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Zoff um die Bahnhofsviertelnacht

Keine Live-Musik bei Cream Music

Soll die Bahnhofsviertelnacht eine „Indoor-Veranstaltung“ sein, so wie vor neun Jahren, oder ein ausuferndes Straßenfest? Wegen der hohen Auflagen hat Cream Music jetzt kurzfristig sein Bühnenprogramm abgesagt.
Aus der Taunusstraße will der Instrumentenhändler Cream Music eigentlich nicht weg. Seit 1904 ist der Firmensitz des ursprünglichen Musikhauses Hummel in der Taunusstraße, wenngleich sich auch mal die Hausnummer änderte. Doch es sind harte Zeiten angebrochen, im Musikhandel allgemein, wegen der Konkurrenz im Internet im Speziellen und bei Cream Music kommt erschwerend noch der immer mehr herunterkommende Standort dazu. „365 Tage im Jahr haben wir Dealer und Dreck vor der Tür“, sagt Bernhard Hahn (Foto), der seinen Laden in diesen Sommer um die separate Schlagzeugabteilung verkleinern musste, „und wenn wir uns einmal im Jahr zur Bahnhofsviertelnacht der breiten Öffentlichkeit präsentieren könnten, dann wird alles durch die Auflagen vermiest.“ Seit Jahren ist die Cream Music-Bühne bei der Bahnhofsviertelnacht Kult. Der in vierter Generation betriebene Musikladen hat das Fest auch von Anfang an befürwortet. Doch die Auflagen seien einfach nicht einzuhalten. Nach 45 Minuten Live-Musik, die nicht lauter als 70 Dezibel sein dürfe, müssten – wenn die Stimmung am besten sei – 15 Minuten Pause erfolgen, bevor es weitergehen könne. „Das ist von der Dramaturgie her nicht machbar, auch das leise spielen geht so live nicht.“ Zum Vergleich: Wenn eine Harley vorbeifahre, würde die locker 120 Dezibel erreichen. Die Auflagen besagen aber auch, dass eine Strafe in Höhe von 5.000 Euro bei Zuwiderhandlungen zu entrichten ist. „Darum haben wir unser Live-Programm abgesagt“, sagt Hahn mit Bedauern. Gastone und Matthias Baumgardt hätten unter anderem auftreten sollen.

Politiker sonnen sich, Ladenbetreiber leiden
„Eigentlich haben wir gar nichts zu feiern“, sagt Hahn. Die Politiker würden sich rechtzeitig zur Bahnhofsviertelnacht im Kiez bei so viel toll funktionierendem Multikulti sonnen, dass aber alteingesessene Geschäfte, so etwa auch der GM-Fotoladen in der Taunusstraße, heftige Umsatzeinbußen verzeichnen, weil sich die Kunden angesichts von herum lungernden Junkies und Dealern auf der Straße nicht mehr hintrauten, würde die Politik nicht weiter interessieren. Cream Music habe auch eine Option nach Sachsenhausen zu ziehen, doch in der Taunusstraße war nach dem ersten Weltkrieg die ganze Musikgeschichte im Laden, das Musikhaus Hummel hab einen internationalen Ruf gehabt. Ungefähr im Jahr 2008 aber sei die Stimmung im Viertel gekippt, dagegen habe auch Hahns Brandbrief an Petra Roth nichts ausrichten können. Problematisch sei auch ein großer Kiosk in der Nachbarschaft, der Dealer und Junkies anlocke. Dass nach 41 Jahren der Schlagzeugladen ein paar Häuser weiter geschlossen werden musste, schmerzt Hahn, aber die Räume seien nicht mehr repräsentativ gewesen, von den Wildpinklern vor der Tür ganz zu schweigen.

Das Fest war mal „Indoor“
Und jetzt also die hohe Auflagen beim Fest und deren rigorose Verfolgung, das setzt Hahn zu. Rund 3000 Leute feierten immer rund um die Cream-Bühne mit. Freilich muss auch Bernhard Hahn zugeben, dass sich die Bahnhofsviertelnacht gewandelt hat. Mit einem schmalen Budget hatte das Presse- und Informationsamt seiner Zeit Türen im Viertel geöffnet und Touren angeboten. Es sollte, und daran erinnert sich heute kaum einer mehr, eine „Indoor“-Veranstaltung sein, die Menschen anlocken sollte, das Viertel ganz neu kennenzulernen. Doch das Fest wurde Opfer des eigenen Erfolgs, bald strömten Menschenmassen aus der Umgebung herbei, die Straßen rund um das Rotlichtviertel wurden zur Partymeile. „Hipster kommen zum Junkies-Kucken“, nennt es Hahn. Die Stimmung der bis zu 40.000 Feiernden und der Gastronomen war gut, die der Anwohner und derer, die die Straßenreinigung wegen der kniehohen Glasscherbenberge herbeirufen mussten, um so schlechter. Was mal 25.000 Euro kostete, belief sich dann auf mehr als 80.000 Euro.

Alles, was Recht ist
Seit diesem Jahr ist die Tourismus+Congress GmbH für die Organisation verantwortlich. Doch auch sie habe die Auflagen nicht erfunden, so TCF-Chef Thomas Feda. Und auch sein Kollege Kurt Stroscher zeigt Verständnis für die vielseitigen Interessen im Kiez, dennoch sagt er: „Das Ordnungsamt kann sich nicht gegen geltendes Recht setzen. Der erlaubte Beschallungsrahmen ab 22 Uhr sieht nun mal nicht mehr als 70 Dezibel vor. Aber kein Mensch glaubt, dass diese exakte Dezibelzahl eingehalten wird. Wer das wirklich erwartet, ist weltfremd.“

Gastronomen wie Radu Rosetti haben kein Verständnis für das Verhalten der Stadt. In den Vorjahren habe es stundenlange Diskussionen zur Konzeption der Bahnhofsviertelnacht gegeben, letztlich habe man die Wünsche der Leute aus dem Viertel aber nicht berücksichtigt. Gerne würde sich Rosetti als Geschäftsmann an den Kosten beteiligen. Aber er findet, die Stadt müsse sich erstmal entscheiden, was sie für ein Fest haben wolle. Party ohne Musik und Stimmung gebe es nicht. Dann solle man konsequent sein und nur Touren anbieten. „Ich hab das Gefühl, dass die Stadt Live-Musik gar nicht will,“ sagt Rosetti. Während „New York Times“ und „Guardian Frankfurt“ für das Bahnhofsviertel feierten, würde sich die Stadt mit einem kastrierten Fest präsentieren, das weder großstädtisch noch weitblickend daher komme. Gleichzeitig buhle man um die Brexit-Umzieher. Das passe einfach nicht zusammen.
 
7. September 2016, 20.23 Uhr
Nicole Brevoord
 
 
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Text: sie/ktho / Foto: Red
 
 
 
 
 
 
 
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