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Foto: Harald Schröder
Foto: Harald Schröder

Grüne Lunge

Gemüsegarten statt Beton

Auf dem Areal nördlich des Günthersburgparks, wo demnächst ein Neubaugebiet entstehen soll, hat eine Initiative ihr Konzept für eine Nutzung als naturnahe Anbaufläche für Nahrungsmittel vorgestellt. Am Nachmittag wurde mit einer Menschenkette für den Erhalt der Grünen Lunge demonstriert.
Ein schmaler Pfad führt ins grüne Glück. Vorbei an verwilderten, zugemüllten Schrebergärten, durch Wind und Regen. „Nur die Harten kommen in den Garten“, sagt ein Sprichwort, am Freitag, den 27. September, trifft das auf jeden Fall zu – es regnet in Strömen. Die Initiative GemüseheldInnen hat zu einem Pressetermin geladen. Es geht um die Errichtung eines Permakulturgartens in der „Grünen Lunge“, ein Kleingartenareal nördlich des Günthersburgparks. Wenn es nach der Stadt geht, sollen hier in ein paar Jahren 1500 Wohnungen stehen. In der Bevölkerung sind die Pläne nicht unumstritten, denn durch die Baumaßnahme wird eine Verschlechterung des Stadtklimas befürchtet. Seitdem die Pläne bekannt sind, wurden viele Kleingärten verlassen und liegen nun brach, teilweise zogen Obdachlose ein. Andere Schrebergärten werden von ihren Besitzerinnen und Besitzern weiterhin liebevoll gepflegt: gemähter Rasen, ordentliche Beete, die Gartenhütte gut gepflegt – ein privater Freiraum in Innenstadtnähe.

Irgendwann endet auch der schlammigste Pfad und zwischen den Zäunen und Gebüschen öffnet sich ein Garten. Alte Salat- und Gemüsesorten werden hier angebaut, „die alten Sorten verbrauchen deutlich weniger Wasser als neuere Sorten“, erläutert die Botanikerin Chris Kircher von den GemüseheldInnen. Im März 2019 zogen zwei Aktivistinnen in einen der brachliegenden Gärten ein. Nach dem Dürresommer 2018 wollten sie etwas gegen den Klimawandel tun: praktisch und vor Ort in Frankfurt sollte es sein. Der Gemüseanbau in Städten sei dazu ein gutes Betätigungsfeld, sagt Laura Setzer von den GemüseheldInnen. Emissionen für den Transport aus allen Teilen der Welt in den Supermarkt vor Ort könnten so eingespart werden. Außerdem könnten der Flächenverbrauch und die Auswirkungen der konventionellen Landwirtschaft verringert werden. Durch Workshops und Führungen stießen immer neue Menschen zur Initiative und gärtnerten mit. Der Einstieg ist denkbar einfach, die Initiative steht jeder und jedem offen. Nach einer kurzen Einführung durch die Aktivistinnen und Aktivisten darf sofort losgegärtnert werden. Dabei gibt es eine zentrale Regel: alle dürfen miternten. Mittlerweile werden sechs Gärten von der Initiative bewirtschaftet. Sie tragen Namen wie „Wiesengarten“, „Apfelbaumgarten“ oder „Grüne-Soße-Garten“. Geht es nach der Initiative soll bald auf dem gesamten Kleingartenareal ein Permakulturgarten entstehen. Das Konzept der Permakultur wurde in den 1970er Jahren entwickelt und freut sich vor allem in den letzten Jahren wachsender Beliebtheit. Es geht darum, die vorhandene Fläche unter ökologischen Gesichtspunkten optimal zu nutzen und dabei der Natur Raum zu lassen, sich zu entfalten. „Permakultur ermöglicht uns, mit den vielen alten Bäumen zu arbeiten“, erläutert Chris Kircher von der Initiative. Die studierte Biologin geht auf dem Areal von vielen hundert Pflanzenarten aus, die in einen Permakulturgarten integriert werden könnten. Darüber hinaus seien 46 Vogelarten gezählt worden. Eine genaue Erfassung der Flora und Fauna auf dem Gelände soll bald erfolgen. An dem Permakulturgarten möchten sich neben den GemüseheldInnen auch andere beteiligen: Aktivistinnen und Aktivisten der Fridays for Future-Bewegung sind an den Plänen ebenso beteiligt, wie die Gruppen Extinction Rebellion und Transition Town. Ein Fachbereich der University of Applied Sciences unterhält Gartenateliers auf dem Gelände, die in den Garten integriert werden sollen. Wichtiges Element der Permakulturgärten sind sogenannte Naturinseln: Flächen, die dauerhaft nicht bewirtschaftet werden, etwa um Baumhöhlen herum. In den bereits von der Initiative genutzten Gärten gibt es bereits offene Bereiche, etwa eine Naturwiese und eine „Chill-out-Area“ für Vögel. „Es ist uns wichtig, die Naturinseln von Anfang an miteinzuplanen“, sagt Chris Kircher. Um das Areal vor Lärm und Schmutz von der Friedberger Landstraße zu schützen, soll ein essbarer Wald entstehen. So ein Wald habe sieben Vegetationsebenen, die jeweils Nahrungsmittel lieferten, erläutert Aktivistin Juliane Ranck. Auch einige Wohngebäude sieht der Plan der Aktivistinnen und Aktivisten für das Areal vor. Sie können direkt an der Friedberger Landstraße und im südlichen Bereich des Areals entstehen. Auf Flächen, die ohnehin schon versiegelt sind, niedrig und in ökologischer Bauweise, um die von der Wetterau kommende Frischluftschneise offen zu halten. „Die Grüne Lunge ist zu wertvoll für Beton“, konstatiert Chris Kircher. Die Stadt Paris plane um ihre Grüninseln herum, das gleiche wünsche sie sich auch für Frankfurt. Planungsdezernent Mike Josef (SPD) sei kürzlich in der französischen Hauptstadt gewesen. Vielleicht ändere sich ja etwas.
Ortsvorsteherin Karin Guder (Bündnis 90/Die Grünen) zeigt sich interessiert an der Initiative, sie sei jedoch für eine Wohnbebauung, sagt sie offen. „Es ist nicht nur negativ, was hier passiert“, meint sie. Sie verweist darauf, dass von den 1500 geplanten Wohneinheiten 15 Prozent für genossenschaftliches Bauen und 30 Prozent für geförderten Wohnungsbau vorgesehen seien. Auch sollten einige Grünflächen offen bleiben. Der Abenteuerspielplatz werde nach aktuellem Planungsstand ebenso erhalten bleiben, wie der Eichenwald am Wasserpark. „Ein paar offene Inseln reichen nicht. Die Natur lässt sich nicht resimulieren“, widerspricht Aktivist Georg Heunoske, es brauche viele Jahrzehnte, um das wiederherzustellen, was auf dem 16 Hektar großen Gartenareal in den letzten hundert Jahren gewachsen sei. Auf die Befürchtungen, durch die Flächenversiegelungen und die hohe Bebauung, die die nächtlichen Winde aus der Wetterau abhielten, würde sich das Stadtklima erwärmen, verweist sie auf das Klimagutachten der Stadt. Peter Beckmann, von der Bürgerinitiative Grüne Lunge, bleibt skeptisch. „Die Nullvariante ist in dem Gutachten gar nicht berücksichtigt worden“, merkt er an. Die Aussagekraft des öffentlich einsehbaren Gutachtens sei daher gering. Die Aktivistinnen und Aktivisten hoffen, dass sich der Bau der „Günthersburghöfe“ noch verhindern lässt. Derzeit gibt es im Internet eine Petition für den „Permakulturgarten Frankfurt 2025“. Am Montagmittag hatte sie über 5 500 Unterstützer.

Menschenkette für den Erhalt der Grünen Lunge

Die Fridays for Future-Bewegung organisierte am vergangenen Freitag eine Demonstration zum Erhalt der Grünen Lunge, diese war Teil der Aktionswoche „Week for Climate“. Los ging es vom Merianplatz zum Günthersburgpark, wo eine Menschenkette rund um das Areal der Günen Lunge gebildet wurde. Die Bewegung fordert, den Leerstand in der Stadt konsequent zum Wohnen zu nutzen und von einer Bebauung des Areals abzusehen. Es wird befürchtet, dass eine Versiegelung der Fläche die Temperaturen in der Stadt weiter nach oben treibt. An den Aktionen beteiligten sich zwischen 2500 und 3000 Menschen.
 
30. September 2019, 13.48 Uhr
Nathanael Reuter
 
 
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