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Demo abgebrochen

Blockupy: Polizei greift hart durch

Die vom Verwaltungsgerichtshof genehmigte Demo am Samstag wurde von der Polizei nach 40 Minuten wieder beendet. Einige hundert Demonstranten werden eingekesselt, Pfefferspray wird eingesetzt. Eine Chronologie.
Am Baseler Platz ging es los, aber schon bald nicht mehr weiter. Eine Polizeikette hat sich vor der Spitze des Demonstrationszuges gebildet, dessen Ziel der Willy-Brandt-Platz vor der Europäischen Zentralbank für eine Abschlusskundgebung war. Rasch drängt eine weitere Polizeieinheit in den Zug hinein, ein Teil - später heißt es von Seiten der Ordnungskräfte: 350 Demonstranten - ist am Jüdischen Museum eingekesselt, und das über Stunden. Die Begründung der Polizei: Einige Teilnehmer hätten sich vermummt, hätten "selbstgebaute Schilde" getragen, hätten Rauchbomben gezündet. Auch seien an den Seiten des Zuges Seile und Transparente getragen worden, was gegen die Auflagen sei. Laut einigen Demonstranten handelte es sich bei den "Schilden" um Papptransparente, die "Vermummung" habe aus Schirmen bestanden.

Dass es nur nach wenigen hundert Metern zu einer Eskalation kommen sollte, war bis dahin überhaupt nicht abzusehen. Die Demonstration begann noch sehr viel entspannter, als im vergangenen Jahr - damals zählten die Veranstalter 25.000, diesmal 20.000 Teilnehmer. Die Polizei spricht indes von 7.000 Demonstranten, gefühlt dürften auch ebenso viele Polizisten im Einsatz sein, genaue Zahlen dazu gibt es allerdings nicht.

Die Querstraßen hinab zum Main waren nur bedingt abgesperrt. Die direkte Polizeibegleitung beschränkte sich auf den vorderen Teil des Demonstrationszuges. Eben jenen, in dem es dann auch zur Eskalation kam. Sowohl die Polizei als auch die Veranstalter hatten Verletzte zu beklagen. Ein Polizist sei mit einem Stich in den Unterleib verletzt worden, hieß es offiziell von den Beamten. Unbestätigten Gerüchten zufolge, wurden sogar zwei Kollegen mit Werkzeugen attackiert. Auf der Gegenseite beklagten die Demonstranten dutzende Verletzte, die aufgrund von Pfefferspray- und Schlagstock-Einsätzen der Polizei behandelt werden mussten. Unter den Betroffenen befindet sich laut der FAZ auch ein Journalist, der ins Krankenhaus gebracht werden musste. Eine Stunde musste er auf den Rettungswagen warten.

Die Demonstranten außerhalb des Kessels weigerten sich, ohne die Eingeschlossenen weiterzuziehen. Der Vorschlag, beanstandete Gegenstände zurückzulassen und dafür auf eine Feststellung der Personalien zu verzichten, wurde wiederum von der Polizei abgelehnt. So ging es über Stunden. Erst am späten Nachmittag begann die Polizei, einzelne Leute aus dem Kessel zu holen - sie geht nicht zimperlich dabei vor. Schlagstöcke und Tränengas kommen zum Einsatz - auch bei Teilnehmern außerhalb des Kessels. Auf unserer Facebook-Seite berichtet eine Mutter: "ich weiß das eine Schülergruppe samt Lehrer eingekesselt wurden, darunter meine Tochter (15)! Keiner davon war gewaltbereit oder vermummt ! Was soll das?"

Es gab auch andere Momente: Etwa als aus einem Fenster des Schauspiel Frankfurt Wassereimer zu den Eingeschlossenen heruntergereicht werden, später regnen bunte Luftballons herab.

Bis 16 Uhr war die Demonstration offiziell angemeldet worden, viele machen sich spätestens dann auf den Weg nach Hause oder ins Camp am Rebstock. Die Polizeipräsenz bleibt die Gleiche. Die Abschlusskundgebung am Willy-Brandt-Platz findet nicht statt, die dortige Bühne wird wieder abgebaut. Erst am späten Abend, über neun Stunden nach der Festsetzung, ist der Kessel geräumt, übrig sind nun noch etwa 2000 Demonstranten, die Demo wird von Veranstalterseite kurz vor 23 Uhr für beendet erklärt. Einige ziehen noch weiter zum Hauptbahnhof, gegen Mitternacht ist Schluss.

Die Veranstalter vermuten, dass die von der Stadt Frankfurt vorgeschlagene Demo-Route am Mainufer durch den Polizeieinsatz doch noch herbeigeführt werden sollte - vor dem Verwaltungsgerichtshof war die Stadt mit dieser Auffassung am Donnerstag unterlegen. “Alles deutet darauf hin, dass diese Eskalation von der Polizeiführung in Wiesbaden von langer Hand vorbereitet worden und der Kessel an dieser Stelle von vornherein geplant worden ist”, sagte Blockupy-Sprecherin Ani Dießelmann. "Die Route an der EZB vorbei wurde über mehrere rechtliche Instanzen genehmigt. Hier setzt sich die Exekutive über den Rechtstaat hinweg."

Frankfurts Polizeipräsident Achim Thiel bezeichnete diesen Vorwurf als "völlig aus der Luft gegriffen". "In enger Abstimmung mit der zuständigen Versammlungsbehörde der Stadt Frankfurt wurde der Teilauschluss der Störer durchgesetzt, um den friedlichen Protestteilnehmern die Fortsetzung des Aufzuges zu ermöglichen." Die Polizei habe angesichts des Verhaltens der Störer im schwarzen Block keine Wahl gehabt. "Ich bedauere das unkooperative Verhalten des Versammlungsleiters sehr", so Herr Thiel in einer noch während des Einsatzes verschickten Pressemitteilung.

Was als bunte, laute Demonstration geplant war, endete in einem nervenaufreibenden, unübersichtlichen Chaos, über dessen Verlauf sowohl die Polizei als auch die Demo-Veranstalter noch Rechenschaft schuldig sind. Die Landesregierung wird sich laut Aussagen von SPD- und Linken-Politikern in den kommenden Tagen im Landtag erklären müssen. Klar, sind ja auch bald Wahlen - auch die Opposition wittert im harten Vorgehen der Polizei Wahlkampf durch die CDU, wie dieser Artikel des Linken-Bundestagsbbgeordneten Niema Movassat beispielhaft zeigt. Keine 12 Stunden nach Ende der Demo ist auch schon die erste Rücktrittsforderung gegenüber Innenminister Boris Rhein (CDU) da - die Medaille dafür sichern sich die Jungsozialisten Hessen-Süd. Und worum ging's bei Blockupy nochmal inhaltlich? Die Demonstration am Samstag war für die Beantwortung dieser Frage wenig hilfreich, die begleitenden Veranstaltungen schon. Die Organisatoren kündigen an, im kommenden Jahr wiederkommen zu wollen. Blockupy wird Tradition.

Unsere komplette Berichterstattung finden Sie hier, Randnotizen und Live-Berichte drüben bei twitter.
 
2. Juni 2013, 10.04 Uhr
ges/nil
 
 
Fotogalerie: Blockupy-Großdemo 2013
 
 
 
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