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Foto: red
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Video zeigt Vorfall

Hitlergruß an der Goethe-Universität?

Gegen einen Fachschaftsvertreter der Goethe-Universität werden schwere Vorwürfe erhoben: Er soll bei einer Orientierungsveranstaltung den Hitlergruß gezeigt haben. In den sozialen Medien tauchte ein Video des Vorfalls auf.
Ein junger Mann steht erhöht in der U-Bahn-Station Dom/Römer in der Frankfurter Altstadt. Umgeben ist er von einer größeren Gruppe junger Menschen. Plötzlich legt der junge Mann die linke Hand an die Lippe und erhebt den rechten Arm mit gestreckter Hand. Eine Geste, welche die Anwesenden zum Schweigen auffordern soll? Für die Anwesenden scheint eine andere Interpretation naheliegender zu sein: Der Mann, so scheint es, zeigt den Hitlergruß, samt Imitation des typischen „Hitlerbärtchens“. Auf dem Video, das aktuell bei Facebook kursiert, ist ungläubiges Gelächter zu hören, ein Kameraschwenk zeigt erstaunt belustigte Gesichter: Der traut sich was – ein Tabubruch. Die Anwesenden intervenieren nicht, sie protestieren auch nicht – sie jubeln.

Das Video hat die Fachschaft Gesellschaftswissenschaften der Goethe-Universität auf Facebook geteilt, dazu unter anderem die Information, es handle sich um einen Mentor bei einer Lehramtsorientierungsveranstaltung für Erstsemester. Für die Fachschaft Gesellschaftswissenschaften ist der Fall klar: Der junge Mann zeigt den Hitlergruß. Dass es sich um eine Orientierungsveranstaltung der Lehramtserstsemester handelt, geht aus dem Video hervor. Ob der junge Mann ein Mentor der Fachschaft ist, kann nur vermutet werden. Dass er an erhöhter Position steht und ungehindert zu den Anwesenden spricht, sind Indizien dafür, dass er eine offizielle Funktion bei der Veranstaltung innehat. Die Fachschaftenkonferenz (FSK), das universitätsweite Gremium der studentischen Fachbereichsvertretungen, hat das Thema auf ihre Tagesordnung gesetzt. In einem Schreiben an die FSK, das dem JOURNAL FRANKFURT vorliegt, findet die Lehramtsfachschaft „L-Netz“ deutliche Worte: Es handle sich um eine aus dem Zusammenhang gerissene Geste. Das „L-Netz“ droht der Fachschaft Gesellschaftswissenschaften mit rechtlichen Konsequenzen für die Aussage, es handle sich um einen Hitlergruß. Man sei nicht bereit, im Rahmen der FSK über das Thema zu reden, positioniere sich jedoch klar gegen rechts.

Olaf Kaltenborn, Sprecher der Goethe-Universität, teilte auf Anfrage mit, die beschuldigte Person habe mittlerweile strafrechtliche Schritte eingeleitet, ein Sprecher des „L-Netzes“ habe sich „von diesem Facebook-Post“ distanziert. „Das Präsidium der Goethe-Universität ruft die beteiligten Gruppierungen und Personen nachdrücklich zur Mäßigung und Klärung dieser Vorgänge auf und erwartet von den beteiligten Mitgliedern der Universität die Achtung des universitären Leitbilds.“ Inwiefern eine Distanzierung von dem Facebook-Post zur Aufklärung der Geste beiträgt, wurde nicht verlautbart. Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) wollte sich zu dem Thema noch nicht äußern. Es solle die FSK-Sitzung am heutigen Mittwoch abgewartet werden. „Ich halte die Geste für ziemlich eindeutig“, sagt dagegen ein Vertreter der FSK, dies sei auch an der Reaktion der Teilnehmenden ersichtlich. Die FSK wolle dennoch einen Gesprächsraum eröffnen und offen über das Thema diskutieren, niemand solle angeklagt werden. Aus diesem Grund sei das Thema auf die Tagesordnung der ohnehin stattfindenden Sitzung gesetzt worden.

Ist es möglich, dass ein angehender Lehrer so unbedarft ist, dass er unbeabsichtigt diese Geste macht? Die im Video zu sehen und hörenden Studierenden scheinen die Geste jedenfalls als Hitlergruß zu deuten – ein zivilcouragiertes Auftreten der Studierenden bleibt jedoch aus. Im weiteren Verlauf des Videos ist derselbe Student noch mehrmals zu sehen, wie er die Studierenden zur Ruhe auffordert – der Geste vom Anfang bedient er sich allerdings nicht mehr. Die sogenannte „Neue Rechte“ hat in der Vergangenheit wiederholt mit Tabubrüchen und Doppeldeutigkeiten gearbeitet. Im Nachgang wurde oft mit Vehemenz geleugnet, gelogen, an Rechtstaatlichkeit und Meinungsfreiheit appelliert. In diesem Fall handelt es sich freilich nicht um eine rechte Gruppierung, aber die Reaktion auf die Geste, vor allem das Ablehnen eines klärenden Gesprächs durch das „L-Netz“ in einem übergeordneten Gremium, wirft zumindest Fragen auf. Auch für uns war das „L-Netz“ nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Bereits 2017 war das „L-Netz“ zum Politikum geworden. Im Rahmen der Orientierungswoche wurden teils sexistische und militaristisch-anmutende Praktiken des „L-Netzes“ ausgeübt. Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten die Veranstaltungen teilweise verlassen und Dritte um Hilfe gebeten. Damals hatten sich auch zwei Wissenschaftler und eine Wissenschaftlerin der Goethe-Universität schriftlich an die Studierendenvertretungen gewandt. In dem Schreiben, was JOURNAL FRANKFURT vorliegt, ist von unangenehm und aggressiv wirkenden Sprechchören rund um das IG-Farben-Haus am Campus Westend die Rede. Diese seien als extrem unangemessen empfunden worden.

In dem Video, das diese Woche aufgetaucht ist, haben sich diese Sprechchöre nun in die Frankfurter Innenstadt verlagert. Im weiteren Verlauf des Videos stimmt der junge Mann den Schlachtruf „alles außer Lehramt ist scheiße“ an. Die Menge brüllt mit, es sind begeisterte Gesichter zu sehen. Um einen Eindruck des Rhythmus zu erhalten: Den Schlachtruf kennt man abgewandelt von den Fans der Frankfurter Eintracht, diese demonstrieren damit Geschlossenheit und Stärke, eine martialische Wirkung ist durchaus beabsichtigt. Doch solche Rituale haben keinen Mehrwert für die Studierenden, ist der Sprecher der FSK überzeugt: „Niemand soll sich unwohl fühlen.“ Die heutige FSK-Sitzung wird nun hoffentlich Aufklärung des im Video zu sehenden Vorfalls bringen. Die Fachschaft Geisteswissenschaften hat den Mitschnitt mittlerweile von ihrer Facebook-Seite gelöscht. Man werde den Vorfall aber weiterhin thematisieren.

 
23. Oktober 2019, 12.13 Uhr
Nathanael Reuter
 
 
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