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Mit dem Jeep nach Afrika (Teil 35)

Kaiserstadt Gondar

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Es ist gerade 7 Uhr vorbei, als ich zum ersten Mal an diesem wunderschönen Morgen vom Vogelgezwitscher geweckt werde. Trotzdem die beiden letzten Tage voller Aufregungen und Anstrengungen gewesen sind, haben Daniel und ich tief und fest geschlafen. Daniel liest bereits im Äthiopienführer und nach einer raschen Dusche gehe ich hinaus in den Terrassengarten unseres Hotels, hoch über der Stadt Gondar. Einige Weihen und Falken umkreisen lautlos die hohen Wipfel der Palmen und Tamariskenbäume. Noch bin ich fast allein im Hotelgarten, nur ein einsamer Gärtner nickt mir ein verschlafenes „Guten Morgen" zu, während ich auf einem vorgelagerten Felsvorsprung zu filmen und fotografieren beginne. Zwei neugierige Spatzen und eine grau getigerte Katze beäugen mich aufmerksam. Die Weihen tun mir den Gefallen, über den Hügeln von Gondar zu kreisen, um meinen Filmaufnahmen etwas Bewegung zu verleihen. Jetzt nehme ich auch den Duft der frischen Jacaranda- und Hibiskusblüten wahr. Der Nebel über Gondar lichtet sich und ich schaue herab auf den noch im Schatten liegenden Palast. Nicht zu glauben, dass diese Stadt bis vor dreihundert Jahren die größte Stadt Afrikas gewesen sein soll, um die sich Jahrhunderte lange Kämpfe und Fehden rankten. Mittlerweile ist die Hotelterrasse belebter. Daniel kommt zum Frühstück. Wir überlegen, nach den gestrigen Auseinandersetzungen, nun doch nicht noch einen weiteren Tag in Gondar zu bleiben, sondern unsere Reise bereits heute zum Lake Tana und der Quelle des Blauen Nils fortzusetzen.

Als wir im Fahrzeug sitzen und von unseren luftigen 2400 m Höhe hinunter in das turbulente Treiben Gondars rollen, wird mir erst bewusst, dass wir nun ganz auf uns gestellt sind. Der Trail for Africa ist auf ein Fahrzeug zusammengeschrumpft. In meinen Gedanken ziehen die gemeinsamen Abenteuer in Tunesien, Libyen sowie der westlichen ägyptischen Wüste vorüber und ich denke an die Freunde, die ich während dieser Zeit gewonnen habe. Wie verändert war die Stimmung bereits, als ich von meinem Intermezzo in Deutschland zurückkam. Ich habe oft versucht, zu schlichten und als Parlamentär zu fungieren. Leider vergebens. Ganz besonders denke ich auch an Damaris. Sie hat wie ich kein eigenes Fahrzeug und fährt nun mit dem Rest der Gruppe weiter. Daniel ahnt, was ich denke und wir unterhalten uns noch einmal ausführlich über die gruppendynamischen Belange der letzten vier Wochen. Schlau werden wir beide nicht daraus.

Fahrt zum Tana See

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In Gondar ist Markt. Wir können die Wegweiser nicht lesen. Wo geht's nach Addis Abeba, wo nach Bahar Dar, unserem Tagesziel? Wir fahren in manche Sackgasse und finden uns zwischen Eselskarren, Marktschreiern, Bauern und Stadtvolk wieder. Ein kunterbuntes Gemisch aus Ziegen, Schafen, Eseln, Hühnern und Menschen, lautes Gehupe, Musikfetzen aus billigen Lautsprechern, Peitschenknallen und Vogelgezwitscher. Immer wieder das heisere Iaah der Esel. Es ist in dieser Höhe nicht so heiß und wir beschließen, dem treuen Auto, das uns vorgestern das Leben gerettet hat, eine Wäsche zu spendieren. Zwischen 80 Birr (ca. 15 Euro) und 25 Birr, einem akzeptablen Preis, liegt die Spanne, unglaublich viel Geld für ein Land, in dem eine Mahlzeit mit Getränk nur 3 Euro kostet. Wir nutzen die Zeit, um ein paar Filmaufnahmen vom Treiben um uns herum zu ergattern.

Weiter geht die Reise, noch ein Schaf- und Eselmarkt, dann endlich nach vielem Fragen die Ausfahrstraße Richtung Addis Abeba. Die Einheimischen sagen Adissaba. Mir fällt die Beziehung zu Saba im Jemen auf und natürlich auch zur Königin von Saba. Auch die Kaiser, wie Haile Selassie, bezogen ihre Herkunft aus Salomon. Aber das ist Geschichte und ich muss jetzt mit Daniel aufpassen, dass wir richtig fahren. Die Landschaft wird rasch üppig. Getreidefelder wechseln sich mit Bächen und kleinen Wäldchen ab. Eukalyptusbäume stehen am Straßenrand, es ist hügelig wie in der Toskana und hat auch Ähnlichkeit mit der türkischen Mittelmeerlandschaft. Uns kommen Frauen und Männer in kleinen Gruppen entgegen, Hirten mit langen Stäben und mancher trägt einen aufgespannten Sonnenschirm. In Serpentinen windet sich die Straße und gibt den Blick auf immer neue Panoramen frei. Dort rechts dreschen ein paar Frauen mit primitiven Dreschflegeln. Da ein kleiner, halb ausgetrockneter Fluss, in dem sich ein paar Kühe am Wasser laben.

Ein Zuckerhut (wie in Rio) taucht auf, da noch einer. Vom Lake Tana ist noch weit und breit nichts zu sehen. Endlich nach ca. 4 Stunden und einer Passfahrt über 2000 m ohne Kühlerprobleme taucht im Dunst der Ferne ein silbern schimmernder Streifen auf. Der Tana See, 120 km lang und 100 km breit. Bald haben wir die Palmenalleen von Bahar Dar und das Seeufer erreicht. Das Ghion Hotel liegt direkt am Seeufer. Der einladende Blumen und Palmen bewachsene Garten macht uns die Entscheidung leicht. Hier bleiben wir. Wir entladen alle Kisten und Koffer, die ganze Film und Fotoausrüstung und die Seesäcke. Eine gründliche Reinigung ist angesagt. Daniel fährt in die Stadt zum Einkaufen. Ich richte die Schmutzwäsche für den Laundryservice und putze verstaubte Kameras. Während Daniel seinen verspannten Rücken massieren lässt, wandere ich an der Seepromenade entlang und filme Kormorane und Pelikane. In unmittelbarer Nähe unseres Zimmers wird eine Militärreunion organisiert. Lautes Lachen, Klatschen, Auszeichnung von Soldaten, dann westliche Beatmusik. Es ist schon 20.30 Uhr, ich schreibe diesen Bericht und sichte die Tagesfilmszenen. Wunderschönes, aufregendes Äthiopien, wir werden wiederkommen.In Ausgabe 01/07 des Journal Frankfurt berichteten wir über die 26-jährige Damaris Haensel. Damals war die angehende Haupt- und Realschullehrerin noch mitten in den Vorbereitungen für ihre ungewöhnliche Reise, die sie im Geländewagen bis nach Tansania führt. Der Weg nach Dar es Salaam, Tansania, ist lang. Seit mehr als 30 Tagen ist die Gruppe des Trail for Africa unterwegs. Sie besteht zum einen aus Offroad-Fahrern, die für die Expeditionsfahrt bezahlt haben und zum anderen aus Vertretern von Streetkids International (Damaris Haensel, dem Geschäftsführer der "Streetkids" Daniel Preuß und dem Kameramann Peter Becker), die sich auf den Weg zu den Waisenkindern gemacht haben. Früher als eigentlich geplant, hat sich die Gruppe nun getrennt: Daniel Preuß und Peter Becker fahren in einem Geländewagen zu den Kindern nach Dar es Salaam, um bei ihrer Ankunft wie geplant das Multipurpose Education Center (MEC) zu eröffnen und Damaris Haensel hat sich entschieden, die Expeditionsfahrt in der großen Gruppe mit mehreren Geländewagen fortzuführen.
 
13. Februar 2007, 15.31 Uhr
Peter
 
 
Fotogalerie:
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