Newsletter
|
ePaper
|
Apps
|
Abo
|
Shop
|
Jobs
Foto: © privat
Foto: © privat

Im Gespräch mit einem Organisationspsychologen

Die Zukunft der Arbeit

In unserer aktuellen Titelstory des JOURNAL FRANKFURT geht es darum, wie sich die Arbeitswelt verändert. Mit dem Organisationspsychologen Ingmar Maurer von der Frankfurt University of Applied Sciences haben wir über die Bedeutung von Arbeit gesprochen.
JOURNAL FRANKFURT: Wie definieren Sie Arbeit?
Ingmar Maurer: Als Organisationspsychologe verstehe ich Arbeit als eine gegen Entgelt durchgeführte Erwerbstätigkeit, bei der dauerhaft körperliche und/oder geistige Kräfte eingesetzt werden, um ein bestimmtes Arbeitsergebnis zu erreichen. Dabei dient Arbeit indirekt und direkt der Erfüllung individueller Bedürfnisse.

Welche Bedeutung hat Arbeit für ein Individuum?
Zunächst sichert Erwerbsarbeit den Lebensunterhalt. Zudem ist Arbeit ein wichtiger Identitätsgeber. Viele Menschen definieren ihren sozialen Status durch ihre Berufstätigkeit. Arbeit hat eine haltgebende Funktion, sie strukturiert den Tagesablauf und prägt die Jahresplanung. Schließlich kann Arbeit eine sinnstiftende Komponente haben und der Selbstverwirklichung dienen.

Was sind die Gründe für die heutigen Veränderungen in der Arbeitswelt?
Die Arbeitswelt unterliegt rasanten Veränderungsprozessen, die häufig unter dem Begriff „Arbeit 4.0“ zusammengefasst werden. Die Gründe liegen in dem technologischen Fortschritt, einem gesellschaftlichen Wertewandel und der demografischen Entwicklung. Die voranschrei-tende Vernetzung der Welt und damit einhergehenden, wachsenden Informationsmengen führen unter anderem dazu, dass unsere Welt als zunehmend komplex wahrgenommen wird. Der „Digitale Wandel“ erhöht den weltweiten unternehmerischen Wettbewerb und die internati-onale Arbeitsteilung.

Zudem tritt eine neue Generation von Arbeitnehmern, geprägt durch neue Wertvorstellungen und Erwartungen in den Arbeitsmarkt ein. Beschäftigte fordern mehr Selbst- und Mitbestim-mung sowie Selbstverantwortlichkeit im Beruf und flexiblere Regelungen zur Vereinbarkeit von Beruflichem und Außerberuflichem. Hierzu müssen sich Unternehmen positionieren, da sie gerade für hochqualifizierte Fachkräfte ein attraktiver Arbeitgeber sein sollten.

Wie verändert sich Arbeit momentan?
Inzwischen hat mehr als jeder zweite Beschäftigte in Deutschland mit einem Computer mit Internetzugang gearbeitet. Jeder Fünfte kann mit einem mobilen Endgerät überall arbeiten. Eng damit verknüpft ist die Flexibilisierung der Arbeit hinsichtlich Raum und Zeit. Ein Drittel aller Berufstätigen arbeitet regelmäßig von zu Hause aus und schon 75 Prozent der Erwerb-stätigen abseits des festen Arbeitsplatzes gelegentlich mit ihren mobilen Geräten. Es gibt zahlreiche Formen der Arbeitszeitflexibilisierung. Bei ihr steht nicht mehr die zeitliche Präsenz, sondern das zu erbringende Arbeitsergebnis im Vordergrund. Diese zunehmende Verwi-schung der Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben kann auch eine erhebliche Belastung für den Beschäftigten darstellen.

Um an Flexibilität zu gewinnen, verändert sich auch die Zusammenarbeit in Organisationen. Klassische Arbeitsteilung wird tendenziell aufgehoben, Hierarchien werden flacher und die Arbeit vollzieht sich verstärkt in sich selbst koordinierenden Teams und Netzwerken, die be-reichsübergreifend angelegt sind. Führungskräfte sind dann nicht mehr Anweisungsgeber, sondern sie werden mehr zum Coach und Förderer ihrer Beschäftigten.

Ihre Schwerpunkte sind Coaching und Supervision. Welchen Mehrwert kann das im Rahmen der genannten Veränderungen in der Arbeitswelt liefern?
Coaching bietet als prozessorientierte Beratung die Möglichkeit, individuelle Lösungen in einer reflexiven Auseinandersetzung zu entwickeln. Die Anliegen, die sich aus der Arbeit 4.0 für ein Coaching ergeben, betreffen die Reflexion der beruflichen Rolle, die Karriereplanung, die Aus-einandersetzung mit persönlichen Werten und der eigenen beruflichen Identität, die individuelle Gestaltung der Work-Life-Balance sowie das Thema Sicherheit beziehungsweise der Umgang mit Unsicherheit. Gerade Führungskräfte vollziehen einen massiven Rollenwechsel vom Anweisungsgeber hin zu einem Berater, Förderer, Konfliktmanager und Teamentwickler. Coaching ist ein ideales Instrument zur individuellen Führungskräfteentwicklung, das zeitökonomisches und ressourcenschonendes Lernen entlang des persönlichen Führungsalltags ermöglicht.

Beschäftigten im Nonprofit-Bereich wird vom Arbeitgeber häufig Supervision bereitgestellt, um qualitätssichernd die eigene Arbeit zu reflektieren. Coaching und Supervision sind Instrumente, die ihre Wirkung auf der individuellen Ebene entfalten. Wenn Unstimmigkeiten oder Über-lastungen strukturell bedingt sind, dann fällt die Lösungssuche in das Aufgabenfeld der Organisationsentwicklung.

Werfen wir einen Blick in die Zukunft. Was denken Sie, wie sich Arbeit in den nächsten 50 Jahren verändern wird?
Angesichts der rasanten Veränderungen in der Arbeitswelt sind die Entwicklungen kaum ab-sehbar, dennoch will ich einige Tendenzen benennen: Der Nachwuchs- und Fachkräfteman-gel als eine Folge des demografischen Wandels wird Unternehmen herausfordern, sich ver-stärkt zu einem attraktiven Arbeitgeber zu entwickeln. Im Idealfall erwartet uns eine wert-schätzende Unternehmenskultur sowie Arbeitsbedingungen, die flexibel auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden abgestimmt werden. Die Bevölkerungsalterung schlägt sich auch in der Arbeitswelt nieder. Sie wird, bedingt durch die höhere Lebenserwartung, dazu führen, dass sich die Lebensarbeitszeit verlängert.

Die räumliche und zeitliche Flexibilisierung der Arbeit wird sich erheblich erweitern. Es wird zur Selbstverständlichkeit werden, in virtuellen Arbeitszusammenhängen zu stehen. Gleich-zeitig werden die Erwerbsbiografien brüchiger, die berufliche Identität wechselt häufiger und atypische Beschäftigungsverhältnisse werden üblicher. Lebenslanges Lernen wird zu einem integralen Bestandteil von Arbeit, da Qualifikationen und Erfahrungen im Zuge der kurzen Entwicklungszyklen schnell veralten.

Mittelfristig wird der technologische Fortschritt dazu führen, dass rein ausführende Arbeiten in stärkerem Maße von der Technik übernommen werden. Auch Teile der Büroorganisation, Buchhaltung, Übersetzung in andere Sprachen oder Bereiche der Fachberatung werden be-troffen sein. Unsere Arbeit wird sich auf Tätigkeitsbereiche konzentrieren, die Kreativität, In-novationsgeist, hohe fachliche Expertise und Beziehungsgestaltungskompetenzen erfordern.

Ingmar Maurer ist Professor für Beratung mit dem Schwerpunkt Coaching und Supervision in der Arbeitswelt an der Frankfurt University of Applied Sciences. Er leitet den Master-Studiengang „Beratung in der Arbeitswelt – Coaching, Supervision und Organisationsberatung“.

Mehr zum Thema finden Sie in der aktuellen Ausgabe 11/2018 im JOURNAL FRANKFURT. Für die Titelstory "So arbeitet Frankfurt morgen!" haben wir das TechQuartier besucht und stellen verschiedene Co-Working-Spaces und Start-ups vor.
 
1. November 2018, 10.36 Uhr
Helen Schindler
 
 
Fotogalerie:
{#TEMPLATE_news_einzel_GALERIE_WHILE#}
 
 
 
Mehr Nachrichten aus dem Ressort Stadtleben
Die Außenstelle der Robert-Koch-Schule in Höchst wird seit über einem Jahr renoviert. Schüler müssen deswegen ausweichen, ein Neubau könnte frühestens 2029 stehen.
Text: Florian Aupor / Foto: Robert-Koch-Schule in Frankfurt Höchst © Adobestock/sehbaer_nrw
 
 
 
 
 
 
 
Ältere Beiträge
 
 
 
 
19. April 2024
Journal Tagestipps
Pop / Rock / Jazz
  • Female Duo
    Alte Nikolaikirche am Römerberg | 19.00 Uhr
  • Luciano Biondini, Michel Godard und Lucas Niggli
    St. Bonifatius | 20.00 Uhr
  • Joya Marleen
    Brotfabrik | 20.00 Uhr
Nightlife
  • The Big Easy
    Colos-Saal | 23.30 Uhr
  • Gibson Affairs
    Gibson | 23.00 Uhr
  • King Kong Kicks
    Centralstation | 22.30 Uhr
Klassik / Oper/ Ballett
  • hr-Sinfonieorchester
    Hessischer Rundfunk | 20.00 Uhr
  • Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz
    Rheingoldhalle | 19.30 Uhr
  • Orchestra della Svizzera Italiana
    Kurhaus Wiesbaden | 20.00 Uhr
Theater / Literatur
  • Der Raub der Sabinerinnen
    Schauspiel Frankfurt | 19.30 Uhr
  • Goethe: Faust I
    Volksbühne im Großen Hirschgraben | 19.30 Uhr
  • Glück
    Kammerspiele Wiesbaden | 20.00 Uhr
Kunst
  • Bruder Moenus
    Stoltze-Museum der Frankfurter Sparkasse | 10.00 Uhr
  • 244ff. – Von Friedrich bis Ferdinand
    Schloss Bad Homburg | 10.00 Uhr
  • Denis Dailleux
    Galerie Peter Sillem | 18.00 Uhr
Kinder
  • Pop Up-Technothek – MINT zum Anfassen
    KiBi – Zentrale Kinder- und Jugendbibliothek | 15.00 Uhr
  • Prinzhexin – Wie ein Prinzessin zur Hexe wird
    Löwenhof | 15.00 Uhr
  • Die Biene Maja
    Papageno-Musiktheater am Palmengarten | 16.00 Uhr
Freie Stellen