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Des Oberbürgermeisters Thesen

Die Kunst der Kulturpolitik

Peter Feldmann (SPD) erklärt die Diskussion über Kulturförderung für eröffnet - bei einem Gespräch mit Parteifreund Hilmar Hoffmann, Mousonturm-Intendant Matthias Pees und Kulturpolitiker Oliver Scheytt.
"Es gibt keinen Grund mich zu rechtfertigen", sagt Peter Feldmann. Und dann tut er es doch. Spricht darüber, dass er sehr wohl die Oper und das Schauspiel besuche, die Museen und die kleineren Bühnen. Dass er dies auch schon vor Beginn seiner Amtszeit getan habe. Dass ihn die Kultur Frankfurts geprägt habe. Ein Premierengänger, das aber sei er nicht.

Die Rechtfertigung lässt sich verstehen. Wenn es zwei Dinge gab, die seinen Gegnern einfielen, um ihn im ersten Amtsjahr zu kritisieren, dann waren es seine verpassten offiziellen Termine - und die Tatsache, dass die Kulturpolitik in seinen Reden so gut wie keine Rolle spielte. Schon im Wahlkampf ging es um Wohnungsbau, um Internationalität, um Förderung von Kindern und alten Menschen. Von seiner Konkurrenz im Wahlkampf - sei es nun Boris Rhein (CDU) oder Rosemarie Heilig (Grüne) - war übrigens ebensowenig zur Kultur zu hören. Vielleicht zeigt das schon das ganze Problem.

Umso schöner dieser Anlass. An einem späten Mittwochnachmittag kommt der Oberbürgermeister in den Mousonturm. Matthias Pees heißt ihn willkommen, der neue Intendant hat seinen Posten erst seit Anfang August inne. Hilmar Hoffmann ist da, lange Jahre Frankfurter Kulturdezernent, SPD-Mitglied - und einer der schärfsten Kritiker Feldmanns, was die Kulturfrage angeht. Seine Biographie über Feldmanns Amtsvorgängerin Petra Roth (CDU) ist so gut wie fertig, "17 starke Jahre für die Kultur" ist es untertitelt. Es soll auch eine Lektüre für den derzeitigen Oberbürgermeister sein, er soll sehen, wie es richtig geht.
Außerdem in der Runde: Oliver Scheytt, in Peer Steinbrücks Kompetenzteam für die Kultur zuständig. Er ist mit Feldmanns Kulturbegriff völlig einverstanden, den der in fünf Thesen mit in den Mousonturm gebracht hat. Sie lassen sich auf ein Wort herunterbrechen: Teilhabe.

Dass hieße nun nicht, dass er mit Städel-Direktor Max Hollein die Alten Meister von der Wand reißen wolle, um sie im Ben-Gurion-Ring an eine Fassade zu pinnen, sagt Feldmann in Anspielung auf entsprechende Medienberichte im vergangenen Jahr. Der FAZ-Kollege meint, das wäre doch eine grandiose Performance. Aber soweit wird es nicht kommen. Es geht eher um Kulturpolitik im sozialdemokratischen Sinne.

Die Bürgerhäuser wieder stärken. Kultur im Kleinen fördern. Die Großen nicht noch größer werden lassen. Dabei, natürlich, keine Kürzungen im Kulturetat, sondern geschickte Umverteilung. Kultur als Bildungsaufgabe, mehr Programme für Kinder und Jugendliche also. Ach, und das Romantikmuseum soll bitteschön auch gebaut werden, warum denn nicht. Hilmar Hoffmann setzt gleich noch einen drauf und fordert den Neubau des Völkerkundemuseums, ein Industriemuseum und sowieso das Ende der Bauarbeiten am Museumsufer erst so im Jahre 2050. Wer die ganzen Bauten dann besuchen soll? Na, die Jugend von heute. Die müsse natürlich, ganz im Sinne Schillers, auch intellektuell an die Kultur herangeführt werden. Kultur für alle, dieser Schlagsatz von Hilmar Hoffmann, geprägt durch ein Buch von 1979, gilt noch immer als hehres Ziel - nicht nur der Sozial-, sondern auch der Christdemokratie, die es unter Walter Wallmann schon, aber auch wieder unter Petra Roth zum Mantra gemacht hat. Jetzt soll das Elitendasein, das einige Einrichtungen dieser Stadt durch die beständige öffentliche Förderung erreichten, wieder etwas mehr für die breite Bevölkerung geöffnet werden.

Matthias Pees bringt zum Schluss noch einen interessanten Gedanken mit ein. Die sogenannte freie Szene, die abseits hochalimentierter Häuser arbeite, reflektiere das Leben der Menschen weitaus stärker, als die nächste, mit Blick auf die Moderne gedeichselte Goethe-Interpretation. Sie käme mitten aus dem Leben, sei aus der Introspektive längst erwachsen, sie käme aus dem Kollektiv und richte sich an Kollektive. Zugleich, so ließe sich schlussfolgern, gehört die freie Kunstszene zu den am schwächsten geförderten Bereichen der Kultur. Weiterhin ließe sich schlussfolgern: Geht es dann auch nicht insgesamt mit weniger Mitteln? Das Romantikmuseum, bei dem nach dem Ausstieg der Stadt Frankfurt private Förderer bereits einen Gutteil des Vier-Millionen-Euro-Betrags zusammenhaben, tauge nicht als leuchtendes Beispiel dafür, dass Kulturpolitik künftig privat organisiert werden könne. Bei einigen Grünen-Politikern, die aus dem Agentur-Business kämen, sei diese amerikanische Sichtweise wohl gerade en vogue, heißt es am Tisch. Die blauen Briefe, die das Kulturdezernat durch die Stadt versendet habe, um auf die kommenden Einsparungen hinzuweisen, seien ein Schlag ins Kontor. Sie zerstörten Vertrauen. Auf eine gesicherte Alimentierung bestehender Institutionen bis in alle Ewigkeit will sich aber auch der sozialdemokratisch durchdrungene Gesprächskreis nicht durchringen, der Vorschlag Hilmar Hoffmanns, den Anteil der Kulturausgaben am Gesamtetat auf mindestens 10 Prozent festzuschreiben, verhallt. Die Diskussion aber, wie und wo die Stadt Frankfurt ihre Kultur künftig fördern soll, die ist eröffnet. Das ist im Übrigen auch die richtige Diskussion - und nicht, warum der Oberbürgermeister jetzt schon wieder nicht auf der Opernpremiere war.

PS: Am Freitagvormittag besucht der SPD-Mann das Festival Sommerwerft. Die Veranstalter schreiben: "Eine Anerkennung, die dem Sommerwerft-Team in den zwölf Jahren noch nicht widerfahren ist."
 
15. August 2013, 10.55 Uhr
Nils Bremer
 
 
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