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Tiere und Tokio Hotel

Eigentlich sind Kinder ja ganz lustig.
Normalerweise geht das mit dem Kinderkriegen so: Man entscheidet sich dafür, hat Sex, und manchmal klappt’s. Manchmal klappt’s auch, wenn man sich nicht dafür entschieden hat. Ganz selten auch ohne den entsprechenden Sex. Aber das ist eine andere Geschichte. Bei mir war es folgendermaßen: Ich wollte eine Frau (eine ganz bestimmte, meine ich) und bekam ihr Kind im schulfähigen Alter gleich mitgeliefert, teilweise jedenfalls. Manchmal komme ich mir vor wie Peter Weck in „Ich heirate eine Familie“. Das ist nicht das Schlimmste, was einem passieren kann. Früher konnte ich mit Kindern nie etwas anfangen. Das lag hauptsächlich daran, dass Kinder mit mir nichts anfangen können. Meistens fangen sie an zu weinen, wenn sie mich sehen. Zumindest ist so eine Familienaneignung ein einschneidendes Ereignis.

Das Kind ist relativ lustig. Es macht nie das, was man von ihm erwartet. Kürzlich hat-te ich ein paar Tage Zwangs-Betreuungsdienst. Zuvor hatte ich mir eine DVD-Box mit 32 Folgen „Bezaubernde Jeannie“ gekauft. Total uncool, dachte ich, für ein Mädchen, das die Hüften lasziver schüttelt als Shakira und Chris-tina Aguilera zusammen und das sich täglich 8 Bravo-Fotoromane in den Kopf haut, in denen sich durchgeknallte männliche Teenies so schminken wie der noch durchgeknalltere Ostdeutschen-Teenie-Depp Bill von Tokio Hotel, nur damit sie irgendeine bauchnabelgepiercte Äppelschlampe küssen dürfen. Aber weit gefehlt – seitdem laufen sämtliche 32 Folgen von „Bezaubernde Jeannie“ in einer Dauerwiederholungsschleife, und die Mutter steht kurz vor dem Nervenzusammenbruch, weil sie die Titelmelodie nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Ich hingegen habe seit dem Kinderwerb einen guten Grund, meine ???-Kassettensammlung ohne Peinlichkeitsgefühl von hinten bis vorne durchnudeln zu können.

Kinder eröffnen einem bis dahin völlig fremde Welten. Fast möchte ich von Grenzerfahrungen sprechen. Dazu zählt auch die Schulwelt. Das Kind ist auf einer anthroposophischen Privatschule, jener, von der behauptet wird, die Schüler würden dort lernen, ihre Namen zu tanzen. Ich weiß nicht, ob das stimmt. Neulich war ich auf dem Schulfest. Dort liefen Eltern vor sich hinsingend durch die Gegend. Die Schulklassen sind nach Vogelarten benannt und jeder muss ein Instrument beherrschen, während die koräkte Rechtschraibung eher uninderesand ißt. Aber ansonsten scheint mir das alles recht unbedenklich.

Auch meine Kenntnisse über die Tierwelt haben sich in letzter Zeit erweitert. Ich weiß nun sehr viel über Kopfläuse, glücklicherweise nicht aus eigener Erfahrung, aber das, was ich mitbekommen habe, genügt mir völlig. Offenbar haben wir seit einiger Zeit eine Epidemie im Rhein-Main-Gebiet. Die führte dazu, dass die Eltern der anthroposophischen Privatschule eine Task Force eingerichtet haben, die die Kinder am Morgen an der Pforte empfängt und untersucht. Hin und wieder werden drastische Maßnahmen zur Eindämmung der Seuche gefordert: Haare ab, Suspendierung et cetera. Sobald das Kind der radikalen Eltern betroffen ist, wird von solchen Forderungen umgehend Abstand genommen. Wie in der Politik halt.

Um noch ein Gerücht aus der Welt zu schaffen: Meine Frisur ist nicht das Produkt eines Läusebefalls; vielmehr habe ich seit einigen Monaten eine sehr stark juckende und unappetitliche, richtig eklige Schuppenflechte, die ich mit Olivenöl aus der Toscana behandele. Das wäre eine Möglichkeit. Vielleicht gefällt’s mir auch einfach nur oder ich möchte nicht jedes Mal einen Hitlerscheitel haben, wenn ich den Motorradhelm absetze. Mit Kindern hat das jedenfalls nichts zu tun.

Erschienen in der Print-Ausgabe vom 23.1.2007 des Journal Frankfurt. Fotos: Harald Schröder
 
30. September 2008, 11.54 Uhr
Christoph Schröder
 
 
Fotogalerie:
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