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Promerit Executive Forum im Opernturm

Gordon Gekko und die Bergpredigt

In der Zentrale der UBS wurden Vorträge über Wertewandel gehalten. Eine Volkswirtin, ein Finanzexperte, ein Hirnforscher und eine Bankierin fassten kluge Gedanken, nur ein Verlegersohn tanzte peinlich aus der Reihe.
Barbara Brosius ist sich sicher: "Einen Wertewandel gab es nicht erst seit der Finanzkrise, aber durch sie wurde offenbar, dass die Werte nicht von allen beachtet wurden." Viele Unternehmen schauten nicht weit in die Zukunft, "Shareholder Value war leider die Priorität." Nun ist Frau Brosius als Vice-Chairman der UBS Deutschland dafür zuständig, dass Werte eingehalten werden. Auch weil es schwierig geworden ist, gute Mitarbeiter zu finden. Konsumenten wollten zunehmend zum positiven Wandel in der Welt beitragen, die Erwerbstätigkeit stehe vielfach nicht mehr im Mittelpunkt des Lebensinhalts vieler Menschen. "Die Mehrheit der Führungskräfte hat erkannt, dass Werte wichtig sind für die Kommunikation und die Mitarbeiterbindung." Anders gesprochen bietet ein werteorientiertes Unternehmen ökonomische Vorteile. Kunden ließen sich leichter von den Produkten überzeugen, Angestellte von einer engagierten Mitarbeit. Wie weit die Finanzbranche und insbesondere ihre großen Akteure wie die Deutsche Bank oder eben die UBS auf diesem Feld gekommen sind, ist derzeit noch fraglich. Zu sehr erschüttern immer wieder Skandale die Branche, ausgelöst freilich oftmals nur durch einzelne. Die Kunden scheint es gleichwohl kaum zu stören, zwar verzeichnen nachhaltige Kleinbanken wie die GLS oder die Triodos Kundenzuwachs, von einer Abwanderungswelle von großen Kreditinstituten kann aber nicht die Rede sein.

Der richtige Ort für eine solche Diskussion über Werte sei die UBS-Zentrale um so mehr, fand Kai Konrad, Berater des Finanzministeriums und Direktor am Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen: genau zwischen Paulskirche und Bundesbank. Zudem: "Mit einer Verteufelung des Markts macht man es sich zu einfach." Konrad warf sogar die interessante Frage auf, ob Gordon Gekko, ikonografische Banker-Figur des Hollywoodstreifens Wall Street, nicht recht habe, wenn er sagt: Gier ist gut.



"Die Eigennutzorientierung ist eine Triebfeder des Menschen, das lässt sich nicht wegdiskutieren", so Konrad. Das Problem sei nur, wenn die Branche, wenn Banken oder einzelne Mitarbeiter nur die positiven Risiken trügen, nicht aber die negativen. "Das ist der Marktfehler." Zugleich gebe es folgende Hierarchie. Über die Werte entschieden die Aktionäre, die CEO implementieren sie, die Angestellten setzten sie um. Durfte die Bank Händler auf die Straße setzen, die betrogen hatten? Nein, sagt ein Gericht, sie hätten sich ja schließlich unternehmenskonform verhalten. Ist Gier also gut? "Der Ökonom würde antworten: Es kommt darauf an", so Konrad

Der Hirnforscher Wolf Singer schilderte die Gier als einen atavistischen Instinkt des Hortens, erklärte die Abgrenzung von Gruppen aus der Frühgeschichte der Menschheit und wie unzeitgemäß diese in Zeiten einer hochvernetzten Gesellschaft sei. "Die Prämissen unseres Handelns passen nicht mehr zur Welt, die wir uns geschaffen haben." Zugleich schilderte er die Einflussmöglichkeiten von außen auf unsere nicht-lineare Welt als unmöglich. Ansätze, Werte durchzusetzen gebe es gleichwohl und auch hier liefere die Natur Antworten.
Bienenstaaten seien selbstorganisiert und selbsterhaltend, Kompetenz und Verantwortungsbereich seien deckungsgleich, zudem setze die Natur dem Wachstum grenzen. Was Menschen von Bienen lernen können? Nicht lügen, mehr Bescheidenheit, keine Machtbündelung, kein Glaube an eine Meta-Intelligenz an der Spitze, Empathie, Teilnahme aller an Entscheidungen, keine Freeriders. "Das war die Bergpredigt", so Singer. Und der Beweis, dass sich moralische Regeln rational ableiten ließen.

Während zum Schluss der Veranstaltung hin die Bankierin Sylvia von Metzler für ihre Stiftung warb, und vorlas, wie die Mitarbeiter ihrer Bank dazu angestiftet würden, Geld für einen guten Zweck zu sammeln, gab der einstige Verleger Konstantin Neven DuMont ein überaus peinliches Bild ab. Sein Vortrag wirkte zerfasert, er rekurrierte immer wieder auf die Diskussion um den Fernsehmoderator Lanz und den damit zusammenhängenden Einfluss einzelner durch Petitionen, er erzählte, was er so im Internet oder in der Zeitung gelesen hatte in den vergangenen Wochen und warum Sascha Lobo Quatsch schrieb, als er das Internet kaputt nannte, dabei sei das Internet erst einmal neutral, wie mit einem Messer könne man Gutes wie Schlechtes damit tun. Dann teilte DuMont der Versammlung noch mit, was eigentlich Twitter sei und wie es funktioniere, sprach über einen gekaperten Twitter-Account und von einem Dreiklang aus Politik, Gesellschaft und Wirtschaft, ja nein, vielleicht gar einem Vier- oder Fünfklang der Einmischung. Gut, dass die Aussicht so gut war, ansonsten erntete der als Medienexperte angekündigte Herr vor allem unfreiwillige Lacher aus dem Publikum. Einsamer Höhepunkt seines Vortrags: "Ich bin jetzt in der Immobilienbranche tätig, die jedenfalls wird vom Internet nicht kaputtgemacht werden." Und immerhin nahm der sich selbst als Idealist bezeichnende Medien- und jetzt Immobilienmann den Chef von UBS Deutschland vor der Veranstaltung beiseite und fragte ihn, wie es das Geldhaus denn jetzt mit den vielbeschworenen Werten hielt.

Und danach? Ging's für die Kunden und Mitarbeiter der Promerit AG, die den Vortrag ausgerichtet hatte, rüber in die King-Ka-Suite zum Neujahrsempfang. Auch ein ganz guter Ort, um über Bescheidenheit nachzudenken oder über die Worte Gordon Gekkos.
 
31. Januar 2014, 09.17 Uhr
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