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Foto: Frankfurt für Frauenrechte/Facebook
Foto: Frankfurt für Frauenrechte/Facebook

Abschaffung des §219a

Das Recht auf Selbstbestimmung

Paragraph 219a regelt das Verbot von Werbung für Schwangerschaftsabbrüche – und verdeutlicht, dass Frauen noch immer das Recht auf Selbstbestimmung abgesprochen wird. Am Samstag wird es daher bundesweit Demonstrationen gegen §219a geben.
Im Jahr 2019, so sollte man meinen, können Frauen frei über ihren Körper und vor allem über ihren Uterus bestimmen. Dass dem nicht so ist, wurde einmal mehr deutlich, als der US-amerikanische Präsident Donald Trump im Mai des vergangenen Jahres ein Dekret unterschrieb, das Einrichtungen, die Frauen zu Abtreibungen beraten, die Fördergelder entzog – umringt von einer Gruppe Männer. Das Foto des Präsidenten, der in Anwesenheit eines rein männlichen Teams über das Schicksal tausender Frauen entschied, ging um die Welt. Doch wehe dem, der sich nun über einen typischen Trump amüsiert – in Deutschland sieht es nicht viel besser aus.

Der Paragraph 219a regelt den Umgang mit „Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“. Einer breiteren Öffentlichkeit wurde der §219a erstmals bekannt, als die Ärztin Kristina Hänel Ende 2017 zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt wurde, weil sie Informationen über Abtreibungen bereitgestellt hatte. Die Begründung des Gerichts lautete damals, dass der Gesetzgeber nicht möchte, dass in der Öffentlichkeit über Schwangerschaftsabbrüche diskutiert werde, „als sei es eine normale Sache“. §219a stützt diese Entscheidung, denn darin heißt es wörtlich:

Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) seines Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise

1. eigene oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung eines Schwangerschaftsabbruchs oder
2. Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die zum Abbruch der Schwangerschaft geeignet sind, unter Hinweis auf diese Eignung

anbietet, ankündigt, anpreist oder Erklärungen solchen Inhalts bekanntgibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.


Liest man diesen Text und lauscht man den Diskussionen, die darum bereits seit Jahren brennen, könnte man meinen, dass Ärzte munter Werbung für Abtreibung machen, weil sich damit so gut Geld verdienen lässt. Und dass Frauen ebenso munter Abbruch nach Abbruch vornehmen lassen, weil es ja keine große Sache ist. Zumindest die CDU scheint das so zu sehen. Die wehrt sich vehement gegen eine Abschaffung des Paragraphen und konnte sich damit im Dezember 2018 auch gegenüber der SPD durchsetzen. Die war, ebenso wie Grüne, Linke und FDP, eigentlich für eine Abschaffung beziehungsweise eine grundlegende Anpassung des umstrittenen §219a. Denn die vage Formulierung des Paragraphen bietet zu viel Interpretationsspielraum und sorgt damit für Unsicherheit sowohl bei Ärzten als auch bei Patientinnen. Der Kompromiss, auf den sich die SPD letztendlich einließ, kann nur als faul bezeichnet werden. §219a bleibt komplett bestehen, es werden lediglich flankierende Beratungsmaßnahmen eingeführt.

Vielleicht sollte an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen werden, dass eine Abtreibung keine Sache ist, die man mal schnell nebenbei erledigt, als Spaziergang zwischen Fitnessstudio und Pediküre, wie Abtreibungsgegner oftmals zu glauben scheinen. Ein Schwangerschaftsabbruch ist psychisch und physisch gesehen die vermutlich herausforderndste Entscheidung, der sich eine Frau überhaupt stellen kann. Keine Frau lässt einen solchen Eingriff leichtfertig vornehmen, aber jede Frau hat ein Recht auf eine fundierte medizinische Beratung. Doch solange der Paragraph 219a in seiner jetzigen Form bestehen bleibt, wird die Informationsbeschaffung mit etwas Schamhaften verbunden bleiben. Wenn schon die Bereitstellung von Informationen als strafbar gilt – wie soll eine Frau sich dann vertrauensvoll an einen Arzt wenden können?

Ein Schwangerschaftsabbruch soll nicht als „normale Sache“ gelten, doch es sollte normal sein, eine ärztliche Beratung zu erhalten, ohne sich schuldig und kriminell zu fühlen. Eine überlegte, sinnvolle Entscheidung kann nur getroffen werden, wenn die Möglichkeit besteht, sich unabhängig und ausführlich zu informieren. Und das Recht auf Information geht einher mit dem Recht auf Selbstbestimmung. Der §219a verhindert nicht, dass willkürlich Abtreibungen vorgenommen werden, er zeigt stattdessen nur eines: In unserer Gesellschaft wird Frauen noch immer die Fähigkeit abgesprochen, selbst über ihren Körper und ihr Leben entscheiden zu können.

Am Samstag, 26.01.2019, wird es bundesweit Demonstrationen gegen §219a geben. In Frankfurt ist für 13 Uhr ein Flashmob vor der Paulskirche geplant.

 
25. Januar 2019, 12.17 Uhr
Ronja Merkel
 
Ronja Merkel
Jahrgang 1989, Kunsthistorikerin, von Mai 2014 bis Oktober 2015 leitende Kunstredakteurin des JOURNAL FRANKFURT, von September 2018 bis Juni 2021 Chefredakteurin. – Mehr von Ronja Merkel >>
 
 
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