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So viele junge Talente

Das jüngste Talent ist die Tochter von HfG-Präsident Bernd Kracke. Sie ist eineinhalb und schenkt mir eine gelbe Blume von der Hafenwiese, während uns der Theaterregisseur Heiner Goebbels gerade übers Festivalgelände führt. "Die hier", sagt Goebbels, "waren früher als alle anderen auf dem Gelände."


Emanuel Oliveira Barata und Sebastian Muth im Einbaum

Aus einem vier Meter langen Pappelstamm hat Emanuel Oliveira Barata mit Sebastian Muth und Daniel Grimme einen Einbaum geschnitzt, eine Schweinearbeit, die über einen Monat dauerte. Die gute Nachricht ist: er schwimmt. Barata und Muth paddeln am Eröffnungsabend des Festivals junger Talente schon mal Probe, heute und morgen soll das Ding jeweils um 13 Uhr mit einigen wenigen Passagieren nach Frankfurt fahren. "So gegen halb drei werden wir am Holbeinsteg sein", hofft Barata. "Wird spannend zu sehen sein, wie die Leute dort darauf reagieren."

Die Reaktion der Leute ist überhaupt überall spannend auf der Hafeninsel, die sich kurz hinterm Strandklub zur Spielwiese gewandelt hat für Studierende der Frankfurter Musikhochschule, der Offenbacher Hochschule für Gestaltung (HfG), der Städelschule und dem Institut für Angewandte Theaterwissenschaft aus Gießen. Über 40 Projekte, Aufführungen, Installationen sind schwer zu schaffen. Aber der Besuch lohnt sich. Zum Beispiel beim Perkussionisten Michael Gambacurta, der auf die Kaiserleibrücke kleine Mikrophone klebte und damit das Autobahnteilstück zum Instrument erhob. In seinem Container kann man dem Ergebnis lauschen. "Angefangen habe ich mit Kakteen", sagt er.

Denn auch auf die Pflanzen lassen sich Mikrofone anbringen und je nach Länge der Stacheln lassen sich den wehrhaften Bedecktsamern andere Töne entlocken. Mit der Kaiserleibrücke hat Gambacurta jedoch ein weitaus mächtigeres, repetitiveres Instrument gefunden. Radio X sendet zwar einen Teil der Aufnahmen, doch der Traum für den Musiker wäre eine Livesendung im Radio. "Stellen Sie sich mal vor, man fährt mit dem Auto über die Brücke und hört sich dabei zu, welche Töne das erzeugt."

Dann rumpelt es, wir treten aus dem Container nach draußen und sehen, dass sich auf dem Dach ein Kameramann postiert hat. Er filmt die beiden Gießener Studentinnen Lea Letzel und Ivna Zic dabei, wie sie sich aus der dreckigen Hafenerde befreien.



Das sieht natürlich irgendwie lustig aus, selbst wenn wohl kurz vor der Performance jemand den Notarzt rufen wollte, als er die beiden armen Geschöpfe so eingebuddelt sah. Nach ihrer minutenlangen Selbstbefreiung hängen die beiden noch schlaue Schriften auf eine Wäscheleine, lassen eine Silvesterrakete starten und ein Moped alleine im Kreis fahren, das alles unter dem programmatischen Heiner-Müller-Zitat "In Zeiten des Verrats sind die Landschaften am schönsten", was natürlich wunderbar auf die Hafeninsel passt, einen Un-Ort, wie es selbst der Offenbacher Oberbürgermeister bei seiner Eröffnungsrede sagt.



Unten am Wasser tummelt sich die Tanzmückenkolonie von Catharina Cronenberger Golebiowska, kleine bunte Flößchen, die im Abendlicht die letzten Sonnenstrahlen einfangen. Ein Farbentanz, und dass dann noch das Wetter mitspielte war so gewiss nicht zu erwarten.

Das meiner Meinung nach Beste zum Schluss, die Container-Performance der HfG-Studenten David Sarno und Tobias Hermann. Hinter dem etwas sperrigen Titel "Wie ich lernte, den großen Moment der Erkenntnis durch ein schlichtes 'Ach so!' aufzuwerten" verbirgt sich ein Bildschirm mit darunterangebrachter Kamera, die das Bild des Containerinneren einfängt, doch dabei nur bestimmte Besucher auch zeigt. Man selbst wird unsichtbar. "Selten konnte ein Zuschauer so sehr verschwinden wir hier - und fühlte sich doch niemals so präsent", heißt es in der Projektbeschreibung. Aber selbst ein Foto kann nicht ganz das wunderbar leichte Gefühl beschreiben, nicht mehr da zu sein:



Also: hingehen!
 
20. September 2008, 10.18 Uhr
Nils Bremer
 
 
Fotogalerie:
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