Die beste Party zur Walpurgisnacht hat im Mousonturm stattgefunden. Denn dort spielte die beste Band der Welt: King Khan and the Shrines. Ein fulminantes Konzert, das einem Erweckungserlebnis gleich kam.
Lukas Gedziorowski /
Der King kommt als letzter auf der Bühne: Eine Krone aus braunen Federn auf dem Kopf, einen Mantel im Leopardenfell über den nackten Oberkörper gehängt, eine Kette aus Knochen verdeckt die tätowierte Brust, über dem Hosenbund prangt eine Plauze, die der König mit Würde zur Schau trägt. Er ist der König des Dschungels, des Voodoo, des Psychedelic-Garage-Soul-Rock. In der Walpurgisnacht ist sein Reich der Mousonturm.
Seine Macht liegt in seiner Stimme: Der Indo-Kanadier aus Berlin ist ein Shouter im Geiste James Browns, der seinem Vorbild in nichts nachsteht. Zusammen mit seiner achtköpfigen Band, den Sensational Shrines, heizt er dem Publikum mächtig ein. Da tanzen die Herren an Bass und Gitarre, machen einen Spaziergang durchs Publikum, da springt der Mann, der die Orgel zum Grooven bringt, herum wie es nicht einmal Jerry Lee Lewis vermochte und stemmt sein Instrument bei jeder Gelegenheit in die Höhe, als wollte er ihm unerhörte Töne entlocken, da blasen die drei Bläser kräftig den Marsch, während im Hintergrund ein Percussionist und ein Drummer für treibende Beats und wilde Rasselei sorgen.
"Roll in den Mai" lautet das Motto des Abends - und das nicht nur wegen der Musik. Denn während auf der Bühne die Band eine Wahnsinnsmusik spielt, die empfänglichen Hörer in Ekstase versetzt, der King sich sein Publikum zu willenlosen, zappelnden und zuckenden Sklaven untertan macht, fahren die Feiernden hinten im Saal bei der Rollschuldisko ab. Tanzen, Springen, Rollen - es gibt viele Wege dem König zu frönen, aber nur eine richtige Gesinnung: den Freak-Out!
Der Schamane King Khan und seine Shrines schaffen es, den funkig-rockigen Sound, den sie auf ihre Alben gebannt haben, auf der Bühne zu entfesseln wie Geister, die sofort Besitz von ihren Hörern ergreifen: Mega-Smash-Hits wie "Outta Harms Way", "Land of the Freak", "I Wanna Be A Girl", "Burnin' Inside" und auch einige neue Stücke, die ebenso mitreißen. Doch die hörige Menge, weiß nicht, wie ihr geschieht. Die wenigsten vermögen es, das größte Liebesbekenntnis mitzusingen, das je gesungen wurde: "My baby's fat, she's ugly, but I love her". Und auch, wenn zwei Verwirrte auf die Bühne springen und den Zeremonien-Meister bei der Arbeit stören, weiß die breite Masse nicht, wessen Zeuge sie hier werden. Der Prophet, auch wenn er unermüdlich sein Evangelium hinausschreit, bleibt in seiner Wahlheimat ungehört. Da hilft es auch nichts, dass er sein Publikum in einem ruhigen Moment bittet, niederzuknien und anschließend aufzuspringen und auszurasten. Da nützt es nichts, wenn er sich für die Zugabe umzieht und nur in Unterhose, Glitzermantel und Afro-Perücke dasteht, als könne er nicht anders.
Aber am Ende einige scheinen zu ahnen, welch unmögliche Musik sie vernommen haben, dass sie etwas in ihnen bewegt hat, dass ihr Leben nicht mehr ohne weitergehen kann, da es sich sonst in Bedeutungslosigkeit verliert. So strömen sie hörig zum Merchandising-Stand und decken sich mit Devotionalien ein - Platten, T-Shirts, Postern -, um sich künftig dieses Abends zu erinnern und - wer weiß? - vielleicht werden auch sie die frohe Botschaft ihres neuen Königs verbreiten.
Wer hören kann, der höre! Und wer es nicht kann, dem gibt King Khan mit seinen Shrines das Gehör zurück. Welt, bekehre dich und bekenne: Es gibt nur einen King!