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"Die Gewerkschafter sind stinksauer auf Ypsilanti"

[credit Harald Schröder]Ulrich Wilken
Journal Frankfurt: Die rot-grüne Minderheitsregierung ist vorerst gescheitert, die SPD plant aber dennoch Gesetzesanträge einzubringen. Werden Sie die mittragen?

Ulrich Wilken: Das werden wir. Solche Anträge wollen wir auch gemeinsam mit den Sozialdemokraten und den Grünen entwickeln und diskutieren. Wir werden uns dabei rein an Sachfragen orientieren.

In denen sind Sie sich was Ihr Wahlprogramm angeht ja auch recht einig - etwa bei der Abschaffung der Studiengebühren. Doch es dürfte auch schwierigere Fälle geben. Was dann?


Nun, auch bei den Studiengebühren gibt es ja zwei Schritte. Ihre Abschaffung ist der eine, dann folgt aber die Frage, inwieweit die Universitäten einen Ausgleich für die fehlenden Mittel erhalten werden. In den entsprechenden Haushaltsanträgen muss es unserer Auffassung nach zu einer konkreten Verbesserung der Bildung an den Hochschulen kommen.

Das heißt aber auch an anderen Stellen zu sparen. Picken Sie sich die Rosinen raus und blockieren dann unpopuläre Entscheidungen?

Nein. Ich wiederhole es gerne wieder: es ist unser Interesse, Sachentscheidungen zu treffen. Wir werden auch eigene Anträge einbringen, von denen wir durchaus ausgehen, dass sie mehrheitsfähig sind.

Von der SPD dürfen Sie da aber nicht zu viel erwarten. Die ist sich ja derzeit nicht mal sicher, ob Sie die Politik ihrer Spitzenkandidatin mittragen will.

An dieser Entwicklung hat sich eins sehr deutlich gezeigt: dass auch in der hessischen SPD eigentlich zwei Parteien um die politische Führung konkurrieren. Aus der Wahl ist jedoch ein klarer Wählerauftrag abzulesen - und demnach müssten sich etliche sozialdemokratische Abgeordnete fragen lassen, ob sie in der richtigen Partei sind. Ich habe Kontakt zu einigen Gewerkschaftern und Betriebsräten, die nun stinksauer sind, weil Ypsilanti ihnen Hoffnung gemacht hat, ein bestimmtes Programm umzusetzen. Nach der derzeitigen Konstellation sollte die SPD endlich ihre Berührungsängste überwinden.

Rot-rot-grün hat so oder so eine knappe Mehrheit von nur zwei Stimmen - da reichen ja schon wenige Abweichler in der SPD …

… und von denen gibt es weitaus mehr als nur Dagmar Metzger, das kann ich Ihnen sagen. Aber es gibt ja in bestimmten Punkten auch Übereinstimmungen mit anderen Parteien. Nehmen Sie die Onlinedurchsuchung unserer Computer, die der Walter-Flügel der SPD klar befürwortet: wenn es darum geht, Freiheitsrechte zu verteidigen, gibt es auch einige Berührungspunkte zwischen Linke und FDP.

Ist eine Koalition mit SPD und Grüne wirklich in so weite Ferne gerückt, dass sie über einen Mehrheitsbeschaffer FDP nachdenken?

Es ging auch in den letzten Wochen nie um eine Koalition mit SPD und Grünen, sondern um die Duldung einer Minderheitsregierung. Für eine solche linke Koalition muss noch sehr viel Wasser den Main runterfließen. Gleichwohl haben wir ähnliche Politikziele; und wir Die Linken sind gewiss nicht des Teufels.

Des Teufels vielleicht nicht, aber da gibt es dann doch den Judas Lafontaine, der der SPD den Rücken kehrte. So was verletzt.

Oskar Lafontaine hat persönliche Befindlichkeiten nie zum Maßstab seiner Politik gemacht. Zudem gibt es eine teilweise jahrelange gute Zusammenarbeit etwa mit Kreisverbänden der SPD-Hessen-Süd, z.B,. wenn es um den Ostermarsch geht. Wir kennen uns gut und schätzen uns auch. Die Bundespartei hat mit der Situation im Land nicht so viel zu tun, wie gemeinhin angenommen wird.

Dann gibt es da aber auch die junge Abgeordnete Janine Wissler in ihren Reihen, die als Trotzkistin vielen Genossen ein Dorn im Auge seien dürfte.

Auf Janine Wissler kann man sich hundertprozentig verlassen. Und dass sie ein Studium der Klassiker angeht und in die Parteiarbeit mit einbringt, was sie in den blauen Bänden gelesen hat, so ist das durchaus eine Bereicherung.

Aber kommunistisch.

Ich bezweifle, dass die Lektüre von Marx und Engels etwas zur Lösung akuter Probleme der hessischen Politik beitragen kann. Aber ich sage auch ganz klar: wir sind eine Partei, die aus der Tradition von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg kommt - der Arbeiterbewegung. Da unterscheiden wir uns nicht von der SPD. Nur dass die SPD heute versucht sich in der Mitte zu profilieren.

Wovon die Linkspartei profitiert?

Es kann durchaus sein, dass wir uns mittelfristig wieder annähern. Doch derzeit geben SPD wie CDU keine Antwort auf die soziale Frage.

Man könnte auch argumentieren: die Linke ist eine typische Protestpartei.

Dass das nicht stimmt, sieht man daran, wo unsere Wähler herkommen. Wir haben Wähler von den Grünen, der SPD, aber auch - und das waren nicht wenige - von der CDU bekommen. Doch es ist uns nicht ausreichend gelungen, langjährige Nichtwähler zu mobilisieren. Ehrlich gesagt hat mich die recht niedrige Wahlbeteiligung nach diesem derart zugespitzten und medial breit aufgestellten Wahlkampf entsetzt.

Das dürfte bei Neuwahlen nicht besser werden.

Neuwahlen würden mir ganz und gar nicht passen. Ich war zwar damals gegen die Verlängerung der Legislaturperiode von vier auf fünf Jahre - aber so verkürzt sollte sie dann auch nicht sein. Wir haben den Auftrag, dieses Land voranzubringen. Und den sollten wir auch nutzen.

Zum Schluss nochmal zurück auf die SPD-Abweichlerin Dagmar Metzger. Haben Sie Verständnis für ihre Entscheidung, nicht mit der Linken zusammenarbeiten zu wollen?

Ich kann sie gut verstehen. Es geht schließlich um eine politische Richtungsentscheidung innerhalb der SPD. Die möchte sie und manch anderer in ihrer Partei nicht mittragen. Nur Frau Metzgers Begründung kann ich nicht nachvollziehen. Es ist eben keine Gewissensentscheidung mit uns zusammenzuarbeiten oder nicht. Schließlich hat keiner von uns, um es mal salopp zu sagen, in Berlin an der Mauer gestanden. Was hingegen interessant ist: dass uns die anderen Landtagsfraktionen vorwerfen, unprofessionell zu sein. Ein Drittel der Abgeordneten wurde neu ins Parlament gewählt, und man muss den Eindruck gewinnen, dass die Unprofessionellen nicht bei uns sitzen. Die Sozialdemokraten müssen sich in den kommenden Wochen erstmal sortieren, und klarmachen, für wen sie eigentlich Politik machen wollen.

Ulrich Wilken ist Landesvorsitzender der Partei Die Linke in Hessen.
 
17. März 2008, 13.00 Uhr
Nils Bremer
 
 
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