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Foto: Mane Stelzer
Foto: Mane Stelzer

Neue Termine des Frauen Musik Büros

Ins Ungewisse hinein planen

Gerade in Krisenzeiten wie diesen den Musikerinnen* eine Plattform bieten, auch das möchte das Frauen Musik Büro in Frankfurt. Maria Bätzing und Mane Stelzer erzählen im Interview, was die „Melodiven“ im Moment noch planen.
JOURNAL FRANKFURT: Zu den Arbeitsbereichen des Frauen Musik Büros gehört es auch, Konzerte zu veranstalten und Workshops zu organisieren. Gerade diesbezüglich wurden Sie ja sicher, wie die ganze Szene, heftig ausgebremst. Wie haben Sie Corona und der Shutdown getroffen und wie sind Sie damit umgegangen?
Maria Bätzing: Bis jetzt hatten wir noch Glück, da wir nur wenige Konzerte und Workshops im Jahr im Programm haben: unser letztes Melodiva Club Concert mit dem Christina Schamei Quintett am 7. März konnte gerade noch stattfinden, und für das nächste geplante Konzert mit Olivia Trummer am 8. Oktober stehen die Chancen ganz gut, dass es mit kleinerer Zuschauerzahl stattfinden kann. Leider fiel der „Girls‘ Day“ im Mai aus, an dem wir uns mit dem „Jazz Girls‘ Day“ beteiligen wollten, und der bereits nach einer Woche ausgebucht war. Das Projekt wollen wir im nächsten Jahr realisieren. Unsere für Mai geplanten Workshops mussten wir in den Herbst verschieben, und auch das Konzept etwas ändern – da sind wir noch gespannt, wie das wird. Ein wichtiger Teil unserer Workshops ist eigentlich der Austausch zwischen den Teilnehmerinnen* und Dozentinnen*, klassisches Networking also – das muss dieses Jahr leider reduziert werden.

Bei den sich ständig ändernden Konditionen, zu denen dann doch Veranstaltungen wieder möglich werden sollten, war es sicher nicht einfach, zu Lösungen zu kommen. Wie haben Sie sich an die Thematik angenähert, wie wichtig war es Ihnen, wieder zu öffentlicher Präsenz zu kommen?
Bätzing: Wir haben das Glück, dass wir ja die Melodiva, unser Online-Magazin, als Plattform zur Verfügung haben und dass wir durch die institutionelle Förderung durch das Frauenreferat in unserer Existenz nicht bedroht sind. Uns war es in den letzten Monaten besonders wichtig, unsere Plattform den Musikerinnen* aus unserem Netzwerk zur Verfügung zu stellen. Wir haben also verstärkt über Musikvideos, Livestreams etc. berichtet, was bisher nicht so im Fokus stand. Und wir versuchen einerseits, die unübersichtlichen Informationen zu Fördermöglichkeiten für die Musikerinnen* zu sortieren und da auf einem aktuellen Stand zu bleiben, und andererseits in der Öffentlichkeit auf die prekäre Situation von Musiker*innen aufmerksam zu machen.
Stelzer: Wir sind ja im steten Austausch mit den Musikerinnen* aus unserem Netzwerk und haben in den letzten Monaten beobachten müssen, dass die meisten bei den vollmundig angekündigten Soforthilfeprogrammen durchs Raster gefallen sind. Es ist dramatisch, wie die ohnehin schon schlecht bezahlten Musiker*innen und Berufsgruppen in der Veranstaltungswirtschaft jetzt allein gelassen werden. Deshalb suchen wir aktuell Kulturpat*innen, die Musikerinnen* ganz unbürokratisch unterstützen wollen, in dem sie zum Beispiel ein privates Konzert oder einen Workshop buchen oder anderweitig finanziell unter die Arme greifen.

Ihre Musikworkshops im Mai mussten ausfallen. Mit welchem Nachholtermin haben Sie da gerechnet?
Bätzing: Relativ lange haben wir die Planung noch so weitergeführt, als ob die Workshops stattfinden könnten – mit der Bitte an die Teilnehmerinnen*, sich auch dann anzumelden, wenn sie Interesse haben, aber davon ausgehen, dass es nicht stattfindet. Den Sponsoren und Förderern gegenüber müssen wir ja auch belegen, dass ein Projekt geplant war und auch Interesse dafür da war. Dann gab es eine Phase der Unsicherheit – trotzdem sind wir immer davon ausgegangen, dass wir die Workshops noch innerhalb des Jahres nachholen können. Als dann über die neuen Regelungen entschieden war, haben wir so schnell wie möglich nach Ersatzterminen gesucht. Das war nicht ganz einfach, denn natürlich wollen alle jetzt ausgefallene Konzerte und Workshops nachholen, und dann sind die Terminkalender der Musikerinnen* ganz schnell voll. Was allerdings unter den Tisch fiel: Eigentlich hatten wir auch für den Herbst bereits ein bis zwei Workshops angedacht. Die wurden jetzt, da sie noch nicht so konkret geplant waren, einfach durch die verschobenen Workshops ersetzt. Das ist schade, denn wir hatten ein sehr vielfältiges Angebot geplant, das auch neue Zielgruppen ansprechen sollte. Wie das im kommenden Jahr wird, lässt sich noch gar nicht abschätzen.

Als Sie den „female music point #1 und #2“ dann neu konzipiert haben für die beiden Oktober-Wochenenden, was war alles pandemiebedingt zu beachten, in welcher Form können Sie die Termine nun anbieten und können Sie das so überhaupt kostendeckend machen oder ging es darum nicht vorrangig?
Bätzing: Eigentlich planen wir immer noch ins Ungewisse hinein. Niemand kann voraussagen, welche Regeln im Oktober tatsächlich gelten werden. Aber wir richten uns in der Planung nach den jetzt geltenden Regeln und hoffen das Beste. Eigentlich wollten wir die beiden Workshops an einem Wochenende anbieten, mit sechs Workshopgruppen, die sich in den Pausen, bei einer gemeinsamen Jam-Session und beim öffentlichen Abschlusskonzert auch austauschen und ihre Ergebnisse gegenseitig präsentieren – das setzt immer unglaubliche Energien frei, wenn so viele Musikerinnen* aus unterschiedlichen Stilrichtungen und Backgrounds zusammentreffen. Da es bei unserem Kooperationspartner Waggong (Kulturwerkstatt Germaniastraße), wo die Workshops stattfinden, nur drei große Probenräume gibt, in denen die nötigen Abstände eingehalten werden können, mussten wir sie auf zwei Wochenenden verteilen. Die Gruppen dürfen nun nicht gleichzeitig Pause machen, es gibt Plexiglaswände für die Bläserinnen*, die Gruppengröße ist begrenzt. Es ist alles etwas kleiner und privater als gedacht. Wir machen auch nur noch zwei Workshoptage, statt wie geplant drei. Die Kosten für uns verringern sich dadurch etwas, so dass wir auch in der kleineren Form kostendeckend arbeiten können. Wir sind sehr dankbar dafür, dass unsere Förder*innen, neben dem Frauenreferat unter anderem das Kulturamt Frankfurt und das Paritätische Bildungswerk, sehr kulant und flexibel auf die Situation reagiert haben.

Nach welchen Kriterien haben Sie die Workshop-Leiterinnen ausgewählt?
Bätzing: Wir versuchen immer, Dozentinnen* zu finden, die sowohl als Musikerinnen* interessant sind, als auch Erfahrung im Leiten von Workshops haben. Durch unser großes Netzwerk und unsere regelmäßigen Berichte über Konzerte und Festivals finden wir auch immer wieder interessante neue Leute. Oder über unsere eigenen Konzerte: Jacky Bastek, die den Songwriting-Workshop leitet, war 2018 bei unseren Melodiva Club Concerts zu Gast. Von so wunderbaren Musikerinnen lassen wir uns natürlich auch gerne Kolleginnen empfehlen, so sind wir auf Julia Hofer und Trish Ross gekommen. Andere Dozentinnen sind schon lange mit uns verbunden, so wie Anke Helfrich, auf die sich die langjährigen Teilnehmerinnen unserer Workshops sehr freuen.

Mit dem Melodiva Club Concert mit Olivia Trummer wagen Sie sich auch wieder an Livemusik heran. Wie wird das in Kooperation mit der Fabrik in Sachsenhausen aussehen?
Bätzing: Auch dafür haben wir einen Plan A und einen hoffentlich nur theoretischen Plan B. Mit den aktuellen Abstandsregeln können aktuell höchstens ca. 35 Zuschauer*innen in den Saal – statt wie sonst 100. Die Atmosphäre in der Fabrik ist trotzdem sehr schön, da die Leute an Tischen sitzen können, die als organische Abstandhalter fungieren und nicht jeder Stuhl allein im leeren Raum stehen muss. Die Fabrik hat inzwischen Erfahrungen mit Anmeldelisten und anderen Maßnahmen. Da es ein Solokonzert ist, haben wir auch nicht das Problem, auf der kleinen Bühne große Abstände unterzubringen. Wirtschaftlich ist das natürlich alles nicht. Auch hier haben wir ein Privileg durch unsere Förderung, aber die Fabrik als Veranstalter und die dort ansässige Gastwirtschaft haben schon ein Problem. Der HoRsT, mit dem wir auch schon kooperiert haben, musste ja bereits schließen, und das wird sicher nicht der letzte Veranstalter in Frankfurt sein. Wenn ein weiterer Lockdown kommt, hat die Fabrik angeboten, statt des Livekonzerts ein Video zu machen – aber ich denke, wir sind alle ausgehungert nach „echten“ Konzerten.

2014 haben Sie in der Batschkapp „Im 30. Jahr: das Frauen Musik Büro in Frankfurt“ gefeiert. Tatsächlich wurde der Grundstein des gemeinnützigen Vereins 1984 in Lüneburg gegründet. Die Adresse in Frankfurt besteht dagegen erst seit 1990. Grund genug noch einmal 30 Jahre FMB zu feiern? War denn da was geplant bevor Covid-19 uns in den Würgegriff nahm?
Stelzer: Wir hatten letztes Jahr ein turbulentes 35. Jahr, in dem sich unser Team neu gebildet hat und wir viele Veranstaltungen gemacht haben. Da ist unser Jubiläum etwas aus dem Blick geraten. Deshalb wollen wir unser 35-Jähriges am 28. November in der Brotfabrik nachfeiern. Geplant ist eine Podiumsdiskussion über Frauen*(förderung) in der Musikbranche, bei der wir gemeinsam mit dem Publikum und unseren Talkgästen Revue passieren lassen wollen über damals und heute: Was haben wir, was haben Musikerinnen* erreicht? Welche Strategien waren und sind erfolgreich? Wo sind nach wie vor die gläsernen Decken der Musikszene? Haben safe spaces nach wie vor ihre Berechtigung? Wie werden wir Labels wie „Frauenmusik“ und „Frauenband“ los? Welche neuen Strategien braucht es für den Musikerinnen*support 2020 und den Support von Mädchen*? Als Podiumsgäste haben wir Christina Schamei (Kölner Musikerin & Mitbegründerin Peng-Festival), Christina Schäfers (Projektleiterin Keychange & Reeperbahn Festival) und Prof. Dr. Barbara Hornberger (Hochschule Osnabrück) gewinnen können. Danach gibt es Musik von der jungen Dreampop-Band Elda und dem Jazz Sisters Quartet, einer Band, die mit uns schon lange verbunden ist.
Bätzing: Auch das Jubiläum planen wir gerade ins Blaue hinein: Die Brotfabrik, die unser Kooperationspartner für das Jubiläum ist, kann unter den aktuellen Bedingungen nicht öffnen, da sie sich normalerweise über gut besuchte Veranstaltungen wie die Clubnächte finanziert, die immer noch verboten sind. Und die Veranstaltung sollte ja eigentlich ein großes Fest werden - ob und in welcher Form das möglich ist, ist also noch unklar.

Haben Sie über die genannten Aktivitäten weitere Pläne?
Stelzer: Am 19. September sollte eigentlich der 8. Miezenabend stattfinden – die nächste female Newcomerstage, die unsere Nachwuchsredaktion von MELODITA in Kooperation mit habel elf veranstaltet. Die richtet sich vor allem an junge Nachwuchsmusikerinnen* und Bands, die noch kein abendfüllendes Programm haben. Leider ist das habel elf so klein, dass es unter den derzeitigen Abstandsregelungen kaum Publikum reinlassen könnte. Deshalb greift jetzt Plan B: wir machen eine digitale Ausgabe! Dazu rufen wir junge Musikerinnen* auf, ihre geplante Performance selbst zu filmen und uns als Video zu senden. Wir machen daraus, gespickt mit kleinen Infos zu den Bands und Ansagen von uns, einen Festivalfilm, den wir am 19.9. veröffentlichen.
Bätzing: Wir haben im Dezember noch ein Konzert in Kooperation mit der Jazz Initiative Frankfurt und der Romanfabrik geplant – wir werden sehen, wie sich die Lage bis dahin entwickelt. Und wir denken natürlich schon über 2021 nach, zum Beispiel über ein neues Konzept für unser Konzert zum Internationalen Frauen*tag. Aber es macht schon mehr Spaß etwas zu planen, wenn man davon ausgehen kann, dass es dann auch stattfindet. Mehr zu unseren Veranstaltungen gibt es auf unserer Projekte-Seite.

Stelzer: Ein Nachtrag zu den verwendeten Sternchen: Musiker*innen meinen alle; Musikerinnen* sind Frauen und LGTBQ (also Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender, um so auch non-binäre Menschen anzusprechen. Es ist etwas verwirrend, aber wir möchten niemanden ausschließen, daher die Unterscheidung.
 
27. August 2020, 16.49 Uhr
Detlef Kinsler
 
Detlef Kinsler
Weil sein Hobby schon früh zum Beruf wurde, ist Fotografieren eine weitere Leidenschaft des Journal-Frankfurt-Musikredakteurs, der außerdem regelmäßig über Frauenfußball schreibt. – Mehr von Detlef Kinsler >>
 
 
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