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Foto: Nils Bremer
Foto: Nils Bremer

Give Love Back im Museum Angewandte Kunst

Das Bahnhofsviertel gibt es nicht

Das Museum Angewandte Kunst stellt den Kosmos des DJs und Clubmachers Ata Macias in den Fokus – mit dem Bahnhofsviertel als Blaupause und Ausstellungsstücken, die Räume verändern sollen.
„Das Bahnhofsviertel gibt es nicht“, sagt Julia Quedzuweit von der Kommunikationsabteilung des Museums Angewandte Kunst. „Es gibt nur verschiedene Perspektiven auf das Bahnhofsviertel.“ Mit Kameramann und Schreibblock bewaffnet ist die 28-jährige Soziologin und Filmwissenschaftlerin vier Wochen durch das Bahnhofsviertel gezogen, hat mit Menschen aus den verschiedensten Bereichen gesprochen und versucht herauszufinden, worin die Faszination für diese verruchte Ecke besteht. Entstanden ist die Idee für das Projekt im Zuge der Ausstellungsplanung für „Give Love Back“, eine Hommage an Ata Macias.

Der Titel bezieht sich auf ein Zitat des Buchcovers „Come On In My Kitchen – The Robert Johnson Book“, die Schau selbst stellt die Frage was Angewandte Kunst heute sein kann und findet eine mögliche Antwort in der Arbeit Ata Macias; einem Mann, der zwar eine gewisse Bekanntheit genießt, aber nicht unbedingt als Künstler im klassischen Sinne. „Warum nehmen wir, als Museum für Angewandte Kunst, jemanden, der nicht dafür bekannt ist, Schuhe, Lampen oder ähnliches zu produzieren, sondern jemanden, der als DJ bekannt ist, der den ersten Concept-Store mit E15 gemacht hat, der das Plank macht, wieso nehmen wir so jemanden für eine Ausstellung?“, fragt die Kuratorin Eva Linhart und liefert die Antwort gleich mit. „Bei Ata geht es nicht um das Objekt als Objekt, sondern darum, was an Atmosphäre für die Lebenswirklichkeit entsteht. Nicht das Werk steht ihm Zentrum, sondern Prozess und Ereignis seiner Entstehung. Das bezeichnen wir als das ‚Ata-Prinzip‘.“

Der Mann, um den es geht, sieht es bescheidener. Er ist ganz froh, nicht alleine im Mittelpunkt zu stehen, sondern im Kreise seiner Freunde, seines Netzwerks, das ihn all die Jahre begleitet hat und zu dem Künstler, Musiker, Grafiker und Gastronomen zählen. Derzeit pulsiert das Leben unter seiner Wohnung in der Münchener Straße – im Plank, eine Bar wie eine Bühne, wie er sagt. Ein Laden mit Seele, wie andere sagen. Ein Hipster-Hotspot mit Gentrifizierungsgarantie, wie Kritiker meinen. Eine Erklärung dafür, wie Angewandte Kunst funktioniert, findet Julia Quedzuweit: „Sie lässt sich nicht allein an Objekten festmachen, es zählt immer auch der Kontext. Ein Ort wie das Plank ist erst einmal kein Kunstwerk, vielmehr interessiert das Zusammenspiel seiner Gestaltung mit der Umgebung.“ Dieser Gedanke ist auch Grundlage für ihre Studie, die in Form von Videos in die Ausstellung integriert werden soll: „Das Interviewprojekt ist deshalb soziologisch und performativ gedacht, wie auch angewandte Kunst performativ ist und jeder Interviewpartner sein eigenes Bahnhofsviertel entwirft.“

So schlägt das Museum eine Brücke in das Viertel, das schon immer Teil des Lebensmittelpunktes von Ata Macias war. Als Kind war er dort schon unterwegs, die Mutter, alleinerziehend, arbeitete in einem pelzverarbeitenden Betrieb. „Das hat mich schon geprägt“, sagt der Clubmacher (lesen Sie das vollständige Interview hier).

Die elektronische Musik entdeckt der 1968 geborene Macias erst später, am Anfang stehen Gruppen wie The Police, dann die Black Music. Der Clubgänger macht eine Lehre als Raumausstatter, will Innenarchitektur studieren, legt aber schon nebenbei auf, entdeckt Sven Väths Vogue-Club, ist infiziert vom Omen, von der Tatsache, dass dort die elektronische Musik schließlich obsiegt – eine Offenbarung. Mit dem Robert Johnson hat Ata Macias in Offenbach schließlich selbst einen Club begründet, der in der House- und Techno-Szene weltweit bekannt ist. Auch jetzt noch legt Sven Väth dort Zwischenstopps auf seinen Welttourneen ein, man ist und bleibt sich verbunden.

Auch im Bahnhofsviertel, wo mit den Bars von Ata Macias, Radu Rosetti und den Ardinast-Brüdern eine ganz eigene, neue Klientel in den Kiez gezogen wurde. Es bleiben dennoch die dunklen Seiten. Julia Quedzuweit sagt: „Das Bahnhofsviertel hat im dramaturgischen Sinne viele Abs und Aufs zu bieten. Die Menschen werden hier konfrontiert mit einer Welt, die sie nicht kennen, oder eben nur stilisiert aus den Medien. Einerseits denkt man ‚Gott sei Dank gehöre ich dieser Welt nicht an‘, aber alles was man nicht kennt, löst natürlich auch eine gewisse Faszination aus.“

Im Museum wird man nun Interviews sehen von Künstlern und Kioskbesitzern, auch von Kindern und wie sie das Viertel wahrnehmen. Viele Facetten eines Viertels. Und viele Facetten eines Mannes, der dieses Viertel in den vergangenen Jahren mehr geprägt hat, als er selbst zugeben würde. Ata Macias sagt schlicht: „Ich finde es schön, wenn Menschen in einem Raum zusammenkommen. Dann verändert sich etwas, es kann zu wunderbaren Situationen kommen.“

Eine Version dieses Artikels erschien zuerst in der Print-Ausgabe des Journal Frankfurt. Hier können Sie ein Abonnement abschließen, hier die Digitalausgabe herunterladen.
 
15. September 2014, 11.32 Uhr
Nils Bremer, Ronja Merkel
 
 
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