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Skulpturen
Große Illusionen im Liebieghaus
Mit der Schau „Die große Illusion“ übertrifft sich das Liebieghaus selbst und setzt neue Maßstäbe in der Kunstgeschichte. Es ist die Ausstellung des Herbstes - auch weil sie mit Traditionen bricht.
„Nur weil wir uns etwas nicht vorstellen können, heißt es nicht, dass es das nicht gab.“ Mit diesem Satz spielt Stefan Roller, Kurator im Liebieghaus und Leiter der Abteilung Mittelalter, auf die unglaubliche Vielfalt von Skulpturen aller Epochen an, die jedoch viel zu häufig verkannt wird. Irgendwann im 18. Jahrhundert kam der Gedanke auf, dass Skulpturen nur noch aus einem Material gefertigt sein dürfen, die bis dahin sehr naturalistischen Figuren verschwanden nach und nach; daraus resultierend hält sich bis heute eine sehr vereinfachte und manipulierte Vorstel lung von Skulptur – auch unter sogenannten Experten.
Die mutige Ausstellung „Die große Illusion“ traut sich mit dieser akademischen Arroganz der Kunsttheorie abzurechnen und Exponate zu präsentieren, die häufig allenfalls als interessant, jedoch nicht als schön zu bezeichnen sind. Doch genau dieser Aspekt ist der springende Punkt: Losgelöst von einem klassischen Schönheitsideal, dass sich in der Renaissance bildete, ermöglicht die Schau vollkommen neue Perspektiven auf eine Kunst, die eigentlich gar nicht neu, sondern nur vergessen ist. Wer bereit ist, sich auf diese ungewöhnliche Präsentation einzulassen, kann überraschende und spannende Erkenntnisse gewinnen. Jesus-Figuren mit Perücken, Gliederpuppen der Mutter Gottes, buntbemalte Bronzestatuen, Glasaugen und Zähne aus Knochen: Uralte Traditionen werden in einen aktuellen Kontext gesetzt und lassen so ein Bild entstehen, das den Besucher Skulpturen mit ganz anderen Augen betrachten lässt.
Auch bei der Gestaltung der Räume hat sich das Liebieghaus anlässlich dieser speziellen Schau nicht lumpen lassen; die Exponate werden so edel präsentiert, wie wahrscheinlich noch nie zuvor in der Geschichte des Hauses. „Die große Illusion“ ist nicht bloß eine Ausstellung, sie ist das Ergebnis intensiver und langjähriger Forschungsarbeit, die vollkommen neue Maßstäbe setzt und weit über bisherige Erkenntnisse hinausgeht. Und sie ist ein Muss für jeden, der sich nicht an veraltete Theorien klammern möchte.
>> Die große Illusion
Ausstellung, Ffm: Liebieghaus Skulpturensammlung, Schaumainkai 71, bis 1.3., Di–Mi/Fr–So 10–18 Uhr, Do 10–21 Uhr, Eintritt: 9,–
Eine Version dieses Artikels erschien zuerst in der Printausgabe des Journal Frankfurt vom 7. Oktober 2014. Hier können Sie ein Abo abschließen.
Die mutige Ausstellung „Die große Illusion“ traut sich mit dieser akademischen Arroganz der Kunsttheorie abzurechnen und Exponate zu präsentieren, die häufig allenfalls als interessant, jedoch nicht als schön zu bezeichnen sind. Doch genau dieser Aspekt ist der springende Punkt: Losgelöst von einem klassischen Schönheitsideal, dass sich in der Renaissance bildete, ermöglicht die Schau vollkommen neue Perspektiven auf eine Kunst, die eigentlich gar nicht neu, sondern nur vergessen ist. Wer bereit ist, sich auf diese ungewöhnliche Präsentation einzulassen, kann überraschende und spannende Erkenntnisse gewinnen. Jesus-Figuren mit Perücken, Gliederpuppen der Mutter Gottes, buntbemalte Bronzestatuen, Glasaugen und Zähne aus Knochen: Uralte Traditionen werden in einen aktuellen Kontext gesetzt und lassen so ein Bild entstehen, das den Besucher Skulpturen mit ganz anderen Augen betrachten lässt.
Auch bei der Gestaltung der Räume hat sich das Liebieghaus anlässlich dieser speziellen Schau nicht lumpen lassen; die Exponate werden so edel präsentiert, wie wahrscheinlich noch nie zuvor in der Geschichte des Hauses. „Die große Illusion“ ist nicht bloß eine Ausstellung, sie ist das Ergebnis intensiver und langjähriger Forschungsarbeit, die vollkommen neue Maßstäbe setzt und weit über bisherige Erkenntnisse hinausgeht. Und sie ist ein Muss für jeden, der sich nicht an veraltete Theorien klammern möchte.
>> Die große Illusion
Ausstellung, Ffm: Liebieghaus Skulpturensammlung, Schaumainkai 71, bis 1.3., Di–Mi/Fr–So 10–18 Uhr, Do 10–21 Uhr, Eintritt: 9,–
Eine Version dieses Artikels erschien zuerst in der Printausgabe des Journal Frankfurt vom 7. Oktober 2014. Hier können Sie ein Abo abschließen.
9. Oktober 2014, 10.12 Uhr
Ronja Merkel
Ronja Merkel
Jahrgang 1989, Kunsthistorikerin, von Mai 2014 bis Oktober 2015 leitende Kunstredakteurin des JOURNAL FRANKFURT, von September 2018 bis Juni 2021 Chefredakteurin. Mehr von Ronja
Merkel >>
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