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Mit Osteuropäern zur Luxussanierung

Durch Überbelegung werden Altmieter vergrault

Am Freitag demonstrierten Mieter gegen einen Hausbesitzer, der Osteuropäer in seinen Immobilien einquartiert – angeblich, um die Altmieter rauszuekeln. Anscheinend eine Strategie mit Erfolgsaussicht.
Es war ein seltsames Bild, das sich am Freitagvormittag im Westend bot. Vor der Praxis eines Arztes demonstrierte eine Gruppe von ungefähr 60 Personen mit Flugblättern, Bannern, Trillerpfeifen und Sprechchören. Dem Arzt gehören angeblich mehrere Liegenschaften in Frankfurt, unter anderem im Nordend und im Westend. Der Vorwurf der Demonstranten wiegt schwer. Angeblich sollen in seinen Häusern Osteuropäer einquartiert worden sein, die eng gedrängt gegen 300 oder 500 Euro im Monat auf Matratzen lagern. Die restlichen langjährigen Mieter der Liegenschaften sollen, so lautet der Verdacht, durch lärmende und verwahrloste Mitbewohner rausgeekelt werden, damit die Häuser (luxus)saniert werden können. Die direkt betroffenen Personen scheinen Angst zu haben, wollen ihre Namen nicht nennen und auch der Arzt war für JOURNAL FRANKFURT nicht zu sprechen. Die Sache ist heikel.

Wenn Fäkalien aus dem Fenster fliegen
„Wir wollen nicht missverstanden werden“, sagt eine Demonstrantin, die sich als Nachbarin von der angeblichen Überbelegung in dem Haus in der Friedberger Landstraße 98 und dem daraus entstehenden Lärm und Geruch gestört fühlt, aber dennoch klarstellt: „Die armen Leute sind auch nur Opfer.“ Sie selbst wurde aber schon einmal bedroht, hat Angst um ihre Familie und schaut seit geraumer Zeit mit an, wie sich mal auf der Straße der Sperrmüll türmt, mal sich der Lärm von irgendwelchen Feiern bis auf die Straße ausbreitet, aus den Fenstern Fäkalien geschmissen werden und hat mitbekommen, dass in den Hof und ins Treppenhaus gepinkelt wird. Angeblich sollen sich bis zu 50 Personen in der überlegten Wohnung befinden, die Polizei habe auch schon so manches Mal vorbeigeschaut. „Die Adresse ist der Stadt sehr wohl bekannt und macht viel Arbeit“, sagt Stadtrat Markus Frank (CDU). „Wir nehmen die Klagen der An- und Bewohner sehr ernst“, sagt der Ordnungsdezernent. Es seien bereits diverse Ämter eingeschaltet.

„Erst seitdem der Fall durch die Medien geistert, haben sich die Ämter in Bewegung gesetzt“, sagt Rainer Krug, Fraktionsvorsitzender im Ortsbeirat 3. Angebliche habe man die Missstände schon Anfang des Jahres beim Wohnungsamt angezeigt, getan habe sich über Monate hinweg nichts. „Ich weiß nicht, ob die Behörden personell für solche Fälle ausreichend ausgestattet sind“, sagt der Anwalt, der auch bezweifelt, dass den Behörden gelingen wird, sämtliche Missstände nachzuweisen. Etwa, dass regelmäßig Leute mit Tüten zur Friedberger Landstraße kämen, um von den Untermietern Geld einzusammeln oder nachzuweisen, wer wie lange in der Wohnung gehaust habe. Allerdings habe er einen Stapel mit Ekelbildern von Betroffenen gesammelt, was zumindest die Zustände dokumentiert. „Was sich hinter der Hausfassade abspielt, ist für die Be- und Anwohner einfach nur ein Skandal!“ Auch wie verschiedene Ämter mit dem Fall umgingen sei nicht zielführend. So habe das Amt für multikulturelle Angelegenheiten versucht zwischen Alt- und Neumietern zu vermitteln , sagt Krug. „Deeskalation ist ein wichtiges Thema, aber hier wird das Thema verfehlt. Es geht hier um Entmietung.“ Die Lage der ausgebeuteten Osteuropäer bessert sich dadurch auch nicht.

Undurchsichtige Strukturen
Die Nachbarin der Friedberger Landstraße 98 ist sich sicher: „Das Ziel ist es, das Haus freizukriegen, zu sanieren und dann teuer zu verkaufen. Da steckt eine Strategie dahinter, um Altmieter einfach loszuwerden." Inwiefern aber der Arzt in der Sache zu belangen ist, ist fraglich. „Das Geflecht der Hausverwaltung ist undurchschaubar, verschiedene Firmen scheinen da ein verschachteltes Geschäft zu machen“, sagt die Demonstrantin. „Das Haus gehört laut Grundbucheintrag der RMI Realty GmbH“, sagt Mark Gellert, Sprecher des Stadtplanungsdezernats. Die GmbH hat wie Recherchen ergaben die gleiche Adresse wie verschiedenen andere Gesellschaften, eine davon trägt den Nachnamen des Arztes im Namen.

„Es gibt Anzeichen für eine Überbelegung“, sagt Gellert. Eine Überbelegung liege theoretisch laut hessischem Wohnungsaufsichtsgesetz dann vor, wenn es pro Person weniger als neun Quadratmeter Wohnfläche gebe. Doch auch da gelte es zu differenzieren und individuell zu bewerten.

Überbelegung ist keine Seltenheit
Generell sei die Friedberger Landstraße 98 kein Einzelfall, im Jahr 2013 habe es 71 Hinweise auf Überbelegung in Frankfurter Wohnungen gegeben. Während Gellert darauf hinweist, dass es sich gemessen an 350 000 Wohngebäuden in Frankfurt also um einen Promillesatz handele, bleibt die Frage, wie viele Fälle gar nicht erst bis zu den Ämtern durchdringen. „Jeder dieser Fälle ist einer zu viel“, sagt Gellert. „Die Leute, die dort hausen, werden um ihr Recht betrogen.“ Dass die Anzahl der gemeldeten Überbelegungen in Zusammenhang stehen mit der Freizügigkeit, die Armutsimmigration aus Osteuropa begünstigen könnte, das belegen die Zahlen laut Gellert aber nicht. Den Altmietern empfiehlt Gellert juristische Hilfe in Anspruch zu nehmen und als erste Maßnahme die Miete zu mindern.

Kann man überhaupt etwas tun?
Wie man bei der Stadt hinter vorgehaltener Hand hört, seien diverse Ämter bereits eingeschaltet, dennoch ist fraglich, in wie fern die Stadt gegen derartige Machenschaften vorgehen kann. Zunächst fehlt da unter Umständen der gesetzliche Rahmen, denn es ist zweifelhaft ob eine Ordnungswidrigkeit mit Strafzahlung abschreckend wirkt. Diese Ordnungswidrigkeit muss aber auch erstmal nachgewiesen werden. Außerdem bleibt die Frage, wo die illegal hausenden Personen denn sonst untergebracht werden sollen. Vermutlich wird die Demonstration am Freitag nicht die letzte ihrer Art gewesen sein.
 
5. August 2014, 11.42 Uhr
nb
 
 
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