wenigstens ist er ein Mann, der eine genaue Vorstellung hat. Es war eine interessante Auseinandersetzung. Ich hatte das Gefühl, an der Arbeit wachsen zu können.“

Auch deshalb war es Schlöndorff wichtig „Die Blechtrommel“ nach all der Zeit noch einmal im Filmmuseum zeigen zu lassen. Viele wichtige Episoden mussten bei der erstmaligen Vorführung gestrichen werden, da der Film sonst zu lang gewesen wäre. Die Zuschauer kamen daher bei der Vorstellung am 28. März die bisher nie gezeigte Originalversion zu sehen. Ein besonderes Ereignis, dass Volker Schlöndorff persönlich sehr am Herzen lag.
 
2. April 2013, 12.05 Uhr
rom
 
 
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