Partner
dk auf Tour – Rachel Unthank & The Winterset und ihr erstes Mal
Kurzfristig sah die Wetterlage – wie schon im Frühjahr – eher danach aus, als könne das Konzert von Rachel Unthank & The Winterset wieder verschoben oder gar abgesagt werden. Aber dann kam es gestern doch zu einem überraschenden Wintereinbruch in der Brotfabrik, für den sich aber alle, die nach Hausen gekommen waren, erwärmen konnten.
Schon bei ihrem ersten Auftritt als Band in Deutschland machten sich die jungen Damen aus Northumberland die Mühe, ein paar Brocken Deutschen in die Ansagen zu streuen. Das kommt immer gut an, besonders dann, wenn es nicht abgefuckt professionell wie bei Amis wirkt, sondern wirklichem Interesse entspringt. Und der Lust an der Kommunikation. Und dafür haben sich die Unthanks, Rachel (Gesang, Cello) und Schwester Becky (Gesang), die richtige Musik ausgesucht: Folk. Und den (er)lebten sie von klein an in der eigenen Familie, der ist in Fleisch und Blut übergegangen, wird aber nicht traditionell gepflegt und wiedergekäut wie das viele viele Kollegen auf der Insel (und anderswo) sicher gerne tun. Sie finden – wenn auch mal das eine oder andere Traditional aus der eigenen, nordostenglischen Region oder aus Schottland, Irland (wunderbar a cappella vorgetragen von Fiddle- und Akkordeonspielerin Niopha Keegan) oder gar den Shetlands (gesungen in einer altnordischen Sprache, dem Dialekt Norn).
Rau wie die Regionen, die viele der Songs inspiriert haben, wirkt auch Unthanks Musik mitunter. Obwohl die Stimmen, ob solo, Duo oder im Satz, fast engelsgleich darüber liegen. Es ist kein Folklorekitsch, wirkt – selbst bei voller Instrumentierung, eher minimalistisch. Gerade Stef Conner, die– eher ein fragiles blondes Wesen – auf den ersten Blick so gar nicht in die Optik von Winterset passte, setze die ersten Akzente am Flügel. Viel Dynamik mit wenig Tönen, auch mal die oder andere Dissonanz, Arbeit im Flügel (angezupfte Saiten, die dann wie Cembalo oder Harfe klangen) – irgendwie verpasste die Pianistin dem Sound einen klassisch-kammermusikalische bis avantgardistisch neutönerische Anstrich. In Nuancen wohlgemerkt. In dieses Konzept zwischen Shanty und Kunstlied passte natürlich bestens ihre Interpretation des Robert Wyatt Klassikers „Sea Song“, Becky Solo-Paradestück, in dem sie mit ihrem im Vergleich zur großen Schwester leicht kehligeren Gesang glänzen konnte. Einen weiteren Solospot bekam sie noch. Eigentlich sollte sie auf dem letzten Album Schlagzeug spielen, nicht wirklich ihr Ding. Also schlug sie vor, doch ihre Schuhe perkussiv einzusetzen. „Also führten wir ein neues Instrument in den englischen Folk ein: meine High Heels...“ Die wurden dann, wie an einer anderen Stelle ein furioser Norththumbrian Clog Dance bei einer Einlage, die selbst irische Steptänzer neidisch werden lassen, mit Mikros verstärkt. Ein toller Effekt.
Wer das Quartett in der Brotfabrik verpasst, bekommt am 26.11. noch eine Gelegenheit, sie in Frankfurt zu sehen. Im Mousonturm, wenn sie den wunderbaren Ben Folds (siehe auch Musikfeature in der noch aktuellen JOURNAL FRANKFURT-Ausgabe) supporten.
Foto: Detlef Kinsler
18. November 2008, 11.59 Uhr
Detlef Kinsler
Mehr Nachrichten aus dem Ressort Kultur
Historisches Museum Frankfurt
Zeitgenössische Kunst von Wanda Pratschke
Im Lichthof des Historischen Museums Frankfurt werden anlässlich ihres 85. Geburtstags Positionen zeitgenössischer Kunst von Wanda Pratschke präsentiert. Im Mittelpunkt steht die Bronze namens „Traum“.
Text: Sina Claßen / Foto: Historisches Museum Frankfurt © Stadt Frankfurt LUMEN
KulturMeistgelesen
- Nacht der MuseenFrankfurts kulturelle Stern(en)stunde
- Martin SonntagCaricatura – Das „Kanzleramt“ der Komischen Kunst
- Frankfurter KinosLichter Filmfest nimmt Krisen in den Blick
- Frankfurt liest ein BuchVeranstaltungen im Rahmen des 15. Frankfurter Lesefestivals
- Konzert der WocheTamara Qaddoumi im Hafen 2
20. April 2024
Journal Tagestipps
Freie Stellen