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Madjid Djamegari im Gespräch

"Das Gibson wird nicht wieder dasselbe sein"

Der Chef des Gibson Clubs, Madjid Djamegari, spricht im Interview über den tödlichen Zwischenfall vom vergangenen Wochenende, über sein Sicherheitskonzept und fordert eine stärkere Polizeipräsenz in der City.
JOURNAL FRANKFURT: Herr Djamegari, am vergangenen Wochenende wurde ein Gast bei einer Schlägerei in Ihrem Club tödlich verletzt. Wie soll es im Gibson jetzt weitergehen?
Madjid Djamegari: Es fiel schwer, die richtigen Entscheidungen zu treffen, wie es weitergehen kann. Wir stehen immer noch unter Schock durch die Ereignisse der letzten Tage.

Wo waren Sie selbst an jenem Abend?
Ich stand nur vier Meter entfernt – und habe nichts gesehen. Das war eine Sache von wenigen Sekunden. Was einem auch vor Augen führt, wie schnell eine bis dahin ausgelassene und sehr schöne Party in einem Drama enden kann. Es ist einfach nur furchtbar.

Die drei Täter wurden recht schnell gefasst …
Ja, zum Glück. Wir haben von Anfang an intensiv mit der Polizei zusammengearbeitet, haben die Videoaufnahmen des Abends analysiert, haben geschaut, welche unserer Stammgäste zum Tatzeitpunkt in der Nähe waren und sie kontaktiert. Und natürlich haben wir auch geschaut, wo wir Fehler gemacht haben könnten.

Haben Sie Fehler gemacht?
Unseren Club gibt es seit drei Jahren, wir haben seither gut eine dreiviertel Million Besucher hier gehabt, ohne dass es zu größeren Zwischenfällen gekommen wäre. Das zeigt, dass wir mit unserem Sicherheitskonzept nicht falsch lagen. Aber für alle Großereignisse mit vielen hundert Menschen gilt: Eine hundertprozentige Sicherheit kann es nicht geben. Natürlich stellen wir unsere Türpolitik auf den Prüfstand. Mittlerweile haben wir die Gästeliste ausschließlich in die Verantwortung der Geschäftsführung gelegt, mit Ordnungsamt und Polizei Gespräche über weitere Präventionsmaßnahmen geführt, unser Sicherheitskonzept überprüft.

Da ist man schnell beim Thema Diskriminierung. Schon jetzt beklagen viele Frankfurter, dass sie aufgrund ihrer Herkunft keine Chance haben, in größere Clubs wie das Gibson zu kommen.
Den Vorwurf muss ich zurückweisen. Bei uns im Team, das aus bis zu 140 Leuten besteht, haben wir Menschen aus über 30 Ländern, nur ein Teil kommt überhaupt aus Deutschland, auch ich bin dafür ja ein gutes Beispiel. Die Multikulturalität ist ja gerade das, was unsere Stadt ausmacht. Nein, das kann und darf an der Tür eines Clubs in Frankfurt kein Auswahlkriterium sein. Ich gebe aber zu, dass es ein Türsteher heute schwieriger hat als noch vor Jahren.

Wie meinen Sie das?
Auch früher wurden Konflikte im Nightlife offen ausgetragen, aber sie waren mehr bestimmten Gruppen, bestimmten Milieus zugeordnet, man kannte die Leute, die Stress machen, erkannte sie auch oft an ihrem Aussehen. Heute kann ich einen Typ im Anzug vor mir haben, der aggressiv wird – oder eben einen Profi-Fußballspieler, der auffällig wird, wie es auch am vergangenen Samstag der Fall war. Der ist übrigens abgewiesen worden, was ja unterstreicht, dass wir auf den Status unserer Gäste wenig geben, dafür aber viel darauf, wie sie sich verhalten.

Lässt sich das in den wenigen Sekunden am Eingang überhaupt feststellen?
Es ist natürlich schwer, ein Psychogramm der Menschen anzufertigen. Wird dieser Mann, der gerade so ruhig wirkt, unter Alkoholeinfluss ganz anders reagieren? Schwer zu sagen. Was aber gut funktioniert, ist, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Das macht unser Türsteher permament – nicht weil er von jedem den Vornamen kennen will, sondern um einzuschätzen, wie die Menschen ticken. In einer Messestadt wie Frankfurt haben wir es immer wieder mit Gästen zu tun, die das erste Mal bei uns sind.

Die drei Täter gehörten einem Boxclub an, deren Mitglieder durch Breitschultrigkeit und diverse Tätowierungen ein auffälliges Äußeres haben. Hätte das nicht erkannt werden müssen?
Das allein kann in Frankfurt kein Kriterium sein, solche Physiognomien finden sich hier zuhauf, und viele sind ordentliche Menschen. Never judge a book by its cover, heißt es doch. Nein, eine solche Auswahl rein nach dem Aussehen kann nicht die Lösung sein.

Was wäre die Lösung?
Ich weiß nicht, ob es die überhaupt gibt, aber ein guter Ansatz wäre es, wenn sich Clubbetreiber, Gastronomen, Ordnungsbehörden und die Politik öfter mal an einen Tisch setzen würden, um über die Brennpunkte in dieser Stadt zu sprechen. Und davon gibt es mittlerweile einige: Vom Bahnhofsviertel bis in die Innenstadt. Ich würde mir zum Beispiel eine größere Präsenz von Polizeistreifen auf der nächtlichen Zeil wünschen. In anderen Ländern stehen Beamte standardmäßig auch vor den Clubs – und nicht erst dann, wenn etwas passiert. Auch eine verstärkte Videoüberwachung fände ich hilfreich. Klar, das klingt jetzt stark nach Orwell, aber es ist ein gutes Mittel, um bestimmte Brennpunkte in den Griff zu bekommen – mal ganz abgesehen von der schnelleren Ermittlung von Straftätern, wie es sich auch in unserem Fall gezeigt hat.

Haben Sie die Hoffnung, dass sich da bald etwas ändert?
Die habe ich, weil wir letztlich alle dasselbe Ziel haben: Wir Gastronomen, das Ordnungsamt, die Politiker wollen, dass sich die Menschen gerne in unserer Stadt aufhalten, dass sie keine Angst haben müssen, abends auszugehen. Ich komme gerade von einem Gespräch mit dem Ordnungsamt, um zu überlegen, was wir in Zukunft tun können, um nicht nur das Sicherheitsgefühl, sondern die Sicherheit insgesamt erhöhen zu können.

Wann wird das Gibson wieder öffnen?
Wir öffnen am Donnerstagabend wieder und es wird ein sehr spezieller Abend mit einem Unplugged-Set der Urban Club Band zum Start und einer ungewöhnlichen Liederauswahl über den Abend. Wir suchen einen Weg zurück in die „Normalität“ und wollen einen Anfang wagen. Das Gibson wird nicht wieder dasselbe sein, so ist meine derzeitige Gefühlslage. Aber natürlich haben wir auch eine Verantwortung für unsere vielen, so engagierten Mitarbeiter, für unsere Gesellschafter und schließlich auch für unsere Gäste.
 
28. Mai 2015, 11.59 Uhr
Nils Bremer
 
 
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