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Foto: Harald Schröder
Foto: Harald Schröder

Kolumne von Ana Marija Milkovic

Städtische Bühnen: Wann beginnt endlich die Revolution?

Unsere Kolumnistin hat die Stellungnahme des früheren Baustadtrats Haverkampfs zu der Sanierung der Städtischen Bühnen gelesen. Zugunsten eines Hochhausstandorts werden die Bühnen geopfert, meint sie.
Ich lebe und arbeite seit zwei Jahren in der Schweiz. An den Wochenenden pendle ich ab und an nach Frankfurt. In der Schweiz ist der Berufsstand des Architekten nicht geschützt. Jeder, der mag, kann sich dort Architekt nennen. In Deutschland ist das klar geregelt. Wer sich Architekt nennen darf, entscheidet die zuständige Kammer der jeweiligen Bundesländer.

Mag der Berufsstand der Architekten in Deutschland geschützt sein, in der Schweiz verdienen angestellte Architekten mehr. Was stimmt also nicht, wenn ein Land ohne geschützten Berufsstand deutlich mehr zahlen kann? Was unter kommunalen Auftraggebern und Architekten hierzulande nicht stimmt, steht in der Stellungnahme von Hans-Erhard Haverkampf zum Gutachten 'Bestandsaufnahme und Bewertung mit Machbarkeitsstudie der Städtischen Bühnen Frankfurt'. Sechs Millionen hat das Gutachten die Stadt gekostet und nimmt ein Ergebnis vorweg, worauf jeder Investor auch ohne Gutachten kommen kann: Die Städtischen Bühnen lassen sich gewinnbringend für ein weiteres Hochhaus in der Innenstadt vernichten!

900 Millionen Euro brutto soll die Sanierung nun laut Gutachten kosten. Für dieses Ergebnis hat die Stadt Millionen ausgegeben. Die Stellungnahme Haverkampfs geht auf ein Gutachten ein, das formal dilettantisch und fehlerhaft ist. Ein Beispiel: Farbliche Hinterlegungen differenzieren die Brandschutzklassen der Wände. Beim Hinterlegen der Flächen scheinen weder Architekten noch Fachstellen Widersprüchlichkeiten aufgefallen zu sein. So wird der Brandschutz von Raum zu Raum betrachtet, jedoch nicht in dieser Konsequenz von Geschoss zu Geschoss. Würde das Gebäude nach diesen Plänen umgebaut, würde ein ähnliches Problem wie beim Berliner Pannen-Flughafen entstehen. Das Bauvorhaben würde nicht abgenommen werden können, weil Pläne und Bestand auseinanderliefen. Die Städtischen Bühnen würden stillgelegt.

Hans-Erhard Haverkampf stellt in seiner Stellungnahme detailliert dar, dass die Funktionsfähigkeit der Städtischen Bühnen Frankfurt mit erheblich geringerem finanziellen Aufwand sicherzustellen ist als das Gutachten uns glauben macht. Der Mann war in verschiedenen Ämtern in Frankfurt über Jahrzehnte tätig. In seiner Ägide entstanden wichtige Museumsbauten, aber auch die Sanierung der Städtischen Bühnen nach dem großen Brand. Haverkampf war Dezernent für Stadtplanung, fürs Bauen und Interimsintendant der Alten Oper. Mit seinem fachlichen Wissen war er eine Koryphäe unter den Dezernenten. Nach Ernst May wäre nur noch er aus Frankfurt ernsthaft zu benennen.

Unser politisches System sieht vor, dass Dezernate politisch besetzt werden und ihnen Fachstellen zur Ausführung unterstellt sind. In dem hier vorliegendem Fall hat das Frankfurter Hochbauamt stellvertretend für das Kulturamt das Gutachten beauftragt, gesteuert, abgenommen und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Haverkampf konnte aber auf mehrfache Nachfrage keine Aussage darüber erhalten, wer für das Gutachten im Hochbauamt zuständig war. Und unsere Politiker? Die gehen in Deckung. Das, sagte Haverkampf mir vor ein paar Tagen, hätte es zu seiner Zeit nicht gegeben.

Was ist nun die Quintessenz dieses Gutachtens? Wird die Stadt Frankfurt Investoren durch ein Gutachten die Rendite wohlfeil am Willy-Brandt-Platz sichern können? Reichen 50 Prozent Netto vom Brutto deutscher Einkommen längst nicht mehr aus, um belastbare und nachhaltige politische Antworten für die Gesellschaft in einer Großstadt zu finden?

Und die Architekten? Viele von ihnen kritisieren hinter vorgehaltener Hand, stehen aber beim Frankfurter Hochbauamt Schlange für den nächsten Auftrag. Das zeigt, dass eine Honorarordnung die Haltung eines Berufsstandes nie ersetzen kann. Ich gehe davon aus, wenn die Deutschen noch mehr Steuern zahlen müssen - und etwa nur noch 40 Prozent Netto vom Brutto herauskommt -, wird die Revolution der Bürger gegen die politische Klasse beginnen. Den Tag sehne ich herbei.
 
27. Juli 2017, 11.17 Uhr
Ana Marija Milkovic
 
 
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