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Foto: picture alliance/dpa | Arne Dedert
Foto: picture alliance/dpa | Arne Dedert

NSU 2.0-Affäre der hessischen Polizei

Eine ungeheuerliche Situation

Der hessische Polizeipräsident Udo Münch ist zurückgetreten. Damit wurden in der hessischen Polizei erste Konsequenzen auf personeller Ebene gezogen. Münch habe den Sachverhalt über die Drohbriefe während eines Gesprächs im März „nicht bewusst wahrgenommen.“
Als Innenminister Peter Beuth (CDU) am Dienstagnachmittag in Wiesbaden vor die Presse trat, kursierte die Meldung rund um den Rücktritt des Landespolizeipräsidenten Udo Münch bereits seit über eine Stunde in den Medien. Schließlich gab Beuth bekannt: „Landespolizeipräsident Udo Münch hat mich um seine Versetzung in den einstweiligen Ruhestand gebeten. Der Bitte habe ich mit sofortiger Wirkung entsprochen.“ Münch sei „Schutzmann mit Leib und Seele“ und habe sich in den vergangenen zehn Jahren als erster Polizist Hessens große Verdienste erworben. Das Land Hessen verliere mit ihm einen redlichen und verbindlichen Mann an einer herausragenden Stelle, der immer zu seinem Wort stand, fuhr Beuth fort. In den sozialen Medien tauchte währenddessen immer wieder eine bestimmte Bezeichnung für den Polizeipräsidenten auf: Bauernopfer.

Beuth betonte erneut, von den Drohmails an die Linken-Abgeordnete Janine Wissler „und einer weiteren Person des öffentlichen Lebens über die heute berichtet wird“ erst vergangenen Mittwoch erfahren zu haben, kurz bevor die Informationen auch in den Medien auftauchten. An diesem Mittwoch habe ihn Münch erstmals über den Sachverhalt informiert. Dabei habe ihm dieser mitgeteilt, selbst erst am Dienstag, dem 7. Juli, von den Abfragen in den Polizeisystemen in Kenntnis gesetzt worden zu sein. Am vorangegangenen Montag sei dem Polizeipräsidium erstmals davon berichtet worden, schilderte Beuth Münchs Aussage ihm gegenüber. In einer dienstlichen Erklärung am vergangenen Freitag habe der Landespolizeipräsident dies erneut so dargelegt.

„Am Montag hat Landespolizeipräsident Münch mir jedoch berichtet, dass ihm laut eines Protokolls bereits im März in dem Sachzusammenhang in einer Videokonferenz berichtet worden sei“, führte Beuth Udo Münchs Erklärungsversuch zu der aktuellen Situation aus. Münch soll dabei gegenüber Beuth angegeben haben, weder das Protokoll noch den Sachverhalt selbst bewusst wahrgenommen zu haben, somit sei die nötige weitere Information der Hausspitze unterblieben. Er sei sich mit dem Landespolizeipräsidenten jedoch einig, dass eine „derart herausragende Information sowohl für die Ermittlung als auch für die politische Bewertung dieser Drohung unmittelbar hätte erfolgen müssen.“ Mit seiner Entscheidung zum Rücktritt wolle Münch das Vertrauen in die hessische Polizei erhalten, erklärte Beuth.

Vom CDU-Fraktionsvorsitzenden im Hessischen Landtag Alexander Bauer erhielt Münch Lob für seine Rücktrittsentscheidung, der diese als „ehrenhaft“ bezeichnete. Damit übernehme er die persönliche Verantwortung für Versäumnisse im Zusammenhang mit der Weitergabe von Informationen bei den Ermittlungen zu den Bedrohungen des selbsternannten „NSU 2.0“.

Die Frage nach der Ermittlungshoheit

Am Mittwochnachmittag bestätigte das Innenministerium zudem, dass im März 2019 Daten einer weiteren Person des öffentlichen Lebens von einem Polizeirechner auf einem Wiesbadener Polizeirevier abgefragt wurden. Bislang habe nicht geklärt werden können, welcher dienstliche Anlass der Systemabfrage zugrunde lag und wer für die Abfrage verantwortlich gewesen sei. „Der Beamte, unter dessen Kennung die Abfrage erfolgte, wird seitens der zuständigen Staatsanwaltschaft als Zeuge in dem Verfahren geführt“, so ein Sprecher des Innenministeriums. Innenminister Beuth bezeichnete den möglichen Zusammenhang zwischen dem weiteren Bedrohungsfall und der Datenabfrage in den polizeilichen Systemen als „ungeheuerlich“. Für die Ermittlungen der Drohbriefe habe er daher den polizeilichen Sonderermittler beauftragt, die Ermittlungen zu übernehmen und „mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln voranzutreiben.“

Diesbezüglich meldete sich die hessische Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) ebenfalls am Mittwochnachmittag in einem Schreiben zu Wort. Das Hessische Ministerium der Justiz sei durch die regelmäßige schriftliche Berichterstattung auch anlassbezogen über den Verfahrensstand unterrichtet worden, wobei sie die Ermittlungsarbeit der Staatsanwaltschaft betonte. „Aus Sicht der Staatsanwaltschaft liegt die Leitung in diesem Ermittlungskomplex auch nach Einsetzung eines ,Sonderermittlers' durch den Hessischen Minister des Innern und für Sport ausschließlich bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main“, heißt es in der Mitteilung.

Entgegen anderslautender Medienberichte und öffentlicher Äußerungen habe man die Ermittlungen seit August 2018 unter Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden und kriminalistisch sinnvollen Ermittlungsmöglichkeiten ohne Unterlass geführt. Neuen Erkenntnissen aus den Ermittlungen sowie neuen Drohschreiben habe man „unverzüglich durch entsprechende weitere Ermittlungsmaßnahmen Rechnung getragen.“ So habe die Staatsanwaltschaft Auskünfte über Interpol und Gutachten von polizeilichen Fachabteilungen eingeholt und sich mit wegen ähnlicher Drohschreiben ermittelnder Staatsanwaltschaften ausgetauscht.
 
14. Juli 2020, 21.34 Uhr
Johanna Wendel
 
Johanna Wendel
Jahrgang 1993, Technikjournalismus-Studium an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, seit Januar 2019 beim Journal Frankfurt. – Mehr von Johanna Wendel >>
 
 
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