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Riskantes Risiko

wuerfel

Die Debatte um gewaltverherrlichende Spiele gibt es nicht erst seit der Egoshooter Counterstrike 1999 erschienen ist. Auch 1983 machte man sich in Deutschland schon Sorgen um die Verrohung der Jugend. Anlass war ein Brettspiel.

Krieg gibt es, seit dem es den Menschen gibt. Seit der Mensch sich mit der Kampfkunst und Strategie auseinandersetzt, gibt es auch Spiele, in denen es um Eroberung, Taktik und strategisches Denken geht. Das älteste Kriegspiel entstand zwischen dem 3. und 6. Jahrhundert: Schach. So stark vereinfacht, kann es man kaum noch als solches erkennen. Schlägt man den König und ruft „Schach Matt!“, bedeutet das eigentlich nicht weniger als „der Feind ist besiegt.“

Heute hat die Idee des Kriegsspiels eine andere Dimension angenommen. Als Ego-Shooter schießt man mit einer glänzenden 9-mm - Halbautomatik Browning SFS – Pistole seinem Feind direkt in den Kopf, in das Auge oder doch lieber in den Mund? Welche Vorlieben man dabei auch entwickeln kann, das Blut spritzt und Gehirnmasse fliegt durch die Luft. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Nach dem Amoklauf in Winnenden ist die eingeschlafene Debatte um Waffenbesitz und brutale Computer-Kriegsspiele wieder aufgeflammt geworden. Zu real seien die Shooter des 21. Jahrhunderts. Doch der Ursprung dieses Konflikts geht nicht auf den 19. Januar 1999 zurück, als Counter Strike die Welt erblickte. Die Reise geht viel weiter zurück, als die Mauer noch stand und Helmut Kohl das Land regierte – wir schreiben das Jahr 1982.

Damals hing noch nicht die halbe Jugend Deutschland vor dem Computer sondern vertrieb sich die Zeit mit Gesellschaftsspielen wie „Risiko“. Das war noch Fern jeglicher visueller Realität: Ein Brett, zwei Würfel und Spielfiguren, denen keiner Gehirnmasse aus dem Kopf läuft, wenn man sie von ihrem Füßchen stürzt. Harmloser kann es gar nicht sein.
Da war das rheinland-pfälzische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Umwelt aber anderer Meinung. Es stellte den Antrag, dass das Spiel auf die Liste der jugendgefährdenden Schriften aufgenommen werden solle.

Grund waren die in der Spielanleitung verwendeten Begriffe „erobern“ und „angreifen“, welche eine kriegsverherrlichende Wirkung hätten. Und tatsächlich: am 4. November 1982 bewilligte die Bundesprüfstelle den Antrag. Etwas mehr als ein Jahr später, wurde jedoch die Indizierung vom Verwaltungsgericht Köln wieder aufgehoben. Der Spieleverlag Parker hatte die angeblich martialischen Begriffe in „befreien und „besetzen“ abgewandelt. Die Gefahr, dass ein Risikospieler größenwahnsinnig wurde, konnte also abgewendet werden.

Die Sittenwächter gaben nicht so schnell auf und legten Berufung ein. Doch auch das Oberverwaltungsgericht Münster stimmte dem Aufhebungsurteil zu. Eine jugendgefährdende Kriegsverherrlichung sei nur gegeben, wenn ein konkreter Realitätsbezug vorhanden sei und das Spiel einen ideologischen oder politischen Hintergrund aufweise. „Risiko“ sei nur auf die strategische Seite des Konfliktes reduziert und es gäbe keine personifizierten Akteure, mit denen sich ein Jugendlicher identifizieren könne.

Trotzdem, bis zur letzten Risiko-Spielversion lauteten die Verben immer noch „befreien“ und „besetzen“. Im August 2008 war mit dieser Verharmlosung jedoch Schluss. Im neuen Risiko Deluxe darf wieder erobert und besiegt, gekämpft und vertrieben werden. Hätte das Ministerium damals gewusst, welche Kriegsverherrlichung noch auf sie zu kommen würde, hätte es sich dieses Engagement vielleicht gespart.

Foto: trdesignr/flickr/cc-by-sa
 
7. April 2009, 09.38 Uhr
Melina Kalfelis
 
 
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