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Gastbeitrag vom Project Shelter Team

Zurück auf der Straße

Ein Jahr lang besetzte die Gruppe Project Shelter ein Bornheimer Haus, um auf leerstehenden Wohnraum hinzuweisen. Nun mussten sie das Haus räumen. Über ihre Beweggründe und Pläne schreibt die Gruppe in einem Gastbeitrag. Diskutieren Sie mit!
Project Shelter ist wieder zurück auf der Straße. Vor genau einem Jahr besetzten wir ein leerstehendes Haus in Bornheim und konnten im Erdgeschoss ein Bistro eröffnen. Wir nutzten dieses Bistro als selbstverwalteten politischen und sozialen Ort. Nun hat der Besitzer das Ende der Zwischennutzung angekündigt, weil er die Räume selber nutzen möchte. Das Bistro war für uns - eine Gruppe aus Migranten und anderen Frankfurtern - und unsere politische Arbeit gegen Rassismus und Obdachlosigkeit auf vielfältige Weise wichtig: Wir haben unterschiedliche Veranstaltungen wie Workshops und Vorträge organisiert. Es bot einen Raum für politische Diskussionen, Vernetzung und antirassistisches Engagement, rechtliche Beratung und Sprachtandems. Wir konnten dort ehrenamtliches Engagement koordinieren, Spenden entgegennehmen und generell eine Unterstützungsstruktur für Migranten aufbauen. Wir haben gezeigt, dass wir in der Lage sind, einen Raum, der zuvor zehn Jahre leer und ungenutzt war, mit Leben zu füllen und einen sozialen Treffpunkt für alle im Stadtteil zu schaffen.

Das Bistro soll ein sicherer Ort für alle Menschen sein, egal welcher Herkunft. Dadurch ist das Bistro auch zum Ziel von Rechten geworden. Im Dezember letzten Jahres schlugen Rassisten die Scheiben des Bistros ein und besprühten es von innen mit Teerfarbe. Dieser Anschlag zeigt, welcher Gefahr Migranten sowie antirassistische Gruppen auch in Frankfurt ausgesetzt sind. Gleichzeitig wird deutlich, wie wichtig solche selbstorganisierten, politischen Räume sind - und zwar dauerhaft! Auch wenn wir das Bistro verloren haben, hegen wir keinen Groll gegen den Besitzer: Denn dass viele Menschen aus unserem Projekt ständig von der Obdachlosigkeit bedroht sind und wir als Projekt keine Räume haben - obwohl es massiven Leerstand gibt -, hat andere Gründe.

Nach der Logik des Marktes werden nur zahlungskräftige Bedürfnisse wahrgenommen. Wer kein oder wenig Geld hat, ob als Initiative oder Einzelperson, der hat auch zu den grundsätzlichsten Bedürfnissen wie (Wohn-)Raum keinen oder nur sehr schweren Zugang. Dazu kommt fehlender politischer Wille seitens der Stadtregierung(en): Eine Petition mit 8000 Unterschriften, mehrere Demonstrationen mit tausenden Teilnehmern und unzählige Gespräche in den letzten zweieinhalb Jahren haben zu nichts geführt. Wir besetzen zweimal Gebäude der stadteigenen Wohnungsbaugesellschaft ABG bzw. der Stadt selber, jedoch ließ die Stadt lieber gewaltsam die Gebäude räumen, anstatt sich mit uns auf eine Zwischennutzung als selbstverwaltetes Zentrum zu verständigen und Menschen ohne Wohnung dort schlafen zu lassen.

Die Wohnungsnot trifft nicht nur Migranten, die nach Frankfurt kommen und dann ohne Unterstützung von Staat und Stadt in die Obdachlosigkeit gedrängt werden, denen rassistische Gesetze permanent das Leben schwer machen - denn ohne Meldeadresse dürfen sie keinen Job annehmen, ohne Job können sie keine Wohnung mieten. Über 50 Prozent der Frankfurter hätten mittlerweile Anspruch auf eine Sozialwohnung, aber die Anzahl der Sozialwohnungen sinkt stetig. Darauf weist die Kampagne „Eine Stadt für alle! - Wem gehört die ABG?“ seit Jahren hin. Überall in Frankfurt werden Menschen aus ihren Vierteln gedrängt - weil Sanierungen und Neubauten lukrativer sind. Gleichzeitig gibt es immer noch massenhaft Leerstand in Frankfurt, allein an Büroflächen über eine Million Quadratmeter.

Um uns gegen diese Dynamiken zu wehren, haben wir jetzt schon zum vierten Mal leerstehende Häuser in Frankfurt besetzt. So auch, als klar wurde, dass wir das Bistro verlassen müssen: Wir haben schlicht und ergreifend das nächstgelegene leerstehende Gebäude besetzt. Wir mussten keine 30 Meter gehen. Mit dieser Aktion wollten wir erneut zeigen: Es gibt Leerstand in Frankfurt. Und wir wollen ihn nutzen. Wir kämpfen weiter für ein selbstverwaltetes Zentrum, in dem Schlafmöglichkeiten, Beratung und politische Arbeit bei aktiver Einbindung in die Nachbarschaft möglich ist.

Hausbesetzungen sind für uns ein wichtiges politisches Mittel, zum einen um die Stadtpolitik unter Druck zu setzen, zum anderen auch um direkten Widerstand gegen ein ungerechtes System zu praktizieren. In diesem System wird durch Spekulationsgewinne belohnt, Häuser leer stehen zu lassen, während Menschen, die auf diesen Platz angewiesen sind, im Winter in der Kälte oder U-Bahnhöfen schutzlos schlafen müssen. Durch Hausbesetzungen eignen wir uns Räume an, die verschlossen sind und zeigen eine praktische Alternative auf, wie Gebäude genutzt werden können, anstatt sie Leerstand und Verfall preiszugeben.

Projekt Shelter war immer gut darin, kreative Lösungen zu finden. Wir haben es in den letzten zwei Jahren geschafft, ein soziales Netz von Unterstützern aufzubauen, die in ihren Wohnungen wohnungslose Migranten aufgenommen haben und ihnen zumindest kurzzeitig das Leben auf der Straße erspart haben. Diese Probleme brauchen aber eine politische Lösung. Dafür kämpfen wir und viele andere Gruppen und Initiativen. Eine solidarische Alternative zu den bestehenden Verhältnissen ist möglich, wenn wir gemeinsam, überall und auf den unterschiedlichsten Wegen für eine Stadt und Gesellschaft für Alle kämpfen.

Dies ist ein Gastbeitrag der Gruppe Project Shelter und spiegelt nicht die Meinung der Redaktion wider.
 
21. Juli 2017, 11.00 Uhr
Project Shelter Team
 
 
Fotogalerie:
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