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Foto: Dirk Ostermeier
Foto: Dirk Ostermeier

Immobilienmakler Daniel Ritter im Interview

"Der Brexit-Effekt wird gering sein"

Daniel Ritter ist Geschäftsführer bei von Poll Immobilien. Im Interview erklärt er, warum es neue Wohngebiete auf dem Pfingstberg und anderswo braucht – und warum der Brexit nur geringe Auswirkungen haben wird.
Journal Frankfurt: Herr Ritter, befinden wir uns in Deutschland in einer Immobilienblase?
Die ist nicht da und sie wird auch nicht kommen. Dazu muss man nur einmal betrachten, welche sogenannten Blasen es denn in der Vergangenheit gab. Nehmen wir die Subprime-Krise von 2007 oder jene, die Japan 1990 in wirtschaftliche Schwierigkeiten geführt hat. Die Subprime-Krise ist entstanden, weil in den USA in Zeiten niedriger Zinsen Immobilienkredite vergeben wurden an Menschen, die sich einen Hauskauf eigentlich gar nicht leisten konnten und kaum über Eigenkapital verfügten. Als die Zinsen stiegen, konnten diese Menschen ihre Kredite nicht mehr bedienen. Fallende Häuserpreise machten auch die Immobilie als Sicherheit wertlos.

In Deutschland sehen Sie diese Gefahr nicht?
Nein. Das hat vor allem damit zu tun, dass man einen relativ großen Anteil an Eigenkapital mitbringen muss, um überhaupt Immobilien erwerben zu können. Schon immer. Und: Es wird sehr genau geprüft, wer überhaupt für ein Darlehen in Frage kommt. Zudem wird eine angemessene Rückzahlungsrate vereinbart.

Dennoch sind die Preise stark gestiegen. Das sorgt doch genau für diesen Eindruck.
Der Eindruck täuscht. Deutschland war bis vor rund zehn Jahren ein unterbewerteter Markt. Die hiesigen Immobilien waren im Vergleich günstig und sind es vergleichsweise immer noch. Wenn man sieht, dass in manchen Frankfurter Stadtvierteln die Kaufpreise in den vergangenen fünf Jahren um 30 Prozent gestiegen sind, dann versteht man natürlich das Bedauern des einen oder anderen Interessenten, nicht schon früher zugeschlagen zu haben.

Werden die Preise irgendwann wieder fallen oder geht diese Entwicklung weiter?
Wir sind in Europa das wirtschaftlich stärkste Land – und dennoch sind die Immobilien in unseren Metropolen günstiger als in vergleichbaren europäischen Städten, beispielsweise in Großbritannien, Frankreich, der Schweiz oder Österreich. Natürlich liegen Frankfurt, Berlin, Hamburg oder München in Deutschland weit vorne – teilweise kosten in London oder Paris die Immobilien aber das Doppelte oder Dreifache.

Neben der grundsätzlichen Bewertung der Immobilien – ist die Frage, wie man sein Geld heutzutage anlegt nicht auch ein Faktor, der die Preise hochtreibt?
Es sind sicherlich viele Faktoren, die zusammenkommen. Die demografische Entwicklung führt dazu, dass die Bevölkerung in großen Städten wächst – wohingegen sie auf dem Lande in manchen Regionen schrumpft. In Frankfurt sind in den letzten 15 Jahren 100.000 Menschen hinzugekommen. Rund weitere 70.000 sollen bis 2025 hinzukommen. Und natürlich führt die Null-Zins-Politik zu einer sehr hohen Geldmenge am Markt. Man kann ohne Weiteres sagen, dass die Immobilienwirtschaft vor acht Jahren, nach der Finanzkrise, Fahrt aufgenommen hat. Man hat Immobilien als Kapitalanlage wiederentdeckt – gerade im wirtschaftlich starken Deutschland. Die Nachfrage vor allem in den großen Städten übersteigt das Angebot, das hat Auswirkungen auf die Preisentwicklung.

Für viele Menschen wird es zusehends schwieriger, sich eine Mietwohnung überhaupt leisten zu können. Sehen Sie da einen Ausweg?
Eine schwierige Frage. Wobei die Mietpreise letztes Jahr in Frankfurt mit rund drei Prozent erheblich moderater gestiegen sind als die Kaufpreise. Neben den schon genannten Gründen für den Anstieg der Preise sind die Anforderungen an den Wohnungsbau extrem gestiegen. Wir sind sicherlich Vorreiter in der Welt, was energiesparendes Bauen angeht. Doch die Vorschriften, die dabei beachtet werden müssen und der Standard, den die Menschen heutzutage erwarten, treiben auch die Preise in die Höhe. Es wird schlicht immer schwieriger, günstige Mietwohnungen anzubieten. Unter 2500 Euro den Quadratmeter inklusive aller Kosten kann man heutzutage kaum noch bauen – und dabei ist es erst einmal zweitrangig, ob wir uns jetzt im Westend oder am Frankfurter Stadtrand befinden.

Dazu kommt dann der reiche Aufschlag der Immobilienfirmen und Makler …
Der ist weniger groß, als Sie sich das vielleicht denken, in Relation zu den gestiegenen Grundstückskosten, die der Bauträger heute zahlen muss, und den höheren Baukosten aufgrund gesetzlicher Auflagen und auch der höheren Ansprüche der Menschen. Es wird immer wieder gefordert, dass man günstig bauen soll, aber die Schrauben, an denen man drehen kann, sind ziemlich klein.

So wie Sie das schildern, muss man für eine 90-Quadratmeter-Wohnung wenigstens 300.000 Euro aufbringen. Wer kann sich das denn leisten?
Wenn Sie nachrechnen, ergibt sich für eine solche Summe eine Rückzahlungsrate, die durchaus leistbar ist, auch im Vergleich zur Miete. Es lohnt sich nach wie vor zu kaufen. Wirklich einkommensschwache Personen konnten sich auch früher keine Wohnung kaufen und lebten zur Miete. Da sehe ich aber nicht die Immobilienwirtschaft in der Verantwortung, sondern eher die Politik. Ohne eine starke kommunale Wohnungsbaupolitik wird es den viel beschworenen günstigen Wohnraum nicht geben.

In Frankfurt versucht man, Investoren zu 30 Prozent geförderten Wohnungsbau zu zwingen. Das ist ja auch ein Weg.
Sicherlich, die Frage ist nur, ob sich das für den Investor dann noch rentiert. Da müssen die Quadratmeterpreise für die frei angebotenen Einheiten womöglich auf über 10.000 Euro angehoben werden, um die geförderten Wohnung finanzieren zu können. Da steigt schlicht das Risiko, solche Projekte vermarkten zu können.

Was wäre Ihre Antwort, die Nachfrage nach Wohnungen in Frankfurt zu befriedigen?
Eine Möglichkeit ist, neue, große Baugebiete auszuweisen. Dafür ist der Riedberg ein schönes Beispiel – den Erfolg dieses Viertels hätten bei seiner Planung wohl nur die Wenigsten erwartet. Von solchen Flächen gibt es noch einige in Frankfurt. Dafür muss kein Stadtwald gerodet werden und kein Grüngürtel. Wir reden hier von Gebieten im Norden von Frankfurt.

Sie sprechen vom Pfingstberg?
Ja, zum Beispiel. Das mag politisch umstritten sein, planungsrechtlich wäre es das kostengünstigste und effizienteste, damit auch prädestiniert für günstige Wohnungen. Nachverdichtung ist weitaus aufwendiger, in der Planung und im Bau – und damit für Geringverdiener kaum finanzierbar.

Und die Umwandlung von Büros in Wohnungen, wie es in Niederrad versucht wird?
Eine gute Idee. Aber auf eine gewisse Art und Weise sehe ich auch das unter dem Stichwort der Nachverdichtung. Das Gleiche gilt für die Wohnhochhäuser, die derzeit an vielen Stellen entstehen.

Interessant, das die heutzutage als Luxusgut gehandelt werden.
Sie sind entsprechend konzipiert und modern ausgestattet. Ich bin aber gespannt, ob die Vermarktung so läuft, wie sich die Investoren das erhoffen. Bei 16 solcher Projekte mit im Schnitt 300 Wohnungen ist das schon eine große Summe an gehobenem Geschosswohnungsbau, der hier an den Markt gebracht wird.

Entstehen daraus wieder soziale Brennpunkte wie aus den Projekten der 60er- und 70er-Jahre?
Heute stehen dahinter ganz andere Konzepte - diese Hochhäuser befinden sich nicht mehr in der Peripherie, sondern an zentralen Orten der Stadt und zielen auf eine andere Klientel. Die Quadratmeterpreise liegen hier in den Spitzen auch schon mal im fünfstelligen Bereich.

Viele solcher Luxuswohnungen sind dennoch schon verkauft.
Ja, mehrheitlich an Einheimische, aber auch an Anleger außerhalb Deutschlands. Für Premiumimmobilien hierzulande interessieren sich zum Beispiel auch Schweizer, Luxemburger oder Käufer aus fernen Ländern. Für mich sind das aber nicht immer unbedingt Menschen, die dann auch in Frankfurt wohnen werden.

Reine Kapitalanlagen?
Teilweise, in London zum Beispiel ist die eine oder andere Luxuswohnung auch mal unbewohnt. Dort ist der Immobilienmarkt aber nun bereits seit einiger Zeit rückläufig – so dass Städte wie Frankfurt interessant für solche Anleger werden.

Liegt der Markt in London wegen des Brexits schon brach?
Dort zumindest wird kein großes Wachstum erwartet. Im Grunde geht es reichen Menschen aus dem einen oder anderen fern gelegenen Staat darum, ihr Geld außerhalb ihres eigenen Heimatlandes zu sichern – und in Länder zu investieren, die als wirtschaftlich und politisch stabiler gelten. Da ist Deutschland natürlich eine gute Option, weiterhin aber auch London.

Wird Frankfurt vom Brexit profitieren?
Von den Bankern, die London womöglich aufgrund des Brexit verlassen – über deren Zahl können wir heute nichts genaues voraussagen -, wird wohl nur ein Teil überhaupt nach Frankfurt kommen. Wahrscheinlich weniger als 10.000. Frankfurt wird also profitieren, aber auch andere Städte wie Paris, Luxemburg, Amsterdam oder Dublin werden ziemlich kreativ sein, um Londoner Finanzunternehmen abzuwerben.

Dennoch herrscht die Sorge vor, dass auch der Druck auf den Wohnungsmarkt dadurch weiter zunimmt …
Abwarten. Der Zeitraum, von dem zugleich die Rede ist, erstreckt sich über die kommenden fünf Jahre. Da reden wir also von einer sehr überschaubaren Zahl an Menschen im Jahr, die in Frankfurt eine Bleibe suchen werden. Ich glaube nicht, dass das eine neue Dynamik in den Wohnungsmarkt bringen wird. Diese ist in Frankfurt und Berlin ohnehin schon hoch. Kurz gesagt: Der Brexit-Effekt wird wenn überhaupt gering sein.
 
20. Februar 2017, 10.47 Uhr
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